Eine elektronenmikroskopische Aufnahme zeigt das Coronavirus SARS-CoV-2.
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Corona-Studie falsch zitiert Kein Hinweis auf Krebs durch Impfstoffe

Stand: 01.12.2021 14:33 Uhr

Irreführende Behauptung: Durch Corona-Impfstoffe produzierte Spike-Proteine sollen Krebs auslösen. Das geht angeblich aus einer Studie hervor. Die Behauptung wird von den Autoren aber gar nicht aufgestellt.

Von Wulf Rohwedder Redaktion ARD-faktenfinder

Vektor-, mRNA- und DNA-Impfstoffe funktionieren nach einem ähnlichen Prinzip: Sie bringen Zellen dazu, Spike-Proteine herzustellen, wie sie auch auf der Oberfläche der Sars-CoV-2-Viren zu finden sind. Das Immunsystem greift diese Fremdproteine an und "erlernt", so gegen das Virus vorzugehen.

Laut einer Studie könnte die Produktion der Proteine aber eine weitere Wirkung zeigen: "SARS-CoV-2 Spike Impairs DNA Damage Repair and Inhibits V(D)J Recombination In Vitro" (SARS-CoV-2 Spike behindert DNA-Schadensreparatur und hemmt V(D)J-Rekombination in vitro) lautet der Titel eines Papiers, in dem Forscher mögliche Bedenken formulieren.

Experiment nur unter Laborbedingungen

Die Erkenntnisse der Autoren basieren auf In-Vitro-Experimenten, also Versuchen mit isolierten Zellen außerhalb des Körpers. Dabei setzten sie Nierenzellen verschiedenen Proteinen aus, die in Sars-CoV-2-Viren vorkommen - so auch dem Spike-Protein. Bei der Impfung wird das Vakzin jedoch in Muskelzellen gespritzt.

Dabei stellten sie fest, dass die Spike-Proteine auch teilweise in den Zellkern gelangten und dort Reparaturmechanismen am Erbgut der Zelle behindern. In der Folge werde auch der Mechanismus der V(D)J-Rekombination gestört, der eine wichtige Rolle bei der Erkennung von Krankheitserregern spielt. Die Autoren empfehlen deshalb, nicht das komplette Spike-Protein generieren zu lassen, sondern nur modifizierte Versionen davon. Allerdings werden diese bereits in vielen Impfstoffen eingesetzt.

Keine Aussagen über Krebs

Dass die von ihnen entdeckten Phänomene Krebs auslösen könnten, wie es in den sozialen Medien verbreitet wird, behaupten die Autoren in ihrer Studie überhaupt nicht. Theoretisch wäre es möglich, dass Krebserkrankungen durch Hemmungen der DNA-Reparaturmechanismen ausgelöst werden - hierfür müssten diese aber dauerhaft geschädigt werden, was durch eine kurzfristige Beeinflussung durch Spike-Proteine nicht der Fall ist.

Kritiker der Studie bemängeln zudem, dass hier eine künstliche Laborsituation geschaffen wurde, in denen Zellen extrem hohen Mengen des Proteins ausgesetzt wurden. Dies käme in der Realität nicht vor. Die große Dosis, die im Experiment verwendet wurde, könne schon von sich aus toxisch auf die Zelle auswirken. Die Spike-Proteine seien außerdem so modifiziert worden, dass sie dadurch möglicherweise in den Zellkern gelangen könnten, was bei den durch die Impfstoffe generierten Proteine nicht der Fall sei, erklärt die Leiterin der Forschungsgruppe Biochemie und Bioorganische Chemie an der Universität Leipzig, Annette Beck-Sickinger, gegenüber der AFP.

Universität distanziert sich

Inzwischen hat sich auch die Universität Stockholm zu der Studie geäußert: "Die Publikation weist nicht nach, dass durch Impfungen generierte Spike-Proteine den menschlichen DNA-Reparaturmechanismus und andere Reaktionen des adaptiven Immunsystems übernehmen, erklärte ein Sprecher gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. "Wir haben die Forschung in diesem Artikel untersucht und Fehler in der Qualität der Arbeit und der Interpretation der Daten festgestellt. Die Autoren haben daher die Fachzeitschrift kontaktiert und um eine Rücknahme des Artikels gebeten."

Die Meldungen über angeblich verheerende Nebenwirkungen der Impfstoffe beschäftigt auch Nutzerinnen und Nutzer von tagesschau.de, die sich in Zuschriften an die Redaktion wandten und um Aufklärung baten. Doch die Behauptung, eine Studie habe gezeigt, dass Corona-Impfstoffe Krebs auslösen könnten, ist falsch. Dies war von den Forschern gar nicht behauptet worden - zudem zogen sie ihre Publikation wegen offenkundiger Mängel mittlerweile zurück.

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