Zuwanderungsgesetz Schweiz verzichtet auf Obergrenzen

Stand: 16.12.2016 15:09 Uhr

Die Hälfte der Schweizer hatte sich vor knapp drei Jahren gegen "Masseneinwanderung" ausgesprochen. Seitdem feilte die Regierung an einem Gesetz, das die Zuwanderung reguliert, ohne gegen EU-Prinzipien zu verstoßen. Jetzt wurde eine entschärfte Version beschlossen.

Mit einem moderaten Gesetz setzt das Schweizer Parlament die "Masseneinwanderungsinitiative" um, für welche sich vor fast drei Jahren eine knappe Mehrheit der Schweizer in einer Volksabstimmung ausgesprochen hatte.

Das Gesetz verzichtet aus Rücksicht auf EU-Prinzipien auf die ursprünglich geforderten jährlichen Obergrenzen für ausländische Arbeitskräfte. Stattdessen sollen EU-Ausländer, die sich bereits im Land befinden, bei der Besetzung offener Stellen bevorzugt werden. Zur Regulierung sollen Arbeitsämter künftig sehr genau darauf achten, ob Stellen mit in der Schweiz gemeldeten Arbeitslosen besetzt werden können - eben auch mit gemeldeten EU-Ausländern.

Zudem kann die Regierung Firmen in Regionen und Branchen mit einer hoher Arbeitslosigkeit in Zukunft dazu verpflichten, offene Stellen bei den Arbeitsämtern zu melden und qualifizierte Bewerber zu Anstellungsgesprächen einzuladen. Die Firmen sind aber nicht dazu verpflichtet, einheimische Bewerber einzustellen.

SVP droht mit neuem Referendum

Die nationalkonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) bezeichnete das Gesetz als "Kapitulation vor der EU". Das Gesetz erschwere lediglich die Rekrutierung neuer Angestellter, kritisierte SVP-Chef Albert Rösti in einem Interview. Die Umsetzung missachte den Volkswillen. Die Partei hatte die Volksabstimmung 2014 mitinitiiert. Jetzt drohte sie mit einem neuen Referendum zur Kündigung der Personenfreizügigkeit, sollte die Zuwanderung weiter steigen.

Brüssel hatte mehrfach deutlich gemacht, dass eine Einschränkung der Personenfreizügigkeit als Verletzung gegen das Gesamtpaket der bilateralen Verträge angesehen werde. Dieses garantiert nicht nur allen EU-Bürgern die freie Wohnsitz- und Arbeitsplatzwahl in der Schweiz und umgekehrt. Das Abkommen regelt auch den Zugang zum EU-Binnenmarkt, der bei einem Verstoß ebenfalls auf dem Spiel stehen würde. Mehr als die Hälfte der Schweizer Exporte gehen in die EU. Um einen Streit mit dem wichtigen Handelspartner zu vermeiden, sprach sich das Parlament nun für eine mildere Variante aus.

Leises Lob aus Brüssel

Die EU-Kommission deutete das neue Gesetz als gutes Zeichen. Es gehe in die richtige Richtung, sagte ein Sprecher in Brüssel. In den nächsten Tagen will die Kommission das Gesetz noch weiter prüfen und mit den EU-Staaten besprechen.

Mit einer knappen Mehrheit von 50,3 Prozent hatten die Schweizer im Februar 2014 für die "Masseneinwanderungsinitiative" gestimmt, die innerhalb von drei Jahren umgesetzt werden musste. Zu einer von der Initiative geforderten Neuverhandlung der völkerrechtlichen Verträge zeigte sich die EU auch wegen des bevorstehenden Brexits bisher nicht bereit. Zugeständnisse an die Schweiz könnten einen Präzedenzfall für die Gespräche mit London schaffen.

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