Nach der Machtübernahme lassen die Nationalsozialisten in Universitätsstädten die Bücher verfemter Autoren verbrennen (undatiertes Archivfoto).

Gedenken an Bücherverbrennung "Ein Akt der Barbarei"

Stand: 10.05.2023 16:22 Uhr

Vor 90 Jahren verbrannten die Nationalsozialisten in vielen deutschen Städten Bücher von unliebsamen Autoren. Zum Jahrestag wurde an diesen "Akt der Barbarei" erinnert.

In Berlin und andernorts ist an die Bücherverbrennung der Nationalsozialisten vor 90 Jahren erinnert worden. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sprach von einem "Akt der Barbarei", der bis heute die Bedeutung von Meinungsfreiheit und des Schutzes demokratischer Grundrechte vor Augen führe.

Die Verbrennung von Büchern sei nicht nur ein Akt des Gesinnungsterrors, sondern auch die Vorstufe zu den entsetzlichen Verbrechen während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gewesen.

Roth ruft zur Verteidigung der literarischen Freiheit auf

Am 10. Mai 1933 verbrannten die Nationalsozialisten in zahlreichen deutschen Städten Bücher von Autoren, die sie zuvor auf eine "schwarze Liste" gesetzt hatten. Allein auf dem Berliner Opernplatz, dem heutigen Bebelplatz, wurden unter dem Jubel von Zuschauern mehr als 20.000 Bände ins Feuer geworfen. Es handelte sich vor allem um Werke jüdischer, linker und pazifistischer Autoren.

Zu ihnen gehörten Erich Kästner, Kurt Tucholsky, Anna Seghers, Nelly Sachs, Rosa Luxemburg, Erich Maria Remarque und Alfred Kerr. Auf einer sogenannten Schwarzen Liste standen 12.000 zensierte Werke von fast 150 Schriftstellerinnen und Schriftstellern.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) rief bei einer Gedenkveranstaltung auf dem Bebelplatz zur Verteidigung der literarischen Freiheit als Grundpfeiler der Demokratie auf. 70.000 Menschen hätten damals dabei zugesehen, "wie der Hass Flammen schlug, Bücher Feuer fingen und damit die systematische Verfolgung und Ermordung von Jüdinnen und Juden, politisch Andersdenkender und vieler anderer ihren bitteren Lauf nahm", sagte Roth.

"Bis heute besondere Verantwortung"

Die Kulturstaatsministerin unterstrich, viele Autorinnen und Autoren hätten ihre Verfolgung damals mit dem Leben bezahlt. Andere hätten überlebt, weil sie in anderen Ländern Exil erhielten. "Deutschland hat deshalb bis heute eine ganz besondere Verantwortung, wenn es um die Aufnahme von Menschen geht, die vor autoritären Regimen fliehen müssen", sagte Roth.

Der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, Christoph Heubner, erklärte: "Deutschland hat an diesem Abend des 10. Mai 1933 nicht nur seine Würde, sondern auch einen Großteil seiner Kreativität und geistigen Kraft im Feuer zerstört." Viele jener Autorinnen und Autoren, deren Bücher verbrannt wurden, seien später in Konzentrationslagern der Nazis gedemütigt, gequält und ermordet worden.

Gedenklesungen an mehreren Orten

Bei dem Gedenken der Staatsbibliothek zu Berlin auf dem Bebelplatz las Roth Auszüge aus der Protestschrift "Verbrennt mich!" von Oskar Maria Graf (1894-1967) und aus Lion Feuchtwangers Roman "Exil" von 1940 vor. Weitere Lesebeiträge übernahmen unter anderem Berlins früherer Kultursenator Klaus Lederer (Linke) sowie die Schauspielerinnen Natalia Wörner und Claudia Michelsen.

Musikalisch begleitet wurde das Gedenken von Ensembles der Barenboim-Said-Akademie und der Staatsoper Unter den Linden. Gedenklesungen und -veranstaltungen waren auch unter anderem in der Akademie der Künste (Adk) und im Berliner Dom geplant. Im Dom wurde unter anderem aus Heiligen Schriften gelesen, die bis heute Opfer der Flammen werden, und aus Werken von heute verfolgten Schriftstellerinnen und Schriftstellern.

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