Zypern übernimmt EU-Ratsvorsitz Pleite-Kandidat will Europas Krise lösen

Stand: 02.07.2012 15:17 Uhr

Zypern hat den Ratsvorsitz der EU übernommen. Erst vor wenigen Tagen beantragte das Land Milliardenhilfen des Euro-Rettungsschirms. Trotzdem hat es für seine Ratspräsidentschaft hohe Ziele: Zypern will das Vertrauen in Europa zurückgewinnen und den Europäern Hoffnung geben.

Von Thomas Bormann, ARD-Hörfunkstudio Istanbul

Was für eine Woche auf Zypern: Am Montag stellte die Inselrepublik wegen drohender Pleite einen Hilfsantrag und will unter den EU-Rettungsschirm flüchten. Heute, am Ende dieser Woche, hat Zypern den EU-Vorsitz übernommen. Ein Pleite-Kandidat soll Europa durch die Krise führen? "Wir schaffen das", entgegnet die zyprische Regierung fast trotzig.

Vertrauen in Europa zurückgewinnen

Alles ist für einen erfolgreichen Ratsvorsitz vorbereitet. Das Sorgenkind Zypern gibt sich als Musterknabe und setzt hohe Ziele. "In diesen schwierigen Zeiten glauben die Leute, Europa sei ein Teil des Problems, nicht ein Teil der Lösung. Das müssen wir umkehren", sagt Vize-Minister Andreas Mavroiannis. Er bereitete die EU-Ratspräsidentschaft seines Landes vor. Die 500 Millionen EU-Bürger sollen unter zyprischer Führung das Vertrauen in Europa zurückgewinnen.

Zypern ist eine Inselrepublik mit nicht einmal einer Million Einwohner. Zypern ist auch ein Land, das seit 38 Jahren geteilt ist: Im Süden leben griechische Zyprer, im Norden türkische Zyprer - beide getrennt durch eine Grenze aus Stacheldraht, Minen und Barrikaden. Zypern ist nun auch das erste Land, das den EU-Vorsitz führt und gleichzeitig unter den Rettungsschirm schlüpfen muss.

Zypern will Stolpersteine überwinden

Dennoch: Andreas Mavroiannis gibt sich zuversichtlich - trotz der vielen sonstigen Stolpersteine, die er selbst aufzählt. "Seien es die Entwicklungen in Griechenland, seien es die Entwicklungen in Zypern mit dem ungelösten Problem der Vereinigung, seien es die Drohungen aus der Türkei gegen unser Vorhaben, Erdgasfelder in unserer Zone des Mittelmeeres auszubeuten, sei es auch der Umstand, dass wir im Februar 2013 Präsidentschaftswahlen in Zypern haben werden", sagt er. "All das wollen wir außen vor lassen und unsere Arbeit als EU-Ratspräsidentschaft in einer neutralen und präsidialen Weise ausführen."

Damit das klappt, hat Zypern das Personal in seinem Brüsseler EU-Büro von 80 auf 230 Mitarbeiter aufgestockt. Das Land will während seiner Präsidentschaft den Streit zwischen reichen und armen EU-Ländern um die Finanzplanung für die Jahre 2014 bis 2020 schlichten und Weichen stellen für die Wirtschaftspolitik der Europäischen Union. Mavroiannis fasst das Ziel der Ratspräsidentschaft in zwei Worte: "Wachstum und Arbeitsplätze". Er fügt dann noch ein Wort hinzu: Hoffnung. "Das ist für uns das Wichtigste - wir müssen den Menschen in Europa wieder Hoffnung geben, vor allem der jungen Generation." Das klingt wie ein frommer Wunsch. Ein halbes Jahr lang hat Zypern nun Zeit, trotz all der Widrigkeiten diese Ziele in die Tat umzusetzen.