Fragen und Antworten Wem nützt das Betreuungsgeld?

Stand: 09.11.2012 10:40 Uhr

Die Debatte um das geplante Betreuungsgeld ähnelt einem Glaubenskrieg. Doch wer würde davon profitieren? Und wieviel kostet das Betreuungsgeld die Steuerzahler?

Wer soll vom Betreuungsgeld profitieren?

Das Betreuungsgeld soll ab dem 1. August 2013 an Eltern gezahlt werden, die für ihre Kinder zwischen dem 15. und 36. Lebensmonat keine staatlich geförderte Betreuung in Anspruch nehmen. Dazu gehören zum Beispiel öffentliche Kindertagesstätten oder von den Kommunen bezuschusste Tagesmütter.

Auch wenn beide Eltern berufstätig sind, können sie Anspruch auf Betreuungsgeld haben, nämlich dann, wenn sie ihre Kinder privat, zum Beispiel von den Großeltern oder einem Au Pair, betreuen lassen.

Das Gesetz sieht zudem eine Härtefallregelung vor. Das Betreuungsgeld soll demnach auch dann gewährt werden, wenn vorübergehend, zum Beispiel wegen Erkrankung eines Elternteils, ein Kitaplatz beansprucht wird.

Die Union einigte sich zuletzt darauf, dass Eltern das Geld nur dann erhalten, wenn sie für ihre zu Hause betreuten ein- und zweijährigen Kinder Vorsorgeuntersuchungen nachweisen. Zudem können Eltern beim Betreuungsgeld zwischen einer Barzahlung und einem Beitrag zur Altersvorsorge wählen. Wer das Betreuungsgeld zur Rentenaufstockung verwendet, soll noch einmal einen Zuschuss erhalten. Die FDP lehnte diesen Vorschlag zunächst ab.

Das Betreuungsgeld soll nur Eltern zu Gute kommen, deren Kinder seit dem 1. August 2012 geboren wurden.

Wie hoch soll das Betreuungsgeld ausfallen?

Vorgesehen ist eine schrittweise Einführung des Betreuungsgeldes. Bei der geplanten Einführung 2013 sollen Eltern von Kindern im zweiten Lebensjahr zunächst 100 Euro monatlich erhalten. Ab 2014 soll das Geld auch für Kinder im dritten Lebensjahr gezahlt werden. Das Betreuungsgeld soll dann für alle Anspruchsberechtigten 150 Euro betragen.

Wird das Betreuungsgeld nur bar ausgezahlt?

Nein, Eltern sollen auch das Recht bekommen, auf eine Barauszahlung zu verzichten. Sie können statt dessen das Geld zur privaten Altersvorsorge oder für die Ausbildung der Kinder anlegen - das sogenannte "Bildungssparen". In diesem Falle sollen sie sogar einen zusätzlichen Bonus von 15 Euro pro Monat bekommen.

Bekommen Hartz-IV-Empfänger Betreuungsgeld?

Hartz-IV-Empfänger werden nach den bisherigen Plänen leer ausgehen. Zwar soll ihnen das Betreuungsgeld ausgezahlt werden, doch soll die Leistung in vollem Umfang auf das Arbeitslosengeld II angerechnet werden.

Wie teuer wird das Betreuungsgeld für den Bundeshaushalt?

Für 2014 rechnet die Bundesregierung mit etwa 1,2 Milliarden Euro. Unklar ist jedoch, ob es dabei bleiben wird. Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) geht von zwei Milliarden Euro aus. Grund dafür könnten ausgerechnet fehlende Betreuungsplätze sein, für die es ab 2013 einen Rechtsanspruch gibt.

Warum plant die Bundesregierung die Einführung des Betreuungsgeldes?

Das Betreuungsgeld ist Teil des Koalitionsvertrags zwischen CDU, CSU und FDP. Vor allem die CSU um Parteichef Horst Seehofer drängt auf die Einführung. Das wichtigste Argument der Befürworter ist, eine "Wahlfreiheit zu anderen öffentlichen Angeboten und Leistungen zu ermöglichen". So steht es im Koalitionsvertrag. Auch Gerechtigkeitsaspekte werden ins Feld geführt. So würden Kitas staatlich gefördert, doch davon hätten Eltern nichts, die ihr Kind zu Hause betreuten.

Welche Kritik gibt es?

Kritik am Betreuungsgeld kommt von allen Seiten - nicht nur von der Opposition, auch innerhalb der Regierungskoalition gibt es viele Gegner. Vor allem in der FDP gibt es Widerstand, aber auch innerhalb der Union ist die Leistung umstritten. Gegenwind schlägt dem Projekt auch von Verbänden, Gewerkschaften, Kommunen und aus der Wirtschaft entgegen.

Das Betreuungsgeld, von Gegnern auch als "Herdprämie" tituliert, setzt nach Auffassung der Kritiker falsche Anreize. Sie befürchten, dass vor allem Kinder aus sozial schwachen Familien von der frühkindlichen Bildung in den Kitas ferngehalten werden. Sie monieren außerdem, dass vor allem Frauen von der Erwerbstätigkeit abgehalten werden.

Ebenso spielen finanzielle Aspekte eine Rolle. So meinen einige Kritiker, dass die Einführung einer neuen Leistung in Zeiten der Schuldenbremse das falsche Signal sei. Viele fordern, das Geld lieber in den Ausbau von Kindertagesstätten statt in das Betreuungsgeld zu investieren.

Welche Erfahrungen gibt es?

Eine Studie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung über das Betreuungsgeld in den drei skandinavischen Ländern Finnland, Norwegen und Schweden zeigt, dass unter den Leistungsempfängern Frauen mit geringer Bildung, niedrigem Einkommen und Migrationshintergrund in allen Ländern überrepräsentiert sind.

Zusammengestellt von Christine Richter für tagesschau.de

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