Verteidigungsausgaben Habeck will viel mehr Geld für die Bundeswehr
Grünen-Kanzlerkandidat Habeck hält höhere Verteidigungsausgaben für nötig - und nennt eine Marke deutlich über dem NATO-Ziel. Auch zur Frage der Finanzierung äußerte er sich. Kritik kam vom SPD-Fraktionschef.
Nach Ansicht von Wirtschaftsminister Robert Habeck müssen die deutschen Verteidigungsausgaben deutlich gesteigert werden. "Nach Berechnungen von Experten sind in den nächsten Jahren etwa dreieinhalb Prozent unserer Wirtschaftsleistung für Verteidigung nötig. Das teile ich", sagte der Grünen-Kanzlerkandidat dem Magazin Spiegel. "Wir müssen fast doppelt so viel für unsere Verteidigung ausgeben, damit Putin nicht wagt, uns anzugreifen. Wir müssen den Frieden sichern und weiteren Krieg verhindern."
Das aktuelle NATO-Ziel sieht vor, dass die Bündnisstaaten mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in Verteidigung investieren. Deutschland erfüllt dies derzeit mit dem 100 Milliarden Euro schweren und über Schulden finanzierten Sondertopf für die Bundeswehr. Nach den jüngsten öffentlichen NATO-Zahlen hat die Bundesregierung dem Bündnis zuletzt Verteidigungsausgaben von rund 90,6 Milliarden Euro gemeldet. Schätzungen zufolge könnte das einem BIP-Anteil von etwa 2,1 Prozent entsprechen.
Das Geld aus dem Sondervermögen dürfte jedoch bis Ende 2027 ausgegeben sein. Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hält eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben über das Zwei-Prozent-Ziel hinaus für nötig. Eine Marke von drei Prozent dürften im vergangenen Jahr neben den USA lediglich vier der 32 NATO-Staaten erreicht haben.
Frage der Finanzierung
Auf die Frage, wie die zusätzlichen Ausgaben finanziert werden sollten, sagte Habeck: "Sicher nicht aus dem laufenden Haushalt und durch Kürzungen beim Bürgergeld. Das kann mathematisch-logisch gar nicht funktionieren." Eine derart hohe Summe lasse sich "am Ende nur über Kredite vorfinanzieren".
Die Schuldenbremse wolle er nicht abschaffen, das sei auch nicht notwendig. "Wir müssen sie reformieren oder den Weg über Sondervermögen gehen."
Über seine eigene Haltung zur Armee sagte Habeck, er würde heute zur Bundeswehr gehen. Im Kalten Krieg habe er noch den Kriegsdienst verweigert, doch die Lage sei nun eine andere. "Ich hätte heute kein moralisches Argument mehr zu verweigern. Ein Aggressor wie Putin nutzt Schwäche eiskalt aus."
Mützenich: "Holzschnittartiger Überbietungswettbewerb"
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich reagierte kritisch auf Habecks geforderte Marke von 3,5 Prozent. "Ich wundere mich immer wieder, wie man glauben kann, eine eher willkürlich gegriffene Zahl würde Deutschland automatisch mehr Sicherheit verschaffen", sagte er dem Spiegel. "Es ist unabweislich, dass wir angesichts der gegenwärtigen Bedrohung mehr für Verteidigung ausgeben müssen."
Mützenich sagte, er bedauere, "dass sich nun aber auch Robert Habeck an diesem holzschnittartigen Überbietungswettbewerb um einen Prozentsatz für die Verteidigungsausgaben beteiligt". Angesichts der derzeitigen finanzpolitischen Diskussionen habe Habeck die Finanzierungsfrage zudem zu leichtfertig beantwortet.