Menschenleere Fußgängerzone in Freiburg am Abend
Hintergrund

Ausgangssperren in Deutschland Rechtliches Neuland

Stand: 20.03.2020 10:04 Uhr

Die Ausgangssperre steht als Maßnahme in keinem deutschen Gesetzestext. Warum ist es trotzdem möglich, sie zu verhängen? Eine Zusammenfassung der rechtlichen Grundlagen.

Von Janina Lückoff, ARD Berlin

Deutschland diskutiert über die Einführung von Ausgangssperren. Der Begriff "Ausgangssperre" kommt im Grundgesetz aber gar nicht vor. Auch im Infektionsschutzgesetz wird er nicht erwähnt. Doch dort, in Paragraph 28, ist die Grundlage gelegt für die Verhängung einer Ausgangsperre. Unter anderem heißt es da:

Die zuständige Behörde kann Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder bestimmte Orte nicht zu betreten, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt worden sind. Die Grundrechte der Freiheit der Person, der Versammlungsfreiheit und der Unverletzlichkeit der Wohnung werden insoweit eingeschränkt.

Staatsrechtler räumen ein, dass Ausgangssperren in Deutschland rechtliches Neuland sind. Da aber das Robert Koch-Institut die Corona-Gefährdung in Deutschland als "hoch" einschätzt, lasse sich eine Ausgangssperre auf Grundlage des genannten Paragraphen 28 des Infektionsschutzgesetzes begründen, sagt der Staatsrechtler Stephan Rixen von der Universität Bayreuth.

Erste Ausgangssperren in Bayern

Als erste Stadt in Deutschland war Mitterteich in Bayern von einer Ausgangssperre betroffen. Dort wurde sie unter anderem mit Lautsprecherdurchsagen und Handzetteln bekannt gemacht. Laut der Anordnung des zuständigen Landratsamts ist das Verlassen der häuslichen Unterkunft ohne triftigen Grund untersagt.

Ausnahmefälle gibt es: Dazu gehören der Gang in den Supermarkt, in die Apotheke oder zur Post, zu Sanitätshäusern oder zu Optikern und zum Geldabheben. Auch der Arztbesuch ist gestattet, Tanken ist ebenfalls erlaubt. Hilfeleistungen für Bedürftige, notwendiger Lieferverkehr sowie die unabdingbare Versorgung von Haustieren - sprich: Gassigehen - bleiben ebenfalls gestattet. Auch der Weg zur Arbeit und von dort nach Hause sind erlaubt, dafür bedarf es aber einer entsprechenden Bestätigung des Arbeitgebers.

Die Ausgangssperre wird polizeilich überwacht und es drohen Strafen für jene, die sich nicht an die behördlichen Vorgaben halten. Laut §75 des Infektionsschutzgesetzes kann eine Zuwiderhandlung mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden. Dass diese Strafandrohungen auch bei langfristigen Ausgangssperren greifen würden, das bezweifelt der Staatsrechtler Rixen: Das Gesetz sei da nicht eindeutig genug.

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