Armin Laschet
Analyse

Laschet nach der Wahl Erst mal gerettet

Stand: 26.09.2021 22:49 Uhr

Trotz des schlechten Ergebnisses der Union sei Laschet erst mal gerettet. Er setze nun auf ein Bündnis mit FDP und Grünen. Die Aufarbeitung der Fehler werde vertagt - solange es noch eine Chance aufs Kanzleramt gibt.

Eine Analyse von Kirsten Girschick, ARD Berlin

Armin Laschet ist gerettet - zunächst. Als er um kurz vor 19 Uhr auf die Bühne des Konrad-Adenauer-Hauses tritt, hat er fast das gesamte Präsidium der CDU hinter sich versammelt. Und auch die Kanzlerin steht mit auf der Bühne. Seit 17 Uhr hatte Laschet mit den Präsidiums-Mitgliedern zusammengesessen. Eine Art politische Wagenburg, auch um im Fall einer Niederlage eine gemeinsame Sprachregelung zu finden.

Doch nach Prognose und ersten Hochrechnungen sieht es nicht nach einer Nacht des Umsturzes bei der Union aus. Sondern eher so, als ob die Bildung einer Regierung mit FDP und Grünen für Laschet noch in Reichweite ist.

Werben für eine "Zukunftskoalition"

Laschet und CSU-Chef Markus Söder sprechen mehrfach an diesem Abend miteinander, geben fast identisch klingende Empfehlungen für ein schwarz-gelb-grünes Bündnis ab. Eine "Zukunftskoalition" sei das, die dem Wunsch der Wähler nach einer bürgerlichen Regierung entspreche.

Das historisch schlechte Abschneiden der Union bei dieser Bundestagswahl erklärt Laschet auch mit dem Ausscheiden Angela Merkels, es habe der Amtsbonus gefehlt. Er lenkt aber gleich wieder den Fokus auf die Zukunft. Das Wahlergebnis sei eine Absage an ein linkes Bündnis. Es müsse eine Regierung aus "der Mitte des Bundestags" gebildet werden.

33 Prozent für die CSU

Söder, der vorher noch Laschet damit getrieben hatte, die Union müsse auf Platz eins stehen, muss an diesem Abend abwarten - eine wohl nicht ganz einfache Situation für den ungeduldigen Franken. Da verweist er dann auch gerne darauf, dass der CSU-Parteitag die Aufholjagd beflügelt und die CSU deutlich zum Unions-Ergebnis beigetragen habe.

Trotzdem: 33 Prozent für die CSU in Bayern - das ist für den CSU-Chef zwar nicht so schlimm wie befürchtet, aber trotzdem ein harter Schlag. Zudem kann es auch der CSU nicht gefallen, dass 43 Prozent der befragten Deutschen finden, CDU und CSU seien zu zerstritten, um gemeinsam Politik zu machen.

Eine Analyse des historisch schlechtesten Ergebnisses wird wohl bei CDU und CSU zunächst vertagt - es gilt, möglichst doch Schwarz-Grün-Gelb zu bilden. Laschet will das aus dem Amt des Parteivorsitzenden heraus versuchen. Ob er sich auch zum Fraktionsvorsitzenden wählen lassen will, auf solche Fragen geht er heute nicht ein, dabei wäre das durchaus auch denkbar.

Scholz kam bei vielen besser an

Dabei lässt sich der Absturz zumindest teilweise auf Laschet persönlich zurückführen. Seine persönlichen Werte waren zu Beginn des Wahlkampfs schlecht, Fehler wie das Lachen im Flutgebiet blieben hängen. Selbst bei vielen Unionsanhängern kam der Kanzlerkandidat der SPD besser an, auch in der für die Union so wichtigen Gruppe der über 60-Jährigen.

Vor allem im Osten Deutschlands hat der Kandidatenfaktor anscheinend eine sehr große Rolle gespielt. Mit Söder hätte man deutlich besser abgeschnitten, heißt es. In anderen Bundesländern ist es offenbar gelungen, zumindest die Stammwähler im Endspurt zu mobilisieren. Bei Ihnen hat auch die Warnung vor Rot-Grün-Rot offenbar verfangen.

Wie schon so oft ist es Laschet gelungen, auf den letzten Metern eine fast sicher absehbare Niederlage noch abzuwenden. Allerdings kann sich auch das im Lauf der Nacht noch drehen - sollte die CDU deutlich hinter die SPD rutschen, sind seine Kanzlerträume wohl ausgeträumt. Sollte der Abstand knapp bleiben, könnte auch eine Regierungsbildung vom zweiten Platz aus denkbar sein.

Richtungsstreit zunächst ausgesetzt

Ob in der Regierung oder in der Opposition - bei der Union wird die Diskussion um die Ausrichtung der Partei wieder Fahrt aufnehmen. Denn nicht nur der Kandidat wurde in diesem Wahlkampf zur Belastung für die Partei. Auch das Zutrauen in die Union bei Wirtschaft, Sicherheit und anderen Kernthemen hat dramatisch abgenommen. Nicht wenige Wähler, so zumindest lauten die Anekdoten der Wahlkämpfer, haben trotz großer Unzufriedenheit dann doch für die Union gestimmt - ähnlich wie 2017, wo die Migrationspolitik zu ähnlichen Effekten von "mit der Faust in der Tasche wählen" führte. Und mancher Verantwortliche in der Union fragt sich, ob das auf Dauer für die Partei gut gehen kann.

Doch zunächst ist der Richtungsstreit in der Union ausgesetzt. Nun liegt der Fokus darauf, ob Laschet doch noch eine Regierung mit FDP und Grünen bilden kann. Denn wenn es noch eine Chance aufs Kanzleramt gibt, dann wird sich die CDU - und auch die CSU - hinter Laschet versammeln. Gelingt es ihm nicht, droht Laschet die Entmachtung.