Umschlag zur Briefwahl, der zum Teil in einem Briefkasten steckt (Archivbild 2017)

Bundestagswahl Rekord bei Briefwahl erwartet

Stand: 16.08.2021 07:29 Uhr

Fast jeder dritte Wähler stimmte bei der Wahl 2017 per Brief ab. In diesem Jahr dürften es pandemiebedingt noch einmal mehr werden. Die Unterlagen dazu werden ab heute verschickt.

Von Philipp Eckstein, ARD-Hauptstadtstudio

Bei der Bundestagswahl wird mit einem neuen Rekord an Briefwählerinnen und -wählern gerechnet. Ab dieser Woche verschicken die Gemeinden die ersten Wahlzettel. Auch die Wahlbenachrichtigungen werden ab sofort und noch bis Anfang September versandt. Sie enthalten einen Vordruck für alle, die ebenfalls Briefwahl beantragen möchten. Viele Millionen Wählerinnen und Wähler werden davon voraussichtlich Gebrauch machen und schon lange vor dem eigentlichen Wahltermin am 26. September abstimmen.

Erstmals eingeführt wurde die Briefwahl zur Bundestagswahl 1957. Damals nutzen sie knapp fünf Prozent der Wählerinnen und Wähler. Seit 1990 nahm der Anteil an Briefwählerinnen und Briefwähler immer weiter zu. Bei der vergangenen Bundestagswahl 2017 waren es bereits mehr als 28 Prozent. In diesem Jahr dürften es noch einmal deutlich mehr werden.

Gerade während der Corona-Pandemie ist die Briefwahl für viele attraktiv, da die Abstimmung zu Hause risikoärmer scheint als im Wahllokal. Das zeigen die Briefwahl-Rekordwerte bei den jüngsten Landtagswahlen. Die Corona-Pandemie werde zu einer "erheblichen Steigerung der Briefwahlbeteiligung" führen, sagte Bundeswahlleiter Georg Thiel dem ARD-Hauptstadtstudio.

Veränderte Dynamik im Wahlkampf

Für die Parteien bedeutet das: Sie müssen ihren Wahlkampf anpassen. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sagte dazu bereits im Juli: "Ich rechne mit einem historisch hohen Anteil der Briefwählerinnen und Briefwähler." Deshalb gelte für die Kampagne der CDU: "Jeder Tag ist Wahltag."

Auch bei den anderen Parteien spielt das Thema im Wahlkampf eine wichtige Rolle. So zeigt die SPD ihren Kanzlerkandidaten Olaf Scholz beispielsweise auf Plakaten mit einem Briefwahlumschlag. Viele Parteien, darunter Linkspartei und FDP, informieren auf ihrer Homepage über die Möglichkeiten zur Briefwahl.

Michael Kellner, Wahlkampfleiter der Grünen, sagte dem ARD-Hauptstadtstudio, er rechne mit 40 bis 50 Prozent Briefwählerinnen und Briefwähler bei dieser Wahl. Das verändere die Dynamik des Wahlkampfs. Während früher vor allem die letzten Tage vor der Wahl die heiße Phase gewesen seien, gehe es bei dieser Wahl darum, "sechs Wochen lang präsent zu sein", so Kellner. "Das ist so wie ein Eichhörnchen im Herbst Nüsse sammelt für den Winter", so müsse seine Partei jetzt fortlaufend Stimmen sammeln.

Wahlbrief rechtzeitig abschicken

Für Briefwählerinnen und Briefwähler gilt es allerdings zu bedenken: Wer bereits deutlich vor dem eigentlichen Wahltermin seine Stimme per Brief abgibt, kann nicht mehr darauf reagieren, "wenn dann etwas passiert im Wahlkampf, eine Äußerung oder ein Ereignis", mahnt Stefan Merz von Infratest dimap. Für Wählerinnen und Wähler könne das durchaus mal ärgerlich sein.

Grundsätzlich gilt, dass Briefwähler selbst das Risiko tragen, dass ihr Wahlbrief rechtzeitig eingeht, da dann die Auszählung beginnt. Briefe, die später ankommen, werden nicht mehr berücksichtigt. Daher lautet die Empfehlung auf der Homepage des Bundeswahlleiters, den Wahlbrief spätestens am dritten Werktag vor der Wahl abzusenden.

Wahlleiter: Briefwahl sollte die Ausnahme sein

Das oberste Ziel für die Wahl sei, so Bundeswahlleiter Thiel, eine "große Wahlbeteiligung zu erreichen". Dafür sei die Briefwahl eine wichtige Säule. Gerade die Corona-Pandemie zeige, wie gut es sei, dass es diese Möglichkeit gebe. Grundsätzlich gelte allerdings, dass der Regelfall die Wahl in der Wahlkabine sein sollte, so Thiel. Das habe auch das Bundesverfassungsgericht mehrfach festgestellt.

Auch Stefan Merz von Infratest dimap sagt, der Normalfall der Wahl sollte weiterhin ein öffentlicher Akt sein, denn die Wahl beispielsweise am Küchentisch sei "keine transparente Veranstaltung". Man wisse nicht, "ob vielleicht der Ehepartner oder die Ehepartnerin doch irgendwie mitmischt bei der Stimmabgabe". Deshalb sei die Briefwahl eigentlich kein schönes Verfahren und sollte daher die Ausnahme sein.

Seit 1957 keine größeren Beanstandungen

Nachdem es bei den US-Wahlen zuletzt heftige Diskussionen über die Sicherheit der Briefwahlen gegeben hatte, ist es Bundeswahlleiter Thiel wichtig zu betonen, dass die Briefwahl in Deutschland sicher sei. Seit der Einführung im Jahr 1957 habe es nie größere Beanstandungen gegeben. Es seien verschiedene rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen worden, um die Briefwahl sicher vor Manipulationen zu machen. Die Auszählung der Briefwahl sei genau wie alle anderen Wahlprozesse völlig transparent, so der Bundeswahlleiter.

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