US-Wahl 2024

Zuschauer verfolgen auf einer Leinwand im Freien das TV-Duell zwischen Kamala Harris und Donald Trump.
analyse

Fünf Erkenntnisse aus dem TV-Duell Harris provoziert, Trump zügellos - wer konnte punkten?

Stand: 11.09.2024 08:53 Uhr

90 Minuten hatten Harris und Trump, um vor der Fernsehkamera gegeneinander auszuteilen und den Zuschauer von sich zu überzeugen. Wie haben sie sich geschlagen, womit konnten sie punkten?

Körpersprache der Kandidaten spricht Bände

Als erstes marschiert Kamala Harris auf Donald Trump zu und streckt ihm die Hand hin - mit den Worten "Kamala Harris". Trump wirkt leicht verdattert und sagt automatisch "nice to see you, have fun" - "schön Sie zu sehen, viel Spaß". Ohne Frage, die 59-jährige ehemalige Staatsanwältin wollte zeigen, dass sie Stil und gute Manieren hat. 

Eine TV-Debatte im US-Fernsehen lebt von Bildern, und zumindest in dieser Hinsicht war Harris deutlich auf der Gewinnerseite. Wenn sie sprach, wirkte sie klar, konzentriert und selbstbewusst und blickte häufig mit offenen, blitzenden Augen in die Kamera. War Trump dran, schaute sie zu ihm rüber, setzte hin und wieder ein amüsiertes Lächeln auf, schüttelte den Kopf oder lachte laut.  

Trump hingegen vermied jeglichen Blickkontakt mit seiner Rivalin, blickte mit zugekniffenen Augen meist zu den Moderatoren und bemühte sich sichtlich um Fassung. Ab und zu zuckt er mit den Schultern, aber so sehr er sich auch zusammenriss, seine Wut konnte er nicht verbergen.  

  

Harris provoziert und hat Erfolg damit

Obwohl Harris zu Anfang noch sichtlich nervös wirkte, konnte sie ihren ersten Haken noch innerhalb der ersten halben Stunde setzen: Sie lud die Fernsehzuschauer zu einem Wahlkampfauftritt von ihrem Kontrahenten Trump ein und sagte: "Sie werden sehen, seine Zuschauer gehen oft früher, aus Erschöpfung und Langeweile." Eine Provokation, die es in sich hatte. Die Menge seiner Zuschauer ist für Trump bekanntermaßen ein Reizthema.  

Während Harris ihre Positionen zur Wirtschaftspolitik, zur Einwanderung, Demokratie oder Außenpolitik skizzierte, vergaß sie nie, auch eine Stichelei unterzubringen, die Trump wütend machen sollte. Internationale Staats- und Regierungschefs würden Trump auslachen, sagte sie, die Militärs würden ihn eine "Schande" nennen. Auch NATO-Verbündete seien dankbar, dass Trump nicht mehr Präsident sei. "Andernfalls würde Putin in Kiew sitzen und den Rest Europas im Visier haben, angefangen mit Polen", sagte sie.   

Harris' Strategie, Trump zu reizen, ging auf. Er war in der Defensive. Sie hingegen präsentierte sich als jemand, der Ruhe bewahrt, wenn es drauf ankommt.  

 

Trump kann sich wie gewohnt nicht zügeln

Trump bemühte sich zunächst sichtlich, sich auf seine politischen Botschaften zu konzentrieren. Es dauerte allerdings nicht lange, bis er innerlich kochte - und auf Harris' Provokationen einstieg. Er wurde lauter, begann sich wiederholt zu rechtfertigen. Immer wieder wiesen ihn die ABC-Moderatoren David Muir und Linsey Davis auf Falschaussagen hin.  

Zum Beispiel behauptete er, Demokraten würden Abtreibungen im neunten Monat befürworten. Trump sagte zudem, mit dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar nichts zu tun gehabt zu haben. Und er weigerte sich erneut, seine Wahlniederlage im Jahr 2020 anzuerkennen, obwohl er sie zuletzt in einem Interview öffentlich zugegeben hatte. Das sei sarkastisch gemeint gewesen, rechtfertigte er sich. Immer wieder schweifte er ab und bezeichnete Harris als "Marxistin" und "linke Radikale". 

Politische Standpunkte erwartungsgemäß weit auseinander

Die Debatte begann mit der Frage, ob es den Amerikanerinnen und Amerikanern besser ginge als noch vor vier Jahren. Harris ergriff die Gelegenheit, ihre Wirtschaftspolitik darzustellen. Sie sagte, dass sie die Mittelschicht nach vorne bringen wolle. Sie wolle eine "opportunity economy", eine "Wirtschaft der Möglichkeiten". Junge Familien sollten entlastet, kleine Unternehmen unterstützt werden.  

Trump hingegen sagte, er habe als US-Präsident die beste Wirtschaft der Welt geschaffen". Er drohte wie gewohnt vor allem China mit Zöllen etwa auf Elektroautos, warnte vor einem Dritten Weltkrieg und versprach, den Krieg in der Ukraine noch vor seiner Vereidigung zu beenden, sollte er die Wahl gewinnen.  

Immer wieder kam Trump auf sein Lieblingsthema - die illegale Einwanderung - zu sprechen und machte die Biden-Harris-Regierung für die Rekordzahl an Immigranten an der mexikanisch-amerikanischen Grenze verantwortlich.  

 

TV-Debatten haben immer noch Bedeutung

Für beide Kandidaten war diese TV-Debatte vielleicht einer der bislang wichtigsten Momente in diesem US-Wahlkampf. Nach einer Meinungsumfrage der Medienbetriebe PBS/NPR hat ein Drittel der Fernsehzuschauer im Vorfeld gesagt, dass dieser Schlagabtausch ihre Wahlentscheidung beeinflussen wird.  

In den Umfragen liegen Trump und Harris vor allem in den wahlentscheidenden Swing States gleichauf. Harris' Umfragewerte stagnierten jedoch zuletzt. Die Frage ist nun, ob der Enthusiasmus für sie in bestimmten Wählergruppen noch bis zur Wahl am 5. November anhalten wird.  

Zumindest nutzte Harris