Ein Joint mit Cannabis ist in einem Social Club.

Frankfurt und Hannover Cannabis-Verkauf soll in Geschäften getestet werden

Stand: 30.10.2024 14:53 Uhr

Es ist erstmal nur ein Modellversuch: Als erste Städte in Deutschland wollen Hannover und Frankfurt am Main kontrolliert Cannabis verkaufen. Das Projekt soll Anfang 2025 beginnen und wird von zwei Hochschulen begleitet.

Seit einigen Monaten ist der Konsum und Anbau von Cannabis in Deutschland teilweise legal. Nun wollen zwei Städte einen Verkauf des Rauschmittels an besonderen Abgabestellen erproben. Hannover und Frankfurt am Main starten den gemeinsamen Modellversuch zur kontrollierten Abgabe.

In Hannover sind bis zu drei Verkaufsstellen geplant, wie die Stadt mitteilte. Begleitet wird das Projekt von einer wissenschaftlichen Studie der Medizinischen Hochschule Hannover. Daran werden voraussichtlich etwa 4.000 Menschen teilnehmen. Das Modellprojekt läuft über fünf Jahre. Teilnehmen können volljährige Personen, die ihren Wohnsitz in Hannover haben. Sie müssen bereit sein, regelmäßig und aktiv an wissenschaftlichen Befragungen mitzuwirken.

Alle Teilnehmenden erhalten einen pseudonymisierten Ausweis, mit dem nur sie an den Abgabestellen einkaufen können. Über diesen Ausweis und einen QR-Code auf den Verpackungen kann sichergestellt werden, dass die gesetzliche Abgabemenge eingehalten wird. Wer Produkte an Dritte weitergibt, wird sofort ausgeschlossen.

Konsumenten werden beraten

Der Verkauf soll Anfang 2025 beginnen. Das Personal der Verkaufsstellen solle entsprechend geschult werden, um die Konsumenten beraten zu können, hieß es. Bei auffälligem Konsumverhalten könne das Personal eingreifen, bevor eine Abhängigkeit entstehe.

"Uns geht es um die Anerkennung gesellschaftlicher Realitäten", sagte Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne). "Die Zahlen konsumierender Menschen aller Altersgruppen in Deutschland steigen stetig." Das zeige, dass Verbote nur eingeschränkt funktionierten. Hinzu kämen erhebliche gesundheitliche Risiken durch steigende Werte der psychoaktiven Substanz Tetrahydrocannabinol (THC) und Verunreinigungen in Cannabis-Produkten auf dem Schwarzmarkt.

Ähnlicher Ablauf in Frankfurt am Main

Auch Frankfurt am Main hat das Modellprojekt auf den Weg gebracht: Dort sollen registrierte Probandinnen und Probanden fünf Jahre lang in eigens errichteten Fachgeschäften legal Cannabisblüten und andere Tetrahydrocannabinol(THC)-haltige Produkte kaufen können. Nach Informationen der Stadt müssen alle Teilnehmenden in Frankfurt wohnen, volljährig und gesund sein sowie an regelmäßigen Befragungen und Untersuchungen teilnehmen. Andere Menschen dürfen in den Geschäften nicht einkaufen. Ausgeschlossen von der Teilnahme sind unter anderem schwangere oder stillende Frauen, Menschen mit psychischen Erkrankungen und Minderjährige.

Medizinisch überwacht wird die Studie von einem Facharzt. Wissenschaftlich begleitet wird in Frankfurt die Untersuchung von Prof. Dr. Heino Stöver von der Frankfurt University of Applied Sciences. 

Konsumverhalten und Schwarzmarkt

Die Studien sollen Aufschluss über das Konsumverhalten, die Auswirkungen auf den Gesundheits- und Jugendschutz sowie den Schwarzmarkt geben. Beide Städte erhoffen sich von dem Projekt auch einen verbesserten Jugendschutz. Der illegale Markt solle zurückgedrängt werden.

"Unser Hauptinteresse sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse", sagte Hannovers Sozialdezernentin Sylvia Bruns (FDP). Diese gäben Aufschluss über die Auswirkungen eines legalen Verkaufs und auf die Häufigkeit des Konsums: "Wir wollen uns damit von Vermutungen und ideologischen Debatten entfernen", so Bruns. "Die Daten aus dieser Studie könnten künftig eine wichtige Grundlage für die Gestaltung einer zukunftsorientierten Drogenpolitik bilden", sagte Professorin Kirsten Müller-Vahl von der Medizinischen Hochschule Hannover.

Einen vergleichbaren Versuch gibt es nach Angaben der Stadt bisher bereits in Wiesbaden. Dort wird Cannabis allerdings nur in ausgewählten Apotheken ausgegeben.

Bei dem Modellversuch arbeiten beide Projektpartner mit dem Berliner Unternehmen Sanity Group zusammen, das sich bislang auf die medizinische Nutzung von Cannabis spezialisiert hat. Die Firma betreibt bereits seit Ende 2023 zwei Verkaufsstellen als Teil einer vergleichbaren Studie in der Schweiz. Sie hat kürzlich in 30 deutschen Städten Stichproben zu Cannabis auf dem Schwarzmarkt erhoben, auch in Hannover.

Seit dem 1. April dürfen Erwachsene in Deutschland im Zuge der Cannabis-Teillegalisierung bis zu 25 Gramm Cannabis in der Öffentlichkeit mitführen und maximal 50 Gramm zu Hause aufbewahren. Verboten ist der Konsum unter anderem in Gegenwart von Minderjährigen, in Schulen, auf Spielplätzen und in Sportstätten.

Seit dem 1. Juli gibt es zugelassene Cannabis-Anbauvereine für den gemeinschaftlichen Anbau und die Weitergabe. Mitglieder, die mindestens 21 Jahre alt sind, erhalten höchstens 25 Gramm Cannabis pro Tag und höchstens 50 Gramm Cannabis pro Monat zum Eigenkonsum. Die erste Erlaubnis in Niedersachsen wurde am 8. Juli an einen Verein in Ganderkesee im Landkreis Oldenburg übergeben.

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