Demonstrierende der AfD-Jugendorganisation "Junge Alternative" fordern auf einem Transparent eine sogenannte Remigration
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"Junge Alternative" Was die AfD mit ihrer Jugendorganisation plant

Stand: 03.12.2024 19:14 Uhr

Der AfD-Bundesvorstand strebt eine "Neustrukturierung und Weiterentwicklung" ihrer Jugendorganisation "Junge Alternative an". Was plant die Partei - und wieso ist die JA umstritten? Ein Überblick.

Was ist die "Junge Alternative"?

Laut AfD-Satzung ist die "Junge Alternative" (JA) die "offizielle Jugendorganisation der Alternative für Deutschland". Sie wurde 2013 gegründet und zwei Jahre später durch einen AfD-Bundesparteitag anerkannt. Die AfD bezeichnet die JA als "Innovationsmotor". Als eigenständiger Verein verfüge sie über Satzungs-, Programm-, Finanz- und Personalautonomie.

Nach eigenen Angaben hat die JA mehr als 3.000 Mitglieder. Sie sieht sich und ihre Untergliederungen "seit jeher als integraler Bestandteil der Alternative für Deutschland", wie es auf der Webseite der JA heißt. Die JA hat 16 Landesverbände.

Mitglied kann man ab 14 und bis zum 36. Lebensjahr werden. Wer in der JA ist, muss nicht gleichzeitig Mitglied der AfD sein. Im Gegenzug dazu sind Mitglieder der AfD, die jünger als 36 Jahre alt sind, nicht automatisch Mitglied der Jungen Alternative. Nur wer von der JA im AfD-Bundesvorstand sitzt, muss zwingend auch Mitglied der AfD sein.

Die Junge Alternative selbst schreibt auf ihrer Internetseite zu ihrer Programmatik: "Deutsche Jugend ist rechts und geht aufrecht. Den woken, linken Zeitgeist lehnen wir entschieden ab." Die JA warnt davor, "die Tore für Massen an fremdstämmigen Zuwanderern zu öffnen", und formuliert als Leitprinzip: "Unser Volk zuerst!"

Wer ist JA-Chef?

Hannes Gnauck, der auch dem AfD-Bundesvorstand angehört, steht seit Oktober 2022 an der Spitze der "Jungen Alternative". Bei der Bundestagswahl 2021 zog er über die Landesliste der AfD Brandenburg in den Bundestag ein.

Im Mai 2024 hob der Bundestag die Immunität Gnaucks auf. Er soll während seiner Laufbahn als Zeitsoldat bei der Bundeswehr gegen Asylbewerber und Ausländer gehetzt haben. Der Militärische Abschirmdienst (MAD), der Geheimdienst der Bundeswehr, stufte ihn im Jahr 2020 als "Verdachtsfall Rechtsextremismus" ein.

Wie groß ist der Einfluss der JA?

Die Parteispitze AfD hatte nach Informationen von WDR und NDR immer wieder überlegt, sich von ihrer radikalen Parteijugend zu trennen. Doch diese ist innerparteilich äußerst einflussreich: Sie verfügt über bestens vernetzte Verbände, die auch in Abstimmungen sehr rege sind und häufig dabei geholfen haben, Stimmenmehrheiten zu organisieren.

Viele Mitglieder sind innerhalb der Partei an einflussreichen Positionen. Sie arbeiten zum Beispiel in den Büros von AfD-Abgeordneten in Landtagen oder im Bundestag, und nicht wenige machen auch in der Partei Karriere. Im derzeitigen AfD-Bundesvorstand sind drei hochrangige aktive oder ehemalige JA-Funktionäre vertreten: Hannes Gnauck, Alexander Jungbluth und Dennis Hohloch.

Dennoch führt die JA bisher ein Eigenleben. Aus der Parteispitze ist zu hören, dass die Partei die Jugendorganisation zwar finanziell unterstütze, jedoch keinen Überblick über ihr Innenleben habe, etwa was Mitglieder angehe.

Wie stuft der Verfassungsschutz die JA ein?

Das Bundesamt für Verfassungsschutz führte die JA lange als Verdachtsfall. Die Wahl Gnaucks zum JA-Chef galt als weiteres Indiz dafür, dass die AfD-Jugendorganisation konsequent immer weiter nach rechts abdriftete. Im April 2023 stufte das Bundesamt die JA als "gesichert rechtsextremistische Bestrebung" ein. Die gleiche Einstufung gilt auch für die Landesverbände der Jungen Alternative in Brandenburg, Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Die AfD selbst wird bundesweit als rechtsextremistischer Verdachtsfall geführt.

Ein Antrag der JA und der AfD im Eilverfahren gegen diese Einstufung scheiterte im Februar 2024 vor dem Verwaltungsgericht Köln. Unter anderem führte das Kölner Gericht aus: In der JA sei ein ethnisch verstandener Volksbegriff ein zentrales Politikziel. Danach müsse das deutsche Volk in seinem ethnischen Bestand erhalten und sollten "Fremde" möglichst ausgeschlossen werden.

Die Ideologie der JA sei "durch einen ethnisch-kulturell geprägten Volksbegriff bestimmt, der im Widerspruch zum Volksverständnis des Grundgesetzes steht", schreibt das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in seinem im Juni vorgestellten Verfassungsschutzbericht. "Hinzu kommen fremdenfeindliche Äußerungen, die Vertreter der JA wiederholt über ihre Kanäle in den sozialen Medien verbreiten." Zudem sei die JA "mit Organisationen der Neuen Rechten wie beispielsweise der 'Identitären Bewegung Deutschland' vernetzt", schreiben die Verfassungsschützer.

Was plant die AfD mit der JA?

In der Parteispitze gab es bereits seit Längerem Unzufriedenheit mit der "Jungen Alternative" und Erwägungen, eine neue Jugendorganisation zu gründen. Die Spitze der JA und die Bundespartei gehen bei der Neuaufstellung nun aber offenbar einvernehmlich vor.

Diskutiert wird schon länger über die Gründung einer neuen Organisation, die stärker mit der AfD verbunden wird. Ziel sei eine "Neustrukturierung und Weiterentwicklung der Jugendorganisation der AfD", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Bundesschriftführer Dennis Hohloch und Hannes Gnauck. Dies würde mehr Durchgriff ermöglichen, etwa bei Ordnungsmaßnahmen wie Parteiausschlussverfahren. Erwogen wird ein Modell wie bei den Jusos der SPD. Das würde bedeuten, dass jedes AfD-Mitglied unter 36 Jahren automatisch auch in der JA wäre.

Mit dem Beschluss des Bundesvorstands für die Neuordnung ihrer Jugendorganisation ist es aber nicht getan. Da die JA laut AfD-Satzung bisher die offizielle Jugendorganisation der AfD ist, bräuchte es für die Trennung von der JA und die Eingliederung einer neuen Organisation in die AfD eine Satzungsänderung. Eine solche müsste auf einem Parteitag beschlossen werden. Der entsprechende Paragraf der Bundessatzung soll beim Parteitag in Riesa am 11. und 12. Januar 2025 geändert zur Abstimmung gestellt werden - in Abstimmung mit der JA und den AfD-Landeschefs.

Für die angestrebte Satzungsänderung bräuchte die AfD-Spitze auf dem Parteitag eine Zweidrittelmehrheit. Bisher ist unklar, wie die Chancen dafür stehen.

Ob die bisherige JA - unabhängig von einer neu zu gründenden Parteijugend - als Verein und Netzwerk bestehen bleibt, ist ungewiss. Der Verein kann sich allenfalls selbst auflösen - oder eines Tages durch das Bundesinnenministerium verboten werden. Eine Gefahr, über die in der AfD seit längerem laut nachgedacht wird. Die JA selbst soll sich zu der anstehenden Satzungsänderung in den kommenden Tagen beraten.

Was sagen Beobachter zum Plan der AfD?

Die Linken-Abgeordnete Martina Renner warf dem Bundesinnenministerium Versäumnisse vor: Es hätte die JA längst nach dem Vereinsgesetz verbieten können, erklärte sie. Genügend Gründe hätten vorgelegen. "Mit der geplanten Trennung von der JA und der Gründung einer neuen Organisation spannt die AfD nun ihren Schutzschirm als Partei über die Aktiven der JA", fügte sie hinzu. Die Eingliederung schütze die Mitglieder der JA.

Mit Informationen von Katja Riedel, WDR, und Sebastian Pittelkow, NDR