Eine Einbürgerungsurkunde der Bundesrepublik Deutschland liegt auf einem Tisch.
FAQ

Pläne des Innenministeriums Wie Einbürgerung erleichtert werden soll

Stand: 28.11.2022 13:03 Uhr

Das Bundesregierung will neue Einbürgerungsregeln, doch es gibt Streit über die Pläne des Innenministeriums. Welche Änderungen sind darin genau vorgesehen?

Die Ausgangslage

In Deutschland leben 10,7 Millionen Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit, 5,7 Millionen von ihnen sind schon seit mindestens zehn Jahren hier. Der Anteil von Einbürgerungen ist seit langer Zeit auf niedrigem Niveau: Nur 2,45 Prozent der seit mindestens zehn Jahren in Deutschland lebenden Bevölkerung wurde 2021 eingebürgert. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern steht Deutschland im hinteren Drittel. Im Durchschnitt wurden in der EU zwei Prozent der im jeweiligen Land lebenden Bevölkerung eingebürgert - in Deutschland nur 1,3 Prozent.

Um die Hürden für die Einbürgerung zu verringern, will das Bundesinnenministerium das Staatsangehörigkeitsgesetz ändern. Bereits vor der offiziellen politischen Betrachtung haben sich mehrere Politikerinnen und Politiker zum Entwurf des Ministeriums geäußert. Innenministerin Nancy Faeser sagte dem "Tagesspiegel", die Reform sei lange überfällig und "eine große Chance, unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken". Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, Deutschland wolle ein modernes Einwanderungsland werden und dazu gehöre auch, "dass wir schneller, besser und mehr einbürgern".

Die Union kritisierte die Pläne - es müsse weiter "erst Integration, dann Staatsbürgerschaft gelten", sagte etwa CDU-Generalsekretär Mario Czaja der "Rheinischen Post". Wer sich nicht integrieren wolle, müsse das Land wieder verlassen, sagte auch FDP-Fraktionschef Christian Dürr den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Welche Hürden sollen konkret abgebaut werden?

Die Fristen, wie lange man in Deutschland leben muss, um eingebürgert zu werden, sollen verringert werden. Außerdem soll es möglich sein, neben der deutschen auch andere Staatsangehörigkeiten zu haben. Für Menschen über 67 gibt es Erleichterungen beim Sprachnachweis und beim Einbürgerungstest. Statt einiger schwammiger Formulierungen sollen konkrete Gründe festgeschrieben werden, wann eine Einbürgerung ausgeschlossen wird.

Welche neuen Fristen sind geplant?

Bislang mussten Menschen vor ihrer Einbürgerung mindestens acht Jahre in Deutschland leben. Diese Mindestaufenthaltsdauer soll nach den Plänen des Innenministeriums auf fünf Jahre herabgesetzt werden. Bei Menschen, die besondere Anstrengungen unternommen haben, etwa durch schulische oder berufliche Leistungen, ehrenamtliches Engagement oder besonders gute Sprachkenntnisse, soll die Frist sogar auf drei Jahre verkürzt werden können.

Kinder von Menschen mit ausländischen Pass sollen ohne Vorbehalt die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern ebenso wie die deutsche erhalten, wenn der maßgebliche Elternteil sich seit fünf Jahren in Deutschland aufhält. Zuvor lag die Frist auch hier bei acht Jahren.

Warum sollen mehrere Staatsbürgerschaften möglich sein?

Der Entwurf des Innenministeriums sieht vor, dass der Grundsatz zur Vermeidung von Mehrstaatigkeit aufgegeben wird. Das bedeutet, dass Menschen nicht mehr ihre Staatsangehörigkeit eines anderen Landes aufgeben müssen, um die deutsche zu erhalten. Damit soll das Einbürgerungsverfahren vereinfacht und beschleunigt werden.

"Bereits seit über 15 Jahren werden fast durchgängig mehr als die Hälfte aller Einbürgerungen unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit vollzogen", heißt es in dem Entwurf. Die Tendenz sei kontinuierlich steigend, mit 59,3 Prozent der Einbürgerungen im Jahr 2018 im Vergleich zu 69 Prozent im Jahr 2021. Dies komme auch durch Wiedergutmachungseinbürgerungen oder Spätaussiedler zustande.

Die Mehrstaatigkeit werde wahrscheinlich dazu führen, dass mehr Menschen ermuntert werden, die deutsche Staatsangehörigkeit zu beantragen, sagte Migrationsexpertin Petra Bendel im Interview mit tagesschau.de. "Forschungsergebnisse zeigen, dass gerade die Bedingung, bei der Einbürgerung die bisherige Staatsangehörigkeit aufzugeben, eine große Hürde ist", so Bendel.

Warum gibt es Sonderregeln für Ältere?

Für Menschen ab 67 Jahren sollen leichtere Einbürgerungsvoraussetzungen gelten - sie müssen zum Beispiel nur noch in einem mündlichen Sprachtest zeigen, dass sie sich ohne Problem im Alltagsleben in deutscher Sprache verständigen können. Sie müssen auch keinen Einbürgerungstest mehr machen. Dabei gehe es darum, die "Lebensleistung der sogenannten Gastarbeitergeneration" zu würdigen, heißt es in dem Entwurf. Sie habe einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung geleistet.

"Da die sogenannten Gastarbeiter zunächst nur vorübergehend zu Arbeitszwecken in Deutschland bleiben sollten, haben sie in der Vergangenheit keine oder nur wenig Integrationsangebote - wie Sprachförderung oder Integrationskurse - erhalten", heißt es in dem Entwurf.

Mehr als zwei Drittel der über 67-Jährigen ohne deutsche Staatsangehörigkeit sei schon seit über 25 Jahren in Deutschland, und die durchschnittliche Aufenthaltsdauer liege bei 31 Jahren, sagt Migrationsexpertin Bendel.

Wie geht es weiter?

Der Entwurf, der nun bekannt geworden ist, ist ein Referentenentwurf des Bundesinnenministeriums. Er wird inhaltlich mehrfach überarbeitet. Dann berät das Kabinett darüber und stimmt ab - also alle an der Regierung beteiligten Minister unter Leitung des Bundeskanzlers. Anschließend wird er zum förmlichen Regierungsentwurf, der erst dann im Bundestag besprochen werden kann.

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