Franziska Giffey beim gedenken an die Mauertoten.

Jahrestag des Mauerbaus "Ein Riss durch die Gesellschaft"

Stand: 13.08.2023 13:29 Uhr

Vor 62 Jahren riegelte die DDR die Grenze zu West-Berlin ab. Politiker und Angehörige gedenken deshalb heute der etwa 140 Mauertoten in Berlin. Opfervertreter warnen vor einer Ritualisierung des Gedenkens.

Mit mehreren Veranstaltungen ist heute an den Bau der Berliner Mauer erinnert worden. Neben Angehörigen von Mauertoten nahm unter anderem Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey an einer Gedenkandacht in der Kapelle der Versöhnung teil. Anschließend wurden Kränze an der zentralen Gedenkstätte an der Bernauer Straße niedergelegt.

In der Gedenkandacht rief der Direktor der Stiftung Berliner Mauer, Axel Klausmeier, zum Kampf für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte auf - besonders in einer Zeit, "in der unsere westlichen Freiheitswerte allerorts verteidigt werden müssen, nicht nur an der Front in der Ukraine". Vielerorts wollten Menschen wieder Mauern der Abschottung und Ausgrenzung bauen, so Klausmeier.

Mindestens 140 Mauertote in Berlin

Am 13. August 1961 riegelte die DDR die Grenze zu West-Berlin ab. In den folgenden 28 Jahren bis zum Fall der Mauer 1989 gab es nach Kriterien des staatlich geförderten Forschungsprojekts des Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF) in Potsdam und der Stiftung Berliner Mauer mindestens 140 Todesopfer an den Berliner Sperranlagen, die als "Mauertote" geführt werden.

In den an Westdeutschland grenzenden DDR-Regionen war die deutsch-deutsche Grenze bereits früher abgeriegelt worden. Im Frühsommer 1952 hatten die DDR-Sicherheitsorgane entlang der Grenze zu Westdeutschland einen 500 Meter breiten "Schutzstreifen" und ein fünf Kilometer breites Sperrgebiet eingerichtet. Es war für nicht ständig dort lebende Menschen kaum zugänglich.

Scholz beim Mauerweglauf

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte bereits am Samstag Läufer entlang des Mauerwegs an einer Verpflegungsstation im brandenburgischen Teltow empfangen. Einige der Langstreckenläufer hatten bereits 56 Kilometer hinter sich. "Das ist bewundernswert", sagte der Kanzler, der auch gerne joggt. "Ich laufe normalerweise acht bis zehn Kilometer, zwei bis drei Mal die Woche." Angesichts des 62. Jahrestags des Mauerbaus betonte der Kanzler, wie wichtig das Eintreten für Frieden und Freiheit sei.

Der 100-Meilen-Mauerweglauf erinnert ebenfalls an den Bau der Berliner Mauer. Die Strecke von insgesamt fast 161 Kilometern führt am ehemaligen Grenzstreifen entlang. Die Teilnehmer können in einer Staffel antreten.

Ramelow erinnert an friedliche Revolution

Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hat der Opfer des DDR-Grenzregimes gedacht. "Die Mauer zerriss Familien und Freundschaften, sie entwurzelte Menschen und führte zu unfassbar viel Leid", sagte der Linke-Politiker einer Mitteilung der Thüringer Staatskanzlei zufolge. Man sei in Gedanken auch bei allen, deren Streben nach Freiheit zu Bespitzelung, zu Verfolgung und Ausgrenzung oder Haftstrafen führte.

Ramelow erinnerte auch an die friedliche Revolution im Jahr 1989: "Es waren Bürgerinnen und Bürger der DDR, die die Mauer fast 30 Jahre später wieder zu Fall brachten. Am 9. November 1989 haben sie das Tor zur deutschen und zur europäischen Einheit weit aufgestoßen." Die schmerzhafte Erfahrung eines durch Mauern und Stacheldraht geteilten Deutschlands mahne, alles dafür zu tun, "damit wir in unserem Land auch künftig in Freiheit, Vielfalt und Demokratie leben können".

"Nicht nur ein Riss durch diese Stadt"

Opfervertreter warnten zum Jahrestag des Mauerbaus vor einer Ritualisierung des Gedenkens. Der Vorsitzende der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG) mit Sitz in Berlin, Dieter Dombrowski, sagte dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (RND), das Gedenken an die Mauertoten und die Verbrechen der SED-Diktatur müssten als Erinnerung und Mahnung wachgehalten und auch vermittelt werden. Die Gefahr der Ritualisierung bestehe bei jedem Gedenktag, sagte Dombrowski. Die Besonderheit des Gedenktages 13. August liege aber darin, dass viele Menschen noch immer unter den Folgen der SED-Diktatur litten.

Mit Blick auf die Errichtung neuer Grenzanlagen in Europa sagte der Vorsitzende der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft: "Auf der einen Seite legen wir Kränze nieder, auf der anderen Seite tun wir so, als würden Mauern Menschen von der Flucht abhalten können. Das ist nicht so." Dies gelte ungeachtet der Tatsache, dass man die Berliner Mauer nicht mit heutigen Grenzanlagen vergleichen könne.

Die SED-Opferbeauftragte des Bundestages, Evelyn Zupke, sagte dem RND, an der Berliner Mauer hätten sich viele Wege getrennt - für Paare, Familien oder Freunde. "Die Mauer war eben nicht nur ein Riss durch diese Stadt", sagte Zupke. "Und die innerdeutsche Grenze war nicht nur ein Riss durch unser Land. Mauer und Grenze waren ein Riss durch die Gesellschaft."

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