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Illegaler Musiktausch Vom Download bis zur Abmahnung

Stand: 12.05.2016 03:34 Uhr

Illegaler Musiktausch übers Internet hat den Bundesgerichtshof in den vergangenenJahren schon mehrfach beschäftigt. Nun prüfen die Richter in sechs Fällen über das sogenannte Filesharing und ob Anschlussinhaber für illegale Downloads haften. tagesschau.de gibt einen Überblick.

Von Kolja Schwartz, ARD-Rechtsredaktion

Was ist das Filesharing?

Einfach gesagt: Es geht um die illegale Verbreitung von Musik oder Filmen. Nicht jede Benutzung von Filesharing-Programmen ist verboten, weil die Nutzer darüber natürlich auch Daten austauschen bzw. verbreiten können, die nicht urheberrechtlich geschützt sind, bzw. für deren Weitergabe sie die Rechte besitzen.

Oft aber stellen Nutzer von Filesharing-Programmen urheberrechtlich geschützte Werke illegal zur Verfügung, andere laden sie sich kostenlos herunter. Und meistens werden schon im Moment des Herunterladens Musik oder Filme wieder für andere zur Verfügung gestellt. Dies stellt ganz klar eine Verletzung des Urheberrechts dar. Das ist zum einen strafbar und kann zum anderen dazu führen, dass man Schadensersatz zahlen muss.

Was unternimmt die Musikindustrie dagegen?

Durch das illegale Filesharing verliert die Musikindustrie eine Menge Geld. Und letztlich leiden auch die Künstler darunter, wenn sie ihre Musik nicht mehr verkaufen, weil sie zu einem Großteil kostenlos weitergegeben wird. Die Plattenfirmen versuchen deshalb seit Jahren massiv dagegen vorzugehen. Mit einer regelrechten Abmahnwelle.

Dazu beobachten sie zunächst im Internet in den Tauschbörsen, von welcher IP-Adresse zum Beispiel Musik zur Verfügung gestellt wird. Dann ermitteln sie den Anschlussinhaber, dem diese IP-Adresse zu dem Zeitpunkt der Tauschbörsenaktivität zugeordnet war. Und letztlich bekommt der Anschlussinhaber eine Abmahnung von einer Anwaltskanzlei. Er wird aufgefordert, zu unterschreiben, das Filesharing zukünftig zu unterlassen und er kriegt eine Rechnung. Schadensersatz und die Abmahnkosten soll er zahlen.

Muss der Inhaber des Internetanschlusses immer zahlen?

Früher sahen es viele Gerichte so, dass der Inhaber eines Internetanschlusses auch dafür verantwortlich ist, was mit diesem Anschluss passiert. Zumindest dann, wenn er nicht konkret den Täter nennen konnte, musste er zahlen, auch wenn er selbst die Tat nicht begangen hatte. Das ist die sogenannte Störerhaftung. Inzwischen hat der Bundesgerichtshof dazu einige Entscheidungen gefällt. Danach gilt: Grundsätzlich besteht immer noch die Vermutung, dass der Anschlussinhaber das Filesharing betrieben hat. Aber: Diese Vermutung kann er aus dem Weg räumen. Er kann zum Beispiel sagen, dass er zum fraglichen Zeitpunkt gar nicht zuhause war und dass auch andere Personen Zugang zum Internet hatten. Zum Beispiel die Familienangehörigen oder die WG-Mitbewohner.

Haftet der Anschlussinhaber für seine Familienangehörigen?

Nein. Grundsätzlich auch das nicht. Der BGH hat ebenfalls in der Entscheidung im Januar 2014 gesagt: Volljährige Familienmitglieder sind für ihr Handeln komplett selbst verantwortlich. Nur wenn der Anschlussinhaber konkrete Anhaltspunkte hat, dass über seinen Anschluss illegal Musik verbreitet wird oder ähnliches, dann muss er das unterbinden. Macht er es nicht, ist er in der Haftung. Hat er aber keine Anhaltspunkte, so haftet er nicht, wenn sich später herausstellt, dass die erwachsenen Familienangehörigen die Urheberrechtsverletzungen begangen haben.

Haften Eltern für minderjährige Kinder?

