Schulkinder am Computer

Streit um Digitalpakt Länder stoppen Grundgesetzänderung

Stand: 05.12.2018 22:11 Uhr

Der Bund will den Kommunen Geld für die Digitalisierung von Schulen geben. Dafür muss das Grundgesetz geändert werden. Doch alle 16 Bundesländern lehnen das ab. Es gibt konkrete, aber auch grundsätzliche Bedenken.

Die Auszahlung der fünf Milliarden Euro aus dem Digitalpakt Schule verzögert sich. Wie erwartet lehnten die 16 Bundesländer die dafür von Bundesregierung und Bundestag vorgesehene Grundgesetzänderungen geschlossen ab und entschieden, am 14. Dezember den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anzurufen. Ziel sei eine "grundlegende Überarbeitung" der geplanten Grundgesetzänderungen.

Der Digitalpakt an sich, der finanzielle Unterstützung des Bundes im Umfang von fünf Milliarden Euro vorsieht, wird von den Ministerpräsidenten der Länder allerdings durchaus gewünscht. Er sei "seit langem ein Anliegen der Länder", sagte Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher. Es bleibe das Ziel, diesen "schnellstmöglich umzusetzen", so der SPD-Politiker.

"Ebenso bedauerlich wie notwendig"

Warum dann also die Ablehnung? Hauptgrund ist, dass der Bund die Auszahlung des Geldes an die Kommunen mit zu vielen Auflagen versehen hat.

"Dieser Schritt ist ebenso bedauerlich wie notwendig", sagte etwa der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Sein saarländischer Kollege Tobias Hans (CDU) gab ebenfalls dem Bund die Schuld für die Verzögerung. "Wir sind notfalls zu einer Verfassungsänderung bereit", sagte er. Aber der Bundestag sei über die Vereinbarungen hinausgegangen.

Knackpunkt vor allem die 50-50-Finanzierung

In die Vorlage im Bundestag wurde kurzfristig eine Regelung eingefügt, wonach Programme des Bundes für die Länder ab dem Jahr 2020 zur Hälfte durch die Länder mitfinanziert werden sollen. Für jeden Euro, den der Bund überweist, müsste das jeweilige Land dann noch einen weiteren drauflegen.

Die Haushälter von Union und SPD im Bundestag hatten diesen Passus eingearbeitet, um zu verhindern, dass die Länder sich bei der Finanzierung bestimmter Projekte einen "schlanken Fuß" machen können - und vor allem der Bund zahlt. Außerdem wollten sie sicherstellen, dass die Länder das Geld auch für die geplanten Zwecke ausgeben.

Die 50-50-Klausel wäre "ein Rückschritt", sagte Hamburgs Bürgermeister Tschentscher. Sein Argument: Ärmere Länder, die ihren Anteil nicht aufbringen können, könnten das Bundesgeld dann gar nicht beanspruchen. Für die Schul-Digitalisierung würde diese 50-50-Klausel zwar nicht gelten, weil die Beschlüsse dafür vor 2020 fallen sollen. Aber in anderen Bereichen wäre sie aus Ländersicht schädlich. Tschentscher meinte, dies könne zum Beispiel Natur- und Katastrophenschutz betreffen, "wo kurzfristig gehandelt werden muss".

Laschet: "Lasst diese komplizierten Dinge"

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet wies den Vorwurf zurück, wonach die Gefahr bestehe, dass die Länder die Mittel des Bundes zweckentfremden. Beim Digitalpakt stehe bis ins Detail fest, wie das Geld verwendet werden solle, sagte der CDU-Politiker in den tagesthemen. Eine Verfassungsänderung sei für den Digitalpakt auch gar nicht nötig, da seien sich alle Ministerpräsidenten einig gewesen. An die Adresse der Großen Koalition im Bund gewandt sagte Laschet: "Wählt den einfachen Weg. Lasst diese komplizierten Dinge mit Verfassungsänderungen. Es ist nicht erforderlich."

Merkel: "Da liegt der Hase im Pfeffer, glaube ich"

Auch nach Einschätzung von Bundeskanzlerin Kanzlerin Angela Merkel ist der Länderwiderstand auf die bislang geplante Kostenaufteilung zurückzuführen. "Beim Digitalpakt soll die Kostenaufteilung 90 zu 10 sein - 90 der Bund, 10 die Länder. Soweit so gut", hatte Merkel Anfang der Woche gesagt. Aber bei allen weiteren Dingen sei eine Kostenaufteilung von 50 zu 50 geplant. "Und das gefällt den Ländern nicht so richtig. Da liegt der Hase im Pfeffer, glaube ich", so Merkel.

Die Bundesländer haben aber auch ganz grundlegende Bedenken. Saarlands Regierungschef Hans, Sprecher der unionsgeführten Länder, sagte, es gehe um die "Zukunft des Föderalismus". Denn Schulpolitik ist Ländersache. Sein Hamburger Kollege Tschentscher sagte, wenn der Bund in die Zuständigkeiten der Länder hineinregiere, führe das oft nicht zu guten Ergebnissen.

Der Bundestag hatte mit den Stimmen der Großen Koalition sowie von FDP und Grünen den Weg frei gemacht, damit das Geld aus dem Bundeshaushalt in eine bessere Digital-Ausstattung der Schulen fließen kann. Das Grundgesetz muss allerdings geändert werden, um dem Bund direkte Hilfen für die Kommunen zu ermöglichen. Diese können dann eben in die Bildung fließen - aber auch in andere Bereiche, für die der Bund eigentlich nicht zuständig ist, wie etwa Wohnungsbau oder Nahverkehr.

Karliczek gesprächsbereit

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek warb im ARD-Mittagsmagazin erneut dafür, den Digitalpakt auf den Weg zu bringen. Dieser dürfe keineswegs als "Kollateralschaden" auf der Strecke bleiben. Zugleich signalisierte sie Gesprächsbereitschaft."Wir wollen sicherstellen, dass das Geld auch in den Schulen ankommt und nicht woanders", sagte die CDU-Politikerin. Sie sei durchaus bereit, über die genaue Aufteilung der Kosten noch einmal neu zu verhandeln, vor allem über die 50-50-Regelung.

Eigentlich war vorgesehen, dass die Kommunen ab Januar Geld aus dem Digitalpakt beantragen können. In Regierungskreisen hieß es, der Digitalpakt und andere Projekte könnten sich um einige Monate verschieben und erst bis Ostern kommen.

Finanzminister Olaf Scholz ist da optimistischer. Der "Bild"-Zeitung sagte er: "Am Ende wird es die Grundgesetz-Änderung geben. Und das Geld wird kommen. Das wird sich nicht lange hinziehen."

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