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Beiträge der Mitgliedstaaten Ist die EU ein Verlustgeschäft für Deutschland?

Stand: 07.06.2024 17:07 Uhr

Deutschland zahlt mehr Geld in EU-Töpfe, als es daraus erhält - es ist ein sogenannter Nettozahler. Aber bedeutet diese Rechnung, dass die Deutschen ohne die Europäische Union besser dran wären?

Von Ilias Hamdani, ARD Brüssel

Die EU finanziert ihren Haushalt hauptsächlich über die Beitragszahlungen der Mitgliedsländer - und Deutschland gibt am meisten. Das ist auch kein Wunder, denn Deutschland ist die größte Volkswirtschaft in der Union und die Beitragszahlungen sind an die Wirtschaftskraft der EU-Mitgliedstaaten gekoppelt. Nach Berechnungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) hat Deutschland im Jahr 2022 insgesamt 19,7 Milliarden Euro mehr in den EU-Haushalt eingezahlt, als es erhalten hat - fast doppelt so viel wie der zweitgrößte Nettozahler Frankreich.

Auch wenn man den Pro-Kopf-Betrag betrachtet, ist Deutschland mit großem Abstand Zahlmeister der EU. Gewinner dieser Rechnung sind vor allem Polen und Rumänien: Sie erhalten - absolut betrachtet - am meisten Geld aus den EU-Töpfen.

Ostdeutschland profitiert von Kohäsionsfonds

Die beiden größten Brocken im EU-Budget: Die Förderung der europäischen Landwirtschaft und der sogenannte Kohäsionsfonds. Allein diese beiden Kostenpunkte machen knapp zwei Drittel der EU-Ausgaben aus.

Der Großteil der Landwirtschafts-Subventionen geht in Form von Direktzahlungen an die Landwirte. Die Höhe bemisst sich nach der Größe der Höfe und ist kaum an Auflagen geknüpft. Große Betriebe, die oft sowieso besser dastehen als der Durchschnitt, bekommen mehr. Deutsche Landwirte haben im vergangenen Jahr im Durchschnitt 156 Euro pro Hektar bekommen.

Mit dem Kohäsionsfonds werden Projekte in strukturschwachen EU-Regionen finanziert - zum Beispiel Brücken, U-Bahnen oder Flughäfen. Das soll die regionale Wirtschaft stärken und einheitlichere Wettbewerbsbedingungen innerhalb der Union schaffen. Von EU-Fördergeldern profitieren auch strukturschwächere Regionen in Deutschland, etwa in den ostdeutschen Bundesländern.

Kaum quantifizierbare Vorteile

Dass die EU auch deutsche Projekte fördert, ändert aber nichts daran: Deutschland bezahlt mit seinen Mitgliedsbeiträgen mehr Projekte im EU-Ausland als im eigenen Land. Von einer einfachen Verlustrechnung zu sprechen, wäre aber nicht weit genug gedacht, sagt Samina Sultan vom Institut der Deutschen Wirtschaft. Sie forscht zu den Themen Europa- und Fiskalpolitik und ist sich sicher, dass Deutschland ohne die EU deutlich schlechter dran wäre: "Die EU ist für Deutschland sicher kein Verlustgeschäft. Man kann den Nutzen der EU nicht rein aus diesem Gegenrechnen der Ein- und Ausgaben bestimmen."

Es gebe viele Vorteile, die man kaum quantifizieren könne, sagt Sultan. Deutschland sei aber vor allem ein großer Profiteur des EU-Binnenmarktes. 2022 lieferte Deutschland etwa die Hälfte seiner Exporte in EU-Partnerländer. Der europäische Binnenmarkt ist der größte gemeinsame Markt der Welt.

Nach Angaben der Bundesregierung ist die EU ein "Wohlstandsmotor" für Deutschland. Dass Deutschland Teil des Binnenmarktes ist, mache das Land jedes Jahr rund 68 Milliarden Euro reicher - das bedeutet: Die EU erhöht nach diesen Angaben unser Pro-Kopf-Einkommen um circa 1.000 Euro jährlich.

Negativbeispiel Brexit

Wozu ein EU-Austritt wiederum führen kann, zeigt Samina Sultan vom IW am bislang einzigen Beispiel Großbritannien: Nach ihrer Einschätzung hat der Brexit im Jahr 2020 klar gezeigt, dass Nettozahler nicht zwingend die Verlierer der EU sind. Das Vereinigte Königreich hatte nach Deutschland am meisten Geld in EU-Töpfe eingezahlt. Es war einer der Gründe, wieso die Briten ausgetreten sind.

Vier Jahre später, sagt Sultan, zeigten Studien den negativen Effekt des Brexits: "Schon nach wenigen Jahren sehen wir da einen Einbruch der Wirtschaftsleistung um circa sechs Prozent. Und auf lange Sicht, ich rede da von zehn bis 15 Jahren, sprechen wir über ein Minus von zehn Prozent. Das würde so in etwa 400 bis 500 Milliarden Euro bedeuten."

Würde Deutschland aus der EU austreten, wären die Effekte noch deutlicher als bei Großbritannien, erklärt Sultan. "Würde Deutschland aus der EU austreten, gingen schätzungsweise 2,2 Millionen Jobs hier verloren. Die Verluste hier würden noch viel höher ausfallen."

Das heißt: Auch wenn Deutschland erstmal mehr Geld in den EU-Töpfe einzahlt, als es herausbekommt - die Europäische Union ist ein finanzielles Plus für Deutschlands Wirtschaft.

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