Weidel beim AfD-Parteitag in Essen

Weidel auf AfD-Parteitag "Wir sind hier - und wir werden bleiben"

Stand: 29.06.2024 13:40 Uhr

Mit scharfen Angriffen gegen die Regierung hat die AfD-Vorsitzende Weidel den Parteitag in Essen eröffnet. Von den Protesten vor der Halle lasse man sich nicht einschüchtern. Die Idee, die Doppelspitze abzuschaffen, ist vorerst vom Tisch.

In Essen hat der Bundesparteitag der AfD begonnen. Zum Auftakt hielt Co-Parteichefin Alice Weidel eine Rede vor den etwa 600 Delegierten. In einem Rundumschlag kritisierte sie den Kurs der Ampelkoalition, die eine "Politik gegen die eigene Bevölkerung" mache. Die Folge sei eine "Deindustrialisierung Deutschlands" und eine "Migrationskrise". Das Land sei "zu einem Ponyhof verkommen". Die Bundesregierung müsse zurücktreten und den Weg für Neuwahlen freimachen.

Sollte die AfD in Deutschland regieren, würde sie am ersten Tag das gerade in Kraft getretene Staatsbürgerschaftsgesetz kassieren - ebenso wie das Selbstbestimmungsgesetz, mit dem Transmenschen künftig einfacher ihren Geschlechtseintrag und Namen beim Standesamt ändern lassen können.

Mit Blick auf die vergangene Europawahl sprach Weidel von einem turbulenten Wahlkampf. "Es hat geruckelt. Es hat gekracht." Dennoch habe man ein hervorragendes Ergebnis eingefahren, insbesondere in Ostdeutschland.

Im Europäischen Parlament wolle man nun vor allem die Interessen Deutschlands vertreten. Die "Umverteilung" von Steuergeldern an "Schuldenstaaten" gehöre nicht dazu. Außerdem warnte sie vor einem möglichen Beitritt der Ukraine zur EU.

Rumoren an der Basis

Sie rechtfertigte die Entscheidung der Parteiführung, sich vor der Wahl von skandalbelasteten Kandidaten distanziert zu haben - ohne die Namen der beiden betroffenen Kandidaten Maximilian Krah und Petr Bystron ausdrücklich zu nennen.

Diese Distanzierung hatte in Teilen der Basis für Unmut gesorgt. "In solchen Situationen ist das Trainergespann gefragt", sagte Weidel. "Es kann gezwungen sein, taktische Auswechslungen vorzunehmen." In schwierigen Lagen könne es "besser sein, jemanden zeitweise vom Feld zu nehmen". 

Mit der Wortwahl "Gespann" wollte sie möglicherweise Parteifreunden den Wind aus den Segeln nehmen, die im Vorfeld des Parteitags vermuteten, Weidel wolle den Co-Vorsitzenden Tino Chrupalla zur Seite schieben und sich jetzt schon als Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl in Stellung bringen.

Solche Überlegungen sind vorerst vom Tisch. Am Mittag entschieden die Delegierten mit deutlicher Mehrheit, dass die Partei auch künftig von einer Doppelspitze geführt wird.

Die AfD will bei ihrem zweitägigen Treffen den gesamten Vorstand neu wählen. Sowohl Weidel als auch Chrupalla haben angekündigt, wieder für den Vorsitz antreten zu wollen. Chrupalla rechnete im Gespräch mit Phoenix mit großem Rückhalt. Das Duo aus Weidel und ihm habe sich bewährt. In der Diskussion ist auch, einen Generalsekretärsposten zu schaffen. Das könne zur weiteren Professionalisierung der Partei beitragen, so Chrupalla.

"Wir wollen regieren"

In seiner Rede vor dem Delegierten warb er ebenfalls für mehr Professionalität. Statt 15,9 Prozent hätte die AfD 20 Prozent holen können, sagte der Vorsitzende. "Wir müssen unsere Kandidaten künftig genauer ansehen."

Er brachte den Machtanspruch der Partei auf den Punkt: "Wir wollen regieren - erst im Osten, dann im Westen, dann im Bund." Zudem strich Chrupalla die Mitgliederentwicklung heraus. Ihm zufolge hat die AfD mit jetzt 46.881 Mitgliedern 17.723 Mitglieder mehr als noch Anfang 2023. Bis zum Herbst werde man die 50.000 überschreiten. 

Weidel: Proteste in Essen undemokratisch

Weidel kommentierte zum Auftakt auch die massiven Proteste außerhalb der Essener Grugahalle, in der der Parteitag stattfindet. Diese hätten nichts mit Demokratie zu tun, weil sie sich gegen eine demokratische Partei richteten, die ihre Rechte ausübe. Man lasse sich davon nicht einschüchtern. "Wir sind hier - und wir werden bleiben."

Nach Beobachtung von ARD-Reporter Martin Schmidt erhielt Weidel für ihre Worte vergleichsweise wenig Applaus. Am Ende der Rede hätten die Delegierten fast animiert werden müssen, für die Parteichefin aufzustehen. Allerdings wüssten alle in der Halle, dass sie an der Basis sehr beliebt sei, sodass man nicht auf sie verzichten könne.

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