Nein, grundsätzlich nicht. Schon 2012 hat der Bundesgerichtshof entschieden: Eltern haften auch nicht für ihre minderjährigen Kinder, wenn sie nichts davon wissen, dass sich die in Tauschbörsen aufhalten. Allerdings unter einer Voraussetzung: Eltern müssen mit ihren Kindern einmal über das Thema sprechen und sie aufklären, dass die Teilnahme an den Tauschbörsen illegal ist. Wenn sie das gemacht haben, müssen sie die Kinder nicht ständig kontrollieren. Sie dürfen darauf vertrauen, dass die Kinder sich daran halten. Und dann haften sie auch nicht für das illegale Handeln der Sprösslinge im Internet.

Hat sich der BGH auch schon zu der Höhe des Schadensersatzes geäußert?

Ja, auch damit haben sich die obersten Zivilrichter beschäftigt. Pro Musiktitel, der von einem Nutzer im Internet zur Verfügung gestellt wird, verlangt die Musikindustrie 200 Euro Schadenersatz. Dieser Betrag sei angemessen, entschied der BGH 2015. Allerdings nur, wenn es sich um eine überschaubare Zahl von Musikdateien handeln würde. Bei 15 Musiktiteln nahm der BGH das an. Steigt also die Zahl der Songs, für die Schadensersatz verlangt wird wesentlich, dann wäre die Summe von 200 Euro zu hoch, so Karlsruhe.

Jetzt geht es in einem der aktuellen Fälle wieder um die Haftung für Kinder?

Genau. Der beklagte Vater ist der Anschlussinhaber. Er hatte vor Gericht dargelegt, dass er seine damals 13 und 16 Jahre alten Kinder vor der Internetnutzung belehrt hatte und sie auch nur begrenzt ins Internet durften. Von seinem Internetanschluss wurden dann aber gut 800 Songs in einer Tauschbörse zur Verfügung gestellt. Die Frage, die sich jetzt stellt: Hätte er, nachdem er die Abmahnung der Plattenfirma bekommen hat, nachforschen müssen, welches seiner Kinder da aktiv geworden war? Und: Hätte er dann der Plattenfirma sagen müssen, welches Kind es war? Beides hatte er nicht getan. Jetzt müssen die Richter am BGH entscheiden, ob er deshalb wieder selbst als sogenannter Störer haftet.

Und worum geht es in den anderen Fällen, die verhandelt werden?

In einem weiteren Fall hatte eine Frau aus Hamburg Besuch von ihrer Nichte und dessen Lebensgefährten aus Australien. Denen hat sie ihr WLAN-Passwort gesagt, woraufhin die beiden einen Film illegal aus dem Internet herunterluden. Jetzt, so hat es die Vorinstanz entschieden, soll sie haften, weil sie ihren Besuch vorher nicht belehrt hatte. Der BGH hatte ja bereits 2014 gesagt, dass man erwachsene Familienangehörige nicht belehren muss. Die Frage jetzt: Zählt dazu nur der engste Familienkreis? Oder fällt die Nichte aus Australien darunter? Oder muss man erwachsenen Besuch vielleicht sogar grundsätzlich nicht belehren.

In den anderen vier Fällen geht es vor allem um die Höhe der Abmahnkosten. Auch die wird das Gericht also konkretisieren.

Nach der Einigung zum offenen WLAN: Müssen diese Fälle noch entschieden werden?

Ja. Die Änderung im Telemediengesetz, auf die man sich geeinigt hat, gilt natürlich erst, wenn das Gesetz in Kraft getreten ist. Und das dürfte nicht vor dem Herbst der Fall sein. Bis dahin gilt die jetzige Gesetzeslage.

Mit der Gesetzesänderung soll klargestellt werden, dass WLAN-Betreiber nicht dafür haften, wenn in ihrem Netz Urheberrechtsverletzungen begangen werden. Mit WLAN-Betreibern sind zum Beispiel Cafés oder Hotels gemeint, die ihren Gästen das Netz zur Verfügung stellen. Aber auch Privatpersonen, die ein offenes WLAN-Netz haben. Die Frage ist, ob durch die Änderung auch Privatpersonen aus der Haftung genommen werden, die kein offenes, sondern ein Passwortgeschütztes Netz haben, was zum Beispiel auch die Kinder oder WG-Mitbewohner nutzen. Ob der Gesetzgeber auch zu denen etwas ins Gesetz schreibt oder die Rechtsprechung die auch als WLAN-Betreiber ansieht, wird sich also erst zeigen.

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