Ein Facharbeiter an einem Metallwerkstück.
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Pläne der Bundesregierung Weniger Hürden für ausländische Fachkräfte

Stand: 28.11.2022 18:30 Uhr

Deutschland braucht dringend Fachkräfte - auch darum soll es am Mittwoch im Kabinett gehen. Ein Eckpunktepapier, das dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt, sieht geringere Hürden für Arbeitskräfte aus dem Ausland vor.

Von Michael Stempfle, ARD Berlin

Die Ampelkoalition hat sich auf Eckpunkte zur Fachkräfteeinwanderung geeinigt. Sie sollen am Mittwoch im Kabinett beschlossen werden. Im ersten Quartal kommenden Jahres 2023 soll dem Kabinett dann schon der Gesetzentwurf vorliegen. Beteiligt haben sich viele Ministerien - Innen, Arbeit, Auswärtiges, Wirtschaft und Bildung. Federführend sind Innenminsterin Nancy Faeser und Arbeitsminister Hubertus Heil.

Auf 23 Seiten zählt die Ampel viele Ideen auf, wie sie Fachkräften im Ausland den Standort Deutschland als Arbeitsmarkt schmackhafter machen, wie sie Studierende und Forschende als "Fachkräfte von morgen" gewinnen oder auch Angebote für den Spracherwerb im In- und Ausland verbessern will. Dem ARD-Hauptstadtstudio liegt das inzwischen abgestimmte Eckpunktepapier vor.

Hürden für Zuzug von Fachkräften senken

Zentral ist der Plan, das Einwanderungsrecht so zu verändern, dass die Hürden für Fachkräfte aus dem Ausland abgesenkt werden. Ziel: Es soll für Menschen in Drittstaaten leichter werden, einen Job in Deutschland zu finden. Die Minister unterscheiden dabei drei sogenannte Säulen.

Bei der ersten Säule geht es um die Voraussetzungen, die ausländische Fachkräfte nachweisen müssen, um hier arbeiten zu dürfen. Bislang sind für sie ein anerkannter Abschluss und ein Arbeitsvertrag nötig sowie Beschäftigungsbedingungen, die gleichwertig zu Inländern sind. Die anerkannten Fachkräfte sollen künftig vereinfacht ausgedrückt stärker unterstützt werden.

Dafür listen die Ministerinnen und Minister der Ampelkoalition einige Ideen auf. Im Entwurf heißt es zum Beispiel: Für Fachkräfte, die Unterlagen zu ihrer Berufsqualifikation nicht oder nur teilweise vorlegen können, aus Gründen, die sie selbst nicht zu vertreten haben, soll dennoch eine Einreise- und Aufenthaltsmöglichkeit geschaffen werden. Die Kompetenzen könnten dann - vereinfacht ausgedrückt - abschließend hier in Deutschland geprüft werden.

Bei der zweiten Säule geht es um Fachkräfte aus dem Ausland, die zwar noch keinen Abschluss vorweisen können, aber schon jede Menge Berufserfahrung. Auch ihnen soll der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt ermöglicht werden.

Die Ampelkoalition will unter anderem die Bedingungen für Beschäftigte der Informations- und Kommunikationstechnologie verbessern. Bei ihnen soll auf den ausreichenden Nachweis von Deutschkenntnissen verzichtet werden. Dann liege es im Ermessen der Führungskräfte eines Unternehmens, die Jobangebote machen, zu entscheiden, ob sie die Fachkraft - trotz mangelnder Deutschkenntnisse - bei sich beschäftigen wollen oder nicht. Rechtlich stünde einer Beschäftigung in diesen Fällen dann aber nichts mehr entgegen.

"Chancenkarte zur Arbeitsplatzsuche"

Bei der dritten Säule geht es schließlich darum, Drittstaatsangehörigen mit gutem Potenzial einen Aufenthalt in Deutschland zu ermöglichen, um einen Job zu finden. Dafür soll eine "Chancenkarte zur Arbeitsplatzsuche" eingeführt werden, und zwar auf Grundlage eines transparenten unbürokratischen Punktesystems, wie es im Eckpunktepapier heißt. Zu den Auswahlkriterien für den Nachweis "guten Potenzials" können Qualifikation, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug und Alter gehören.

Die Ampelkoalition will nicht nur Gesetze anpassen. Sie will auch verstärkt für Deutschland werben - als attraktives, innovatives und vielfältiges Einwanderungsland. Ein Schwerpunkt soll darauf liegen, offene Stellen international bekannt zu machen und Qualifizierte im Ausland an Arbeitgeber und Bildungseinrichtungen in Deutschland zu vermitteln. Wie dies konkret geschehen soll, bleibt vage.

So heißt es zum Beispiel, dass das Portal "Make it in Germany" über eine eigene Jobbörse verfüge. Diese solle ausgebaut und weiterentwickelt werden. Die Anzahl der veröffentlichten Stellenangebote soll erhöht werden. Wie dies gelingen soll, muss dann der Gesetzentwurf zeigen. Manches scheint auch noch nicht abschließend geklärt. So wolle man prüfen, ob Vorintegrationsangebote bereits in den Herkunftsländern erprobt werden könnten.

Spracherwerb im Ausland fördern

Als Schlüsselkompetenz sieht die Regierung die deutsche Sprache. Daher will sie den Erwerb sowohl im Ausland als auch im Inland voranbringen. Zum Beispiel durch den Ausbau auch digitaler Sprachkurse und Prüfungen. In den Herkunftsländern sollen dabei die Goethe-Institute eine besondere Rolle spielen.

Im Zusammenspiel mit Ländern und Kammern wollen die Ministerinnen und Minister die Anerkennungsverfahren für ausländische Berufsabschlüsse optimieren, vereinfachen und beschleunigen. Zu den vielen geplanten Maßnahmen zählt zum Beispiel auch, dass die Unterlagen für die Anerkennungsverfahren auch auf Englisch oder in der Originalsprache akzeptiert werden können.

Vieles klingt bürokratisch, etwa dass Verwaltungsverfahren beschleunigt werden sollen. Für Fachkräfte aus dem Ausland könnten die Ideen durchaus viele Vorteile bringen. So soll es für sie zum Beispiel eine moderne und transparente Migrationsberatung vor der Einreise geben sowie ein zügiges Visumsverfahren im Anschluss. Über die Voraussetzungen, wann Partner und Kinder ebenfalls nach Deutschland einreisen dürfen, soll klar informiert werden.