Ricarda Lang und Omid Nouripour

Parteitag in Karlsruhe Lang sieht Anlass zu Selbstkritik bei Grünen

Stand: 23.11.2023 05:26 Uhr

Beim Parteitag der Grünen in Karlsruhe dürfte es besonders um die Frage gehen, wie Klimaschutz-Projekte nach dem Haushaltsurteil noch finanziert werden können. Parteichefin Lang fordert derweil ein gewisses Maß an Selbstkritik.

Unmittelbar vor Beginn des von der aktuellen Haushaltskrise überschatteten Parteitags in Karlsruhe sieht Grünen-Chefin Ricarda Lang auch Anlass zur Selbstkritik. "Wir sollten uns schon fragen, warum manche Vorurteile gegen uns immer noch verfangen", sagte sie dem Nachrichtenportal "t-online". "Wir sind nicht ganz unschuldig daran."

Derzeit liegen die Grünen in Umfragen um die 15 Prozent. Nach den Worten von Co-Parteichef Omid Nouripour wollen die Grünen auf dem Parteitag, der bis Sonntag dauert, auch "zentrale Entscheidungen" zur Klimapolitik treffen.

Wie können Kernanliegen noch finanziert werden?

Beim Parteitag, der unter dem Motto "Machen, was zählt" steht, stellen sich Lang und Nouripour zur Wiederwahl. Debattieren wollen die Grünen über zwei Dringlichkeitsanträge zu Migration und zu Israel. Zum Nahost-Konflikt wird unter anderem eine Rede von Außenministerin Annalena Baerbock erwartet.

Eine wesentliche Rolle dürfte für die 825 Delegierten die Frage spielen, wie Klimaschutz-Projekte der Ampel-Koalition und andere Kernanliegen der Grünen nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichtes jetzt noch finanziert werden könnten.

Lang gegen Kürzung der Sozialausgaben

Lang warnte: "Die Sozialausgaben zu kürzen, ist jedenfalls der falsche Weg. Es braucht in Zeiten der Krisen mehr Sicherheit und Gerechtigkeit, nicht weniger." Die Aussetzung der Schuldenbremse sei "eine Lösung", über die die Koalition sprechen müsse. Sie forderte zudem eine Reform der im Grundgesetz verankerten Schuldenregel, etwa durch eine Klausel, um mehr Investitionen zu ermöglichen.

Das Bundesverfassungsgericht hat eine Umschichtung von 60 Milliarden Euro im Haushalt von 2021 für verfassungswidrig erklärt. Der Bund darf zur Bekämpfung der Corona-Krise gedachte Gelder damit nicht für andere Zwecke verwenden. Nach einer ersten Einschätzung sind auch andere Sondervermögen wie das für die Energiepreisbremsen betroffen.

Nouripour sagte der "Augsburger Allgemeinen", es sei die historische Aufgabe der Partei, Wohlstand, Klimaschutz und Gerechtigkeit zusammenzubringen. Ebenso werde der Parteitag "Orientierung in der Migrationspolitik" geben und die Solidarität mit Israel unterstreichen.

Klimaunion fordert Überarbeitung des Klimaschutzgesetzes

Der unionsnahe Verein Klimaunion forderte die Grünen zu einer Überarbeitung des Klimaschutzgesetzes auf. In einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Brief an Lang und andere führende Partei- und Fraktionsvertreter regt der Klimaunion-Vorsitzende und CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann eine Weiterentwicklung des Gesetzes bei den Sektorzielen, den Nachsteuerungsmechanismen und der Rolle des Expertenrats an.

Der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf sieht vor, erst in der nächsten Legislaturperiode ein neues Klimaschutzprogramm vorzulegen. Damit verstoße die Ampel gegen das Grundgesetz, weil Klimaschutz nicht auf die lange Bank geschoben werden dürfe, warnte Heilmann. Ähnlich hätten sich zuletzt 14 Sachverständige in einer Anhörung des Bundestages geäußert. Nach dem Heizungsgesetz und dem Klimafonds riskiere die Ampel beim Klimaschutzgesetz die nächste Niederlage in Karlsruhe.

Kubicki verlangt mehr Realismus in Migrationspolitik

Derweil forderte der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki den Koalitionspartner zu mehr Realismus in der Migrationspolitik auf. Die Zustimmung der Grünen zur Beendigung der Zahlungen für die private Seenotrettung im Mittelmeer sei "der erste, kleine Schritt aus dem kunterbunten Wolkenkuckucksheim in Richtung einer vernunftgeleiteten Migrationspolitik", sagte Kubicki. "Ich erwarte weitere energische Schritte auf der anstehenden Bundesdelegiertenkonferenz und eine unmissverständliche Bestätigung der jüngsten Bund-Länder-Vereinbarungen zur Migration."