Thorsten Frei und Stephan Weil begrüßen sich.

Treffen zu Migrationspolitik Annäherung in Berlin?

Stand: 03.09.2024 17:25 Uhr

In Berlin sind Vertreter von Ampel, Union und Bundesländern zu ihrem Migrationstreffen zusammengekommen. Zum Auftakt bekräftigten sie den Willen zur Zusammenarbeit - doch die Standpunkte liegen weit auseinander.

Im Berliner Bundesinnenministerium sind Vertreter der Ampel-Koalition, der Union und der Bundesländer zu einem Treffen zusammengekommen, um über die Migrationspolitik zu beraten. Grundlage aus Sicht der Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP ist das in der vergangenen Woche vorgestellte "Sicherheitspaket" als Konsequenz aus dem islamistisch motivierten Messeranschlag von Solingen.

Mehrere Teilnehmer des Migrationstreffens unterstrichen vor dem Treffen ihren Willen zur Zusammenarbeit. "Ich hoffe auf eine Verständigung: Erstens, worüber wir reden und zweitens, wie es weitergehen soll. Das wäre das Ziel für heute", sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) auf seinem Weg ins Bundesinnenministerium.

Er warnte aber auch vor zu großen Erwartungen an das Gespräch. "Dass wir es heute gleichzeitig schaffen, in allen Fragen ein gemeinsames Ergebnis zu erzielen, das ist - glaube ich - aber auch nicht realistisch." Dafür gehe es um zu viele Themen und die Standpunkte seien "jedenfalls auf den ersten Blick" auch zu weit auseinander.

Zu Forderungen aus der Union nach der Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze sagte Weil, dies sei "eines der Themen, wo man sich schlichtweg fragen muss, was geht und was geht nicht". Seines Wissens nach seien dem im europäischem Recht "sehr, sehr enge Grenzen gesetzt".

Forderung nach "grundsätzlicher Wende"

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), sagte: "Wir möchten gerne ausloten mit der Regierung, ob es die Chance, das Potenzial gibt, gemeinsam etwas fürs Land zu erreichen und dem dienen diese Gespräche. Und wir gehen natürlich in der Hoffnung in diese Gespräche, dass am Ende auch etwas Gutes dabei rauskommt."

Wie andere Vertreter von CDU und CSU forderte aber auch er deutlich weitreichendere Schritte als im "Sicherheitspaket" vorgesehen. "Da fehlt noch eine ganze Menge", sagte Frei. "Wir haben in den letzten Wochen und Monaten gesehen, dass das Asyl- und Migrationssystem zunehmend dysfunktional geworden ist". Es brauche eine "grundsätzliche Wende in der Asyl- und Migrationspolitik." Mit Verbesserungen bei Abschiebungen sei es nicht getan, vielmehr müsse der Zustrom nach Deutschland begrenzt werden. 

"Überforderung von Staat und Gesellschaft

Auch Unionsfraktionsvize Andrea Lindholz (CSU) forderte eine "größere Bereitschaft zur Veränderung". Die Kommunen seien an ihren Belastungsgrenzen, die Bürgerinnen und Bürger wollten eine "Verringerung der irregulären Migration". Nur mit "der ein oder anderen kosmetischen Maßnahme kommt man hier nicht weiter".

Zugleich mahnte sie ernsthafte Bemühungen an. "Man darf nicht hinterher den Geschmack haben, dass das nur wegen der Wahlen erfolgt ist", sagte sie unter Anspielung auf die Wahlen in Thüringen und Sachsen, bei denen die Ampel-Parteien schlecht abgeschnitten hatten - die migrationskritische AfD hingegen ausgesprochen gut.

Der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) verlangte: "Wir müssen alles dafür tun, dass weniger Menschen zu uns kommen, denn so wie es im Moment ist, ist es eine Überforderung von Staat und Gesellschaft. So wie es im Moment ist, ist es auch ein Sicherheitsrisiko für unser Land und das dürfen wir nicht länger zulassen." Auch über eine Neubewertung der Lage in Syrien und Afghanistan sei zu sprechen.

Landkreistag fordert härtere Maßnahmen

Die Regierung hatte das "Sicherheitspaket" nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten Messerangriff von Solingen vorgestellt. Es sieht Maßnahmen in drei Bereichen vor: eine härtere Gangart bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber in ihre Herkunftsländer, Schritte zur entschiedeneren Bekämpfung des islamistischen Terrors und Verschärfungen beim Waffenrecht. 

Vor dem Treffen hatte auch der deutsche Landkreistag einem Bericht zufolge deutlich härtere Maßnahmen gefordert als bisher geplant. Es fehle bislang ein "Gesamtkonzept für eine grundsätzlich andere Migrationspolitik", heißt es nach Angaben des Spiegel in einem Positionspapier des kommunalen Spitzenverbands.

Kein Staat sei gezwungen, "Flüchtlinge in einem Umfang aufzunehmen, der mit akuten Gefahren für das Funktionieren seiner Institutionen verbunden ist", heißt es darin weiter. Indizien für eine Überlastung könnten eine überforderte Verwaltung sowie fehlende Kapazitäten für Unterbringung oder Integration sein. Hier seien die Grenzen "in vielerlei Hinsicht erreicht oder schon überschritten". Deutschland müsse sich auch einen nationalen Aufnahmestopp vorbehalten - als "Ultima Ratio".

Merz pocht auf Zurückweisung an Grenzen

CDU-Chef Friedrich Merz hatte am Vortag noch einmal Forderungen nach einer deutlichen Verringerung der Migration nach Deutschland bekräftigt. Nicht das Waffenrecht und Abschiebungen seien das eigentliche Problem, sagte der Unionsfraktionschef. "Das eigentliche Problem ist der nach wie vor ungesteuerte Zuwanderungsdruck." Er pochte auf Zurückweisungen an den deutschen Staatsgrenzen.

Die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, warnte vor dem Treffen von Bund und Ländern jedoch auch vor einem "einseitigen Fokus auf Verschärfungen in der Migrationspolitik". Das "Sicherheitspaket" solle den Schutz vor Terror, Gewalt und Kriminalität stärken, sagte die SPD-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Wichtig ist, dass dies ohne Generalverdacht und Pauschalierungen erfolgt."

An dem Treffen nehmen für die Bundesregierung unter anderem Innenministerin Nancy Faeser (SPD), Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) teil. Für die Länder vertritt Hessen die Unionsseite und Niedersachsen die SPD-Seite. Für die Unionsfraktion kommt unter anderem der Erste Parlamentarische Geschäftsführer, Thorsten Frei (CDU). Auch Abgeordnete der Ampel-Fraktionen sind vertreten.

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