Bundesratspräsident Bodo Ramelow geht in die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau

Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma "Ausgrenzung, die zu Gewalt führt"

Stand: 02.08.2022 13:56 Uhr

4300 Sinti und Roma wurden am 2. August 1944 in Auschwitz von der SS ermordet - in einer einzigen Nacht. Beim heutigen Gedenktag erinnerte Bundesratspräsident Ramelow an das Verbrechen und mahnte vor erneuter Vertreibung.

Lange wurde der Holocaust an Sinti und Roma in der Erinnerungskultur vernachlässigt. 2015 erklärte das EU-Parlament den 2. August schließlich zum jährlichen "Europäischen Holocaust-Gedenktag für die Roma". Heute haben Sinti und Roma aus ganz Europa im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau an die Ermordung von Angehörigen in der NS-Zeit erinnert. Man geht davon aus, dass es bis zu 500.000 Getötete waren - mindestens ein Viertel der damaligen Roma-Bevölkerung in Europa.

Zu der internationalen Gedenkveranstaltung reiste auch Bundesratspräsident Bodo Ramelow nach Polen. "Wir sind heute hier, um dem Grauen ins Gesicht zu schauen und es dadurch sichtbar zu machen", sagte der Linken-Politiker. "Genau wie Juden und andere Minderheiten wurden Sinti und Roma bis in den Tod verfolgt, weil eine rassistische Ideologie ihnen das Recht zu leben absprach". Ramelow war der erste deutsche Bundesratspräsident, der in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau eine Rede hielt.

"Sinti und Roma leben sei über 1000 Jahren unter uns"

Im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau waren am 2. August 1944 etwa 4300 Sinti und Roma von der SS ermordet worden. "Kinder, Frauen und Männer - umgebracht in einer einzigen Nacht", sagte Ramelow.

Der thüringische Ministerpräsident verwies darauf, dass die Wurzeln des Rassismus tief reichten. "Er beginnt, wo Menschen unfähig sind, mit denen zusammenzuleben, die als anders empfunden werden", sagte Ramelow und fügte hinzu: "Rassismus ist eine Form der Ausgrenzung, die stets zu Gewalt führt und im Nationalsozialismus als Staatsverbrechen organisiert wurde."

Rose: Der Diskriminierung entgegenstellen

Mit Blick auf die Behandlung von Sinti und Roma nach der NS-Zeit sprach der Bundesratspräsident von einer "zweiten Verfolgung", die aufgearbeitet werden müsse. Nötig sei mehr Forschungsinteresse an dem Thema. "Sinti und Roma leben sei über 1000 Jahren unter uns und mit uns", betonte Ramelow. Dennoch gebe es viel zu wenig Literatur, Film- und Fernsehbeiträge über die Geschichte, Kultur und Lebenswirklichkeit der Sinti und Roma, der Jenischen und anderer Minderheiten in Deutschland und Europa. Auch die Erinnerungskultur müsse umfassender werden, forderte Ramelow. Er sprach sich für den Erhalt und die Pflege der Grabstätten NS-verfolgter Sinti und Roma aus. Auch an Schulen und anderen Bildungseinrichtungen müsse das Interesse an der Minderheit ankommen.

Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg mahnte der Bundesratspräsident besonders hinzuschauen, "wie alle Beteiligen während des Krieges gegen die Ukraine mit den Roma und anderen Minderheiten umgehen". Der Krieg dürfe nicht als Vorwand für eine Vertreibung der Roma aus der Ukraine dienen. Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, sagte, nicht nur die europäische Politik, sondern alle Menschen müssten sich der Diskriminierung entgegenstellen.

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