Russische Soldaten patrouillieren auf dem Gelände von "Asowstal" in Mariupol, Ukraine.

Anklagen in Deutschland möglich BKA: Hunderte Hinweise auf Kriegsverbrechen

Stand: 18.06.2022 15:53 Uhr

Das Bundeskriminalamt geht Hinweisen auf russische Kriegsverbrechen in der Ukraine nach. Ermittelt werde zu Tätern und Verantwortlichen. Nach dem Weltrechtsprinzip können Kriegsverbrecher auch in Deutschland angeklagt werden.

Das Bundeskriminalamt (BKA) geht nach eigenen Angaben mehreren hundert Hinweisen auf russische Kriegsverbrechen in der Ukraine nach. "Bisher haben wir eine dreistellige Zahl von Hinweisen erhalten", sagte BKA-Präsident Holger Münch der "Welt am Sonntag". Ermittelt werde zu Tätern, aber auch zu den militärisch und politisch Verantwortlichen.

"Das ist der schwierigste Teil unserer Ermittlungen, eine komplexe Puzzlearbeit", sagte Münch. Ziel sei es, die Verantwortlichen zu identifizieren, ihre Taten nachzuweisen und sie vor ein Gericht zu stellen. Dafür gehe das BKA allen Spuren nach, suche Hinweisgeber und sammele Beweise.

Damit bereite man sich auf mögliche Anklagen in Deutschland vor, sagte Münch. Nach dem sogenannten Weltrechtsprinzip können Kriegsverbrecher auch in Deutschland vor Gericht gestellt werden. Münch äußerte die Hoffnung, dass solche Prozesse auch stattfinden werden. Bisher stünden die Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine noch "ganz am Anfang".

Weltrechtsprinizp
Nach dem Weltrechtsprinzip werden bestimmte Taten, darunter Verbrechen gegen die Menschlichkeit, in Deutschland auf dessen Basis auch dann verfolgt, wenn weder Deutsche beteiligt waren noch sonstige Verbindungen zur Bundesrepublik bestanden.

Noch keine Verfahren gegen Verdächtige

Der Generalbundesanwalt, in dessen Auftrag das BKA ermittelnd tätig sei, führe derzeit ein Strukturermittlungsverfahren, aber noch keine Verfahren gegen einzelne Verdächtige, sagte Münch. Das BKA nutze auch geheimdienstliches Material, etwa vom Bundesnachrichtendienst (BND). Dieser hat unter anderem Funksprüche russischer Soldaten mitgeschnitten, in denen diese freimütig über Gräueltaten an der Zivilbevölkerung berichteten.

Auch von Diensten der Partnerstaaten gingen Informationen ein, die für Strafverfahren relevant seien. Erwogen werde auch, künftig deutsche Ermittler in die Ukraine zu schicken, sagte Münch. Dafür wäre aber ein internationales Mandat erforderlich. Auch Sicherheitsfragen müssten berücksichtigt werden.

Seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine im Februar sind laut den Vereinten Nationen mehr als 4000 Zivilisten getötet worden. Mindestens 4900 weitere hätten Verletzungen erlitten, wie das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte Anfang Juni mitgeteilt hatte.

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