Das CDU-Logo in der Fensterfront des Konrad-Adenauer-Hauses in Berlin
Analyse

Generationenwechsel Wie sich die CDU erneuern könnte

Stand: 05.10.2021 09:04 Uhr

Für den Unions-Kanzlerkandidaten Laschet geht es um viel. Parteikollegen fordern eine Erneuerung der CDU. Doch wie könnte diese Neuausrichtung aussehen?

Eine Analyse von Michael Stempfle, ARD Berlin

Seit der lauten Klatsche für die Union bei der Bundestagswahl diskutieren die Abgeordneten in Berlin hinter den Kulissen mindestens ebenso laut über eine Erneuerung ihrer Partei. Ein Neuanfang inhaltlicher und personeller Art müsse es sein, heißt es. Das eine gehe nicht ohne das andere. Damit ist längst nicht nur ein neues Gesicht an der Parteispitze gemeint, sondern der Generationenwechsel insgesamt für die wichtigen Ämter im Vorstand und im Präsidium.

Der Grund liegt für viele Parteimitglieder auf der Hand: Die Generation der Wolfgang Schäubles und Volker Bouffiers habe der Union Armin Laschet als Kanzlerkandidat "angetan" - und damit die bittere Niederlage zu verantworten. Die sei der beste Beweis dafür, dass den Älteren in der Union jedes Gespür verloren gegangen sei, welcher Politiker-Typ in der Bevölkerung eigentlich im Jahr 2021 ankomme und gerade auch jüngeren Wählern vermittelbar sei. Kurz gesagt: Aus Sicht der Jüngeren haben es die Älteren verbockt.

Erneuerung mit Merz?

Beispiel Parteispitze: Längst hat hinter vorgehaltener Hand das Spekulieren begonnen: Glaubt Friedrich Merz wirklich, dass ausgerechnet er im Rentenalter für eine Erneuerung der Union stehen könnte? Möglicherweise ja. Da dürften aber die jüngeren Mitbewerber etwas dagegen haben.

Zu den Jüngeren, die sich das zutrauen, zählt seit geraumer Zeit Jens Spahn (41). Er ist mit dem österreichischen Kanzler Sebastian Kurz befreundet, steht etwa beim Thema Migration für einen konservativen Kurs. Als Gesundheitsminister hat er die Corona-Krise gemanagt - und von hohen Zustimmungswerten bis hin zu übelsten Beschimpfungen von Corona-Leugnern so ziemlich jedes Hoch und Tief erlebt.

Sebastian Kurz

Österreichs Kanzlers Kurz: Sein Erneuerungskurs bei der ÖVP ist für manche bei der CDU ein Vorbild.

Seine guten Drähte zu FDP-Chef Christian Lindner könnten ihm möglicherweise noch zugutekommen. Nämlich dann, wenn die Ampel-Verhandlungen von SPD, Grünen und FDP scheitern und anschließend noch einmal Gespräche über Jamaika geführt werden sollten. Klar ist aber auch, dass seine Widersacher dann alte Vorwürfe gegen Spahn aufs Tablett bringen könnten: etwa den überteuerten Kauf von minderwertigen Masken.

Röttgen ist zurück

Etwas überraschend ist Norbert Röttgen der Sprung zurück ins Rampenlicht gelungen, nachdem er bei der letzten Wahl zum Parteivorsitzenden viele in der Union enttäuscht hatte. Als ehemaliger Umweltminister dürfte er vor allem den Grünen wohlgesonnen sein - für mögliche Jamaika-Gespräche im Fall der Fälle. Sein Nachteil: Innerhalb der Union gilt er als nicht gut verdrahtet. Er habe zu wenig Truppen hinter sich, heißt es.

Norbert Röttgen

CDU-Politiker Norbert Röttgen: Zurück im Rampenlicht

Einer, der sich bislang vornehm zurückhält, ist der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther. Sein großer Vorteil: Er kann sowohl mit Grünen als auch mit der FDP. Das beweist er nicht nur in seiner Jamaika-Regierung in Kiel, sondern auch dadurch, dass er den Hardliner Sebastian Kurz aus Österreich nicht zum Vorbild stilisiert oder gar Verschärfungen in der Migration fordert. Für viele ein Kurs der Mitte wie unter Merkel. Hinzu kommt: Günther steht im kommenden Jahr eine Landtagswahl bevor. Möglicherweise könnte er alles auf eine Karte setzen - und sich nicht nur als Ministerpräsident, sondern auch als Parteichef bewerben.

Egal, wer das Ruder übernimmt, die jünger Generation wird sich mit einem Wechsel an der Spitze der Partei nicht zufriedengeben. Es müsse Nachrücker im Vorstand und Präsidium geben.

Carsten Linnemann

Carsten Linnemann,Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion: Gewinnt er künftig an Einfluss?

Hoffnungsträger aus den Ländern?

Einer der an Einfluss gewinnen dürfte, ist Carsten Linnemann, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion. Überhaupt gehe es nicht nur um neue Gesichter, heißt es hinter den Kulissen. Die Figuren müssten mit ihrer Vita auch Kompetenzen vertreten.

Einige Hoffnungsträger sollten auch aus den Landesverbänden kommen, heißt es. In der Tat stehen gerade auch dort Generationenwechsel an: In Nordrhein-Westfalen soll der bisherige Verkehrsminister Hendrik Wüst zum Zug kommen und Armin Laschet beerben. In Rheinland-Pfalz macht Julia Klöckner den Platz frei. Wer ihr Nachfolger werden könnte, ist noch offen. Gute Chancen hat wohl Christian Baldauf, Oppositionsführer im rheinland-pfälzischen Landtag.

Ebenso wird in Hessen ein Generationenwechsel erwartet. Da werden die Ministernamen Peter Beuth und Lucia Puttrich genannt. Nicht ganz so einfach ist die Situation in Baden-Württemberg. Ob Bundestagsabgeordnete wie Thorsten Frei und Andreas Jung Lust hätten, Verantwortung in Stuttgart zu übernehmen, ist offen. In jedem Fall sollten die Neuen dann nicht nur in den Landesverbänden das Ruder übernehmen, sondern auch im Bund mehr zu sagen haben. Vorausgesetzt natürlich, sie würden bei einem Parteitag in die wichtigen Gremien gewählt werden.

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