Recep Tayyip Erdogan (Archiv)

Erdogan in Berlin Wolfsgruß-Debatte überschattet Viertelfinal-Spiel

Stand: 06.07.2024 17:32 Uhr

Beim EM-Spiel der Türkei gegen die Niederlande heute steht auch die Wolfsgruß-Affäre im Fokus. Was machen Fans und Spieler? Und wie verhält sich Präsident Erdogan im Stadion? Polizeivertreter rufen dazu auf, das Turnier nicht zu politisieren.

Nach der Wolfsgruß-Affäre um den türkischen Nationalspieler Merih Demiral wird mit Spannung das Viertelfinalspiel der Türkei heute Abend gegen die Niederlande erwartet. Wie reagieren Fans und Spieler auf die Sperre für Demiral?

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat die Fans im Vorfeld eindringlich aufgefordert, den Wolfsgruß nicht zu zeigen. "Politik hat keinen Platz auf dem Spielfeld", erklärte der GdP-Bundesvorsitzende Jochen Kopelke. Dies gelte erst recht, "wenn in ihrem Zentrum menschenverachtende Symbolik zum Ausdruck gebracht wird".

Demiral hatte im Achtelfinalspiel gegen Österreich nach einem Tor den Wolfsgruß gezeigt. Er gilt als Symbol der rechtsextremen türkischen Organisation "Graue Wölfe". Er wird in der Türkei aber auch von der ultranationalistischen Partei MHP genutzt, die Partner der Regierung unter Präsident Recep Tayyip Erdogan ist. Demiral wurde daraufhin vom europäischen Fußballverband UEFA gesperrt und kann heute Abend nicht am Viertelfinalspiel teilnehmen.

Erdogan tut Geste ab

Der frühere deutsche Nationalspieler Mesut Özil hat bei Instagram ein Bild des umstrittenen Wolfsgruß-Jubels von Demiral geteilt. Das Bild war einige Stunden vor dem EM-Viertelfinale des Teams gegen die Niederlande in seiner Instagram-Story zu sehen. Versehen war es mit einer Anfeuerung für die Türkei.

Zu der Partie im Berliner Olympiastadion hat sich auch Erdogan angekündigt. Er werde kurz vor Anpfiff ankommen und noch am selben Abend wieder abreisen, teilte das Büro Erdogans der Nachrichtenagentur dpa mit. Bisher seien keine weiteren Termine in Deutschland geplant. Erdogan hat sich noch nicht zu Demirals Sperre geäußert. Die Kritik an der Geste hatte der türkische Präsident allerdings abgetan, der Spieler habe damit nur seine "Begeisterung" ausgedrückt.

In der Türkei hatte die Entscheidung der UEFA teilweise Empörung ausgelöst. Als "Skandal" bezeichnete der türkische Sender TRT die Entscheidung, der Präsident des Fußballverbands, Mehhmet Büyükeksi, nannte sie "inakzeptabel, illegal und politisch".

Fans zeigen Wolfsgruß auf dem Weg ins Stadion

Auf dem Weg zum Olympiastadion in Berlin haben Anhänger der türkischen Fußball-Nationalmannschaft laut Polizei "massiv" den Wolfsgruß gezeigt. Fotos der Nachrichtenagentur AFP vom Breitscheidplatz bestätigen entsprechende Szenen. Einsatzkräfte hätten den Fanmarsch deshalb angehalten und die Fans aufgefordert, "das Zeigen dieses Zeichens zu unterlassen", schrieb die Polizei auf der Plattform X. Ein Fanwalk sei keine Plattform für politische Botschaften.

Türkische Fußball-Ultras hatten zuvor die Fans dazu aufgerufen, den Wolfsgruß im Berliner Olympiastadion zu zeigen. Auch die einflussreiche Fan-Gruppe Ultraslan von Traditionsclub Galatasaray kündigte bei Instagram an, man könne es nicht abwarten, am Spieltag "als Tausende Graue Wölfe in Berlin und als Millionen in der Welt eine Antwort auf diese Gemeinheit zu geben".

Polizei spricht von "Hochrisiko-Spiel"

GdP-Chef Kopelke forderte, zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen die Geste verboten werden kann. Auch müssten aufgebrachte türkische Fans Maß finden, so Kopelke. Er sprach insgesamt von einem "Hochrisikospiel" für die Polizei.

Die Affäre um Demiral hat bereits zu diplomatischen Verstimmungen zwischen Berlin und Ankara geführt. Am Mittwoch bestellte die türkische Regierung den deutschen Botschafter in Ankara ein, nachdem die Bundesregierung Kritik an Demirals "Wolfsgruß"-Geste geäußert hatte. Das Auswärtige Amt bestellte daraufhin am Donnerstag seinerseits den türkischen Botschafter in Deutschland ein.