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Europawahl

Länder im Vergleich Welche EU-Staaten beim Wachstum vorn liegen

Stand: 04.06.2024 16:48 Uhr

Deutschlands Konjunkturschwäche belastet die Europäische Union. Doch längst nicht die gesamte EU lahmt wirtschaftlich. Manche Länder und Regionen schaffen ein relativ gutes Wachstum.

Von Ulrich Ueckerseifer, WDR

Die Europawahl findet in einer für die Europäische Union wirtschaftlich schwierigen Zeit statt. Das Wachstum ist schwach, die Verschuldung in vielen Ländern hoch, außerdem ist die EU eingeklemmt zwischen den ökonomischen Weltmächten USA und China und mit großen technologischen Umbrüchen konfrontiert.

Die Konjunkturschwäche ist besonders in Deutschland zu beobachten. Die Wirtschaft wird hierzulande in diesem Jahr voraussichtlich um 0,5 Prozent wachsen, in der Eurozone insgesamt um 1 Prozent. Deutlich stärker wächst die Wirtschaft nach einer Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) in den USA (2,7 Prozent) und in China (4,6 Prozent).

Wie stehen die Länder und Regionen der EU im Vergleich da? Ein Blick auf die großen Länder Frankreich, Italien und Spanien, sowie Nord- und Osteuropa.

Frankreich - Wachstum auf Pump

Die französische Regierung unter Präsident Emmanuel Macron setzt stark auf die Förderung der Wirtschaft und hat in den vergangenen Jahren so hohe Investitionen ins Land geholt - anders als Deutschland. Bei ausländischen Investitionen steht Frankreich in Europa an erster Stelle.

Ein Grund dafür ist, dass Frankreich die Unternehmenssteuern massiv von 33 Prozent auf 25 Prozent gesenkt hat. So wurde das Land von einem der in dieser Hinsicht teuersten Standorte zu einem relativ günstigen.

Der Haken an der Steuersenkung: Der Staat verschuldet sich weit mehr als er sollte. Statt der angestrebten drei Prozent Neuverschuldung waren es im vorigen Jahr rund fünf Prozent, für dieses Jahr sieht die Prognose ähnlich aus.

Frankreich nimmt also in diesem Jahr voraussichtlich im Verhältnis zu seiner Wirtschaftsleistung rund dreimal so viel neue Schulden auf wie Deutschland - und das Wachstum der Wirtschaft ist zum Teil auf Pump finanziert. Trotzdem reicht das in diesem Jahr voraussichtlich nur für ein Wachstum von knapp einem Prozent.

Die Ausgabenfreude der französischen Regierungen im Vergleich zu Deutschland zeigt sich beim Blick auf die langfristige Entwicklung der Staatsschulden. Die Staatsverschuldung hat sich von rund 80 Prozent im Vergleich zur Wirtschaftsleistung im Jahr 2010 auf jetzt rund 110 Prozent erhöht. In Deutschland war die Verschuldung 2010 auf einem vergleichbaren Niveau, ist seitdem im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung aber deutlich gesunken.

Italien - hohe Schulden, gesunde Firmen

Hohe Schulden und schwaches Wachstum von voraussichtlich nur 0,7 Prozent in diesem Jahr - die wirtschaftliche Lage in Italien ist nicht gut.

Das Wachstum liegt zwar leicht höher als in Deutschland, ist aber - wie in Frankreich - mit einer sehr hohen Neuverschuldung von voraussichtlich knapp fünf Prozent in diesem Jahr erkauft. Italien hat nach Griechenland die mit Abstand höchsten Schulden im Vergleich zur Wirtschaftsleistung in der EU.

Was aufgrund der auf den ersten Blick schlechten ökonomischen Zahlen manchmal übersehen wird: Vielen italienische Unternehmen geht es gut.

Neben den traditionellen italienische Exportschlagern wie Wein, Käse, Olivenöl und Mode ist gerade die in Norditalien angesiedelte Wirtschaft der in Deutschland sehr ähnlich und exportstark: in den Branchen Maschinenbau, Chemie und Pharma.

Spanien - hohe Arbeitslosigkeit trotz stabiler Konjunktur

Spanien geht es wirtschaftlich besser als den anderen großen europäischen Ländern. Aktuell und in den Prognosen zeigt sich ein stabiles Wirtschaftswachstum von rund zwei Prozent. Ein wichtiger Grund sind die vielen Touristen, die ins Land kommen.

Gleichzeitig ist die Neuverschuldung mit rund drei Prozent zwar nicht niedrig, aber noch im Rahmen. Das große Problem Spaniens ist die immer noch sehr hohe Arbeitslosigkeit. Sie liegt mit einer Quote von zwölf Prozent doppelt so hoch wie im Durchschnitt der EU.

Wachstum in Osteuropa stärkt die EU

Die meisten osteuropäischen Länder haben ein im Vergleich gutes Wachstum. So wird die Wirtschaft etwa in Polen, Ungarn und der Slowakei in diesem Jahr laut Prognosen um mehr als zwei Prozent wachsen.

Für Achim Wambach, den Präsidenten des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim, ist die Kombination aus gutem Wachstum, niedriger Verschuldung und ebenfalls niedriger Arbeitslosigkeit in dieser Region ein großer Vorteil für die EU insgesamt.

Nordeuropa: Schwindende Kaufkraft belastet Wirtschaft

Seit vielen Jahren stehen die nordischen Staaten in vielen ökonomischen Vergleichen gut da - doch derzeit läuft es dort nicht so rund wie in früheren Jahren.

Beispiel Schweden: Dort zahlen viele Menschen hohe Immobilienkredite ab. Das war zu Zeiten niedriger Zinsen kein Problem, ist es aber jetzt. Gemeinsam mit der hohen Inflation des vorigen Jahres kostet das eine Menge Kaufkraft, die Menschen können sich weniger leisten.

Die Folge ist, dass das noch vor einigen Jahren sehr starke Wirtschaftswachstum derzeit ähnlich schwach ist wie in Deutschland und in diesem Jahr voraussichtlich nur bei 0,2 Prozent liegen wird. Pluspunkt: Die schwedische Staatsverschuldung ist eine der niedrigsten in Europa und gerade mal halb so hoch wie in Deutschland.

Zu wenig innovativ?

Nach Einschätzung Wambachs liegen die ökonomischen Probleme der EU auf der Hand: Neben dem aktuell schwachen Wachstum und der in vielen Ländern hohen Verschuldung seien das unter anderem die im Vergleich zu den USA geringere Innovationskraft, die geringere Bereitstellung von Risikokapital für junge Unternehmen und die hohe Abhängigkeit von China, etwa bei Rohstoffen.

Als Teil der Lösung sieht Wambach den Ausbau von bisher nationalen Märkten zu echten gemeinsamen Märkten: Der Energiemarkt, der Markt für Telekommunikation und der Kapitalmarkt hätten nach seiner Einschätzung als echte gemeinsame Märkte große ökonomische Vorteile für Europa. Dies gelte auch für eine gemeinsame Beschaffung von Rüstungsgütern.

Höhere Investitionen in Forschung und Entwicklung seien notwendig, zumal viele EU-Länder bei der Digitalisierung hinterherhinkten. Ein umfangreicher Bericht, wie die Wettbewerbsfähigkeit der EU gesteigert werden kann, soll in einigen Wochen in Brüssel vorgestellt werden - allerdings erst nach der Europawahl.

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