Krabben

Umstrittene Innovation EU testet Elektro-Fischfang

Stand: 21.11.2017 16:47 Uhr

Fischen unter Strom? Niederländische und belgische Fischflotten testen in einem Pilotprojekt für die EU-Kommission eine entsprechende Methode. Denn: Brüssel will im kommenden Jahr den Einsatz von Elektronetzen begrenzt erlauben - und erhofft sich damit einiges. Von Ralph Sina.

Von Ralph Sina, ARD-Studio Brüssel

Fischen unter Strom? Niederländische und belgische Fischflotten testen in einem Pilotprojekt für die EU-Kommission eine entsprechende Methode. Denn Brüssel will im kommenden Jahr den Einsatz von Elektronetzen begrenzt erlauben und erhofft sich damit einiges.

Französische Fischer sind seit einiger Zeit irritiert und verärgert. Und zwar über niederländische Kollegen, die an einem wissenschaftlichen Pilotprojekt der EU-Kommission teilnehmen. Gemeinsam mit belgischen Fischfangflotten testen die Niederländer in der Nordsee Netze, die mit kleinen Elektroden ausgestattet sind.

Bis zu zwanzig Prozent mehr Krabben, Seezungen und Schollen habe er mit seinen Elektronetzen gefangen, berichtet ein niederländischer Fischer stolz.

Hightech-Netze als neue Fischfangtechnik

Die französischen Fischer sind nicht nur alarmiert, sondern auch sauer. Sie können sich die Hightech-Netze, die am Meeresboden ein elektrisches Feld erzeugen, nicht leisten. An dem Pilotversuch der EU-Kommission dürften auch sie teilnehmen. Doch de facto testen nur Belgier und vor allem niederländische Flotten die neue Fischtechnik.

Aufgescheucht und in die Netze getrieben

Die Elektronetze sorgen in jeder Hinsicht für Spannung in der Nordsee, berichtet der Fernsehsender France 2. Denn durch den Strom werden Krabben und Plattfische vom sicheren Meeresboden aufgescheucht und in die Netze getrieben.

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Mit Hightech-Netzen bald auf Krabbenfang?

Leichtes Spiel für die Hightech-Fischer: Sie ziehen ihre Netze in geringem Abstand über den Meeresboden und sammeln quasi "en passant" den paralysierten Fisch auf.

Häufig sind die Stromschläge so stark, dass es den Fischen die Wirbelsäule bricht. Gekrümmt wie ein U landen sie an Bord. Generell erwischt es längere Tiere stärker. Kleine Fische zucken, sind aber nicht tot. Es geht darum, das elektrische Stromfeld so zu dosieren, dass sich nur die großen profitablen Fische im Elektronetz verfangen.

Die Versuchung ist groß

Ob die überlebenden kleine Fische das ohne Schäden tun, ist noch völlig unklar. Und natürlich ist für die Fischer die Versuchung groß, mehr Strom zu geben, um mehr zu fangen. Die Kontrolleure an Land sind schließlich weit weg.

Alternative zu Bodenschleppnetzen?

Die niederländischen Elektrofischer in der Nordsee sehen sich dennoch als Umweltschützer. Das sei gut für Natur. Denn er brauche 60 Prozent weniger Schiffsdiesel als beim Fischen mit schweren Bodenschleppnetzen, erzählt einer von ihnen. Diese gigantischen Kettennetze wühlen und wirbeln den Meeresboden nicht nur auf, sondern zerstören Meeresflora und Fauna: Alles Lebende landet im Netz.

Das alarmierte die EU-Kommission: Bereits vor fünf Jahren wollte die damalige Barroso-Kommission die Fischerei mit Bodenschleppnetzen komplett verbieten. Vergeblich. Die zerstörerische Bodenfischerei macht weiterhin rund 60 Prozent der gesamten Fischerei in EU-Gewässern aus.

Deren Langzeitfolgen sind an der Nordsee deutlich zu sehen. Deren Wasser war vor 100 Jahren nicht nur deutlich heller, sie wimmelte auch von Fischen, Kaltwasserkorallen und Austernbänken. Heute gibt es hauptsächlich Schlamm und Sand.

Besserer Zustand des Meeresbodens

Mit der Elektrofischerei soll sich der Zustand der Meeresböden wieder bessern. Allerdings begrenzt die EU-Kommission den Einsatz der Elektronetze. Denn die Gefahr der Überfischung ist groß. Dennoch ist die EU-Kommission entschlossen, die Methode im kommenden Jahr zu legalisieren.