Verhandlungen zur Wiedervereinigung Neuer Anlauf für eine Zypern-Lösung

Stand: 07.11.2016 04:27 Uhr

Mehr als 40 Jahre ist Zypern geteilt. Alle Versuche für eine Wiedervereinigung scheiterten bislang. Heute gehen in der Schweiz die Verhandlungen weiter. Doch der UN-Botschafter Zyperns bleibt skeptisch, vor allem mit Blick auf die Türkei.

Von Sebastian Schöbel, ARD-Studio Brüssel

Als Jean-Claude Juncker im September seine Rede zur Lage der Europäischen Union hielt, versprach er: Europa sei eine Macht, die bei der Wiedervereinigung Zyperns helfen könne. Denn diese Vereinigung müsse gelingen, so Juncker. Und zwar "jetzt".

Der Satz bekam viel Applaus, ging aber in der Gemengelage etlicher anderer EU-Krisenherde unter. Umso überraschender war es, als die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini im Oktober erklärte: Ein Wiedervereinigungsplan könnte noch in diesem Jahr ausgehandelt werden.

Kornelios Korneliou, der EU-Botschafter der Republik Zypern in Brüssel, kennt den Stand der Gespräche genau - und warnt vor zu viel Optimismus. "Das kann sehr schnell gehen, vorausgesetzt, die Türkei leistet ihren Beitrag", sagt Korneliou. Vor allem bei den beiden wichtigsten Fragen, die noch offen seien: die der Aufteilung des Territoriums der Insel zwischen griechischen Zyprioten und türkischen Zyprioten sowie die Sicherheit der dann wiedervereinten Republik.

Türkei setzt auf militärische Präsenz

Vor allem Letzteres ist schwierig: Etwa 40.000 türkische Soldaten sind noch im besetzen Norden der Insel stationiert. Als militärische Schutzmacht für die türkische Minderheit, heißt es in Ankara. Ihr Abzug sei für die Wiedervereinigung jedoch zwingend notwendig, betont Korneliou: "Zypern wird auch nach der Wiedervereinigung ein EU-Mitglied sein. Und es ist nicht normal, dass ein EU-Mitglied seine Souveränität von einem Drittland garantiert bekommen soll."

Die türkische Regierung davon zu überzeugen, wird nicht leicht, gibt Korneliou zu. Umso wichtiger ist, dass das kleine Zypern die große EU hinter sich weiß. "Zypern als EU-Mitglied hat bessere Chancen, eine Lösung zu finden", ist der EU-Botschafter des Landes überzeugt. Offiziell stehen die Gespräche zwischen beiden Seiten zwar unter UN-Aufsicht, doch ein wichtiger Teil der technokratischen Vorarbeit für das wiedervereinte Zypern wird in Brüssel gemacht: Von einer Arbeitsgruppe, die Kommissionschef Juncker direkt unterstellt ist. Die Arbeitsgruppe hat vor allem zwei Aufgaben: "Erstens, die türkischen Zyprioten für die Übernahme der EU-Gesetzgebung vorzubereiten, und zweitens sicherzustellen, dass das künftige Zypern ein normaler EU-Staat bleibt", sagt Korneliou.

Seit 1974 ist die Insel geteilt. Damals wurde der Norden Zyperns durch die Türkei besetzt, als Reaktion auf einen von Griechenland unterstützten Putsch. Bis heute bewachen UN-Blauhelme die Grenze zwischen beiden Teilen. Frühere Versuche, Zypern wieder zu vereinen, schlugen fehl.

Auch nach Wiedervereinigung auf Hilfe angewiesen

Wie das neue Zypern aussehen soll, steht schon fest: Ein Föderalstaat, in dem sich die griechische und die türkische Volksgruppe die Macht teilen. Und zum Beispiel auch gemeinsam Abgeordnete ins EU-Parlament schicken.

Ein kleines Stück Türkei in der EU also? In der aktuellen Situation sicherlich ein schöner Gedanke: Ein Zeichen für die integrative Kraft Europas. Doch Korneliou stellt klar: Schon jetzt ist eigentlich die gesamte Insel Zypern Teil der EU - auch wenn Brüssels Gesetze im Norden nicht gelten. Im wiedervereinten Zypern wären auch die türkischen Zyprioten EU-Bürger, und keine Stellvertreter Ankaras. "Wir müssen sicherstellen, dass die Türkei keine Stimme in der neuen Republik Zypern haben wird", fordert Korneliou.

Schon jetzt steht aus Kornelious Sicht fest: Zypern wird nach einer Wiedervereinigung Hilfe brauchen, auch finanziell, weil der Norden der Insel durch die militärische Besetzung wirtschaftlich Entwicklungsland sei. Zumal auch die Republik Zypern nach der Finanzkrise mit Milliardenhilfen der EU und des Internationalen Währungsfonds unterstützt werden musste. Korneliou gibt sich realistisch: "Das ist ein langfristiges Projekt, das der EU aber trotzdem viel Gewinn bringen kann."

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