Hinweise der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) sind auf Film-DVDs zu sehen.

FSK feiert Jubiläum Die Jugendschützer werden 75

Stand: 18.07.2024 10:53 Uhr

Seit 75 Jahren entscheidet die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, ab welchem Alter Filme für Kinder und Jugendliche freigegeben werden. In dieser Zeit hat sich viel verändert.

Der Weg zur Einstufung eines Films ist fast wie ein Staatsgeheimins. "Oft bringt eine Security-Frau oder ein Security-Mann einen neuen Film auf einer verschlüsselten mobilen Festplatte zu uns", erzählt FSK-Geschäftsführer Stefan Linz, denn schließlich ist der Film noch gar nicht angelaufen. In einem dunklen Kinosaal mit 100 Plätzen sitzen dann fünf Frauen und Männer, mit Tablets und Laptops auf den Knien. Sie machen sich Notizen und diskutieren im Wiesbadener Murnau-Filmtheater, ab welchem Alter Kinder das sehen dürfen.

Am 18. Juli 1949 prüfte die FSK ihren ersten Film, "Intimitäten" von Paul Martin, und urteilte: Frei ab 16 Jahren, mit dem Zusatz "nicht geeignet für die stillen Feiertage". Seitdem wurden nach Angaben der FSK über 520.000 filmische Inhalte geprüft. "Eine einzelne Person bräuchte 32 Jahre, um alle Inhalte mit FSK-Altersfreigabe ohne Unterbrechung zu sehen", schreibt die FSK auf ihrer Internetseite.

13.000 filmische Inhalte jährlich

Aktuell werden von der FSK jährlich über 13.000 filmische Inhalte geprüft und freigegeben, darunter: 1.500 Filme, 6.500 Serienepisoden, 2.000 Werbespots, 1.000 Trailer und weitere Inhalte. Über 180 ehrenamtliche Prüferinnen und Prüfer und staatliche Vertreter und Vertreterinnen entscheiden darüber in unabhängigen Prüfverfahren.

Der Personenkreis besteht laut FSK aus unterschiedlichsten Berufsgruppen. "Sie diskutieren im Durchschnitt 15 bis 20 Minuten über die passende Altersfreigabe. Es kann aber auch mal eine Stunde dauern", erklärt Linz. Die Zahl der Prüfer ist stets ungerade - und eine Enthaltung unzulässig. Somit gibt es immer eine Entscheidung.

Fünf Stufen der Altersfreigabe gibt es: ohne Beschränkung ab 0 Jahren, ab 6, 12 oder 16 Jahren sowie keine Jugendfreigabe (FSK ab 18). Kriterien für die Einstufung sind etwa, ob Konflikte bedrohlich auf kleinere Kinder wirken können. Welche Bildfolgen können Mädchen und Jungen in welchem Alter wie verkraften? Wie zeigen Jugendfilme Gewalt und Sex?

Mitglieder des Prüfausschusses der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) sitzen bei der Prüfung eines Films im ansonsten leeren Kinosaal. (Archivbild)

Mitglieder des Prüfausschusses der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) bei der Prüfung eines Films

Kriterien für Einstufung haben sich geändert

Die Kriterien für eine Einstufung haben sich im Laufe der Zeit geändert. "Während zum Beispiel die Thematisierung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften im Film in der 1950er- und 1960er-Jahre Grund für die Ablehnung einer Jugendfreigabe sein konnte, spielt dies heute keine Rolle mehr für die Altersfreigabe", so Linz. Andererseits gebe es nun auch bei Prüfern eine höhere Sensibilität bei diskriminierender Sprache etwa hinsichtlich Religion und Hautfarbe als früher.

Ein Problem sei, dass Inhalte auf verschiedenen Ausspielwegen unterschiedliche Einstufungen bekommen könnten, kritisiert FSK-Geschäftsführer Stefan Linz. Manche Serienanbieter beauftragen die FSK mit dieser Aufgabe, andere kümmern sich selbst darum. Dieselben Inhalte haben dann möglicherweise im Kino, auf dem Handy oder Tablet unterschiedliche Altersangaben.

Stichproben in den Jahren 2023 und 2024 hätten ergeben, dass Kinofilme mit einheitlicher FSK-Freigabe von Streaminganbietern in etwa jedem fünften Fall mit einer abweichenden Altersangabe verbreitet würden. "Wir appellieren an die Länder, sich für einheitliche Kennzeichen einzusetzen", fordert Linz.

Neue Herausforderungen

Das mediale Verhalten der Kinder und Jugendlichen hat sich in den vergangenen 75 Jahren dramatisch geändert. Durch Internet und Social Media kommen Inhalte direkter und oft ungefiltert bei ihnen an. Aufgrund der Allgegenwart von medialen Inhalten sei es kaum noch möglich, Kinder und Jugendliche umfassend vor problematischen Medieninhalten zu schützen, räumt auch die FSK ein. "Ein zeitgemäßer Jugendmedienschutz setzt daher stärker auf Risikomanagement und Kompetenzen statt auf Verbote", so Linz.

"Eltern stehen vor der Herausforderung, ihre Kinder bei der Mediennutzung zu unterstützen und gleichzeitig im Blick zu behalten, wann, wie oft und wozu ihre Kinder digitale Medien nutzen", sagt Stephanie Eckhardt, Leiterin des Referats Suchtprävention bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Die FSK sei hier eine wichtige Orientierung. Immer wichtiger werde es aber, Jugendlichen frühzeitig die nötige Medienkompetenz für eine eigenverantwortliche, gemäßigte Mediennutzung zu vermitteln.

Social Media, Apps und Computerspiele

"Social Media-Kanäle, Apps, Computerspiele prägen den Alltag der Jugendlichen immer mehr", sagt Eckhardt. Hier müsse man genau hinsehen. Nehme der Konsum digitaler Medien überhand, könne er zur Belastung werden und zu einem suchtähnlichen Verhalten führen. "Vor allem Videospiele sind bewusst so gestaltet, dass es schwerfällt, aufzuhören. Oft locken Belohnungen oder die unendlichen virtuellen Welten verleiten zum längeren Spielen", so Eckhardt.

Soziale Medien wie Instagram oder TikTok arbeiteten ebenfalls mit Mechanismen, die abhängig machen können. "Likes führen zu einer Ausschüttung von Glückshormonen und endlose Feeds verführen zum längeren Scrollen."

Deborah Woldemichael, Leiterin der EU-Initiative "klicksafe" warnt, dass Kinder und Jugendliche immer wieder über vermeintlich harmlose Spiele-Apps, Social-Media-Plattformen oder Klassenchats mit pornografischen, extremistischen und gewaltverherrlichenden Inhalten konfrontiert würden.

Eine besondere Herausforderung sei inzwischen die Desinformation durch die Anwendung Künstlicher Intelligenz. "Desinformation gibt es schon lange im Netz, aber Quantität und Qualität haben sich mit KI deutlich vergrößert", so Woldemichael.

Wenn Kinder und Jugendliche nicht altersgerechte mediale Inhalte konsumieren, könne das vielfältige negative Folgen haben - wie Verunsicherung und Schädigung des Selbst- und Weltbilds, sagt Stephanie Eckhardt von der BZgA. Neben öffentlichen Institutionen seien deshalb vor allem die Eltern gefragt, aufmerksam zu sein und genau hinzusehen, wie ihre Kinder mit den Medien umgehen.

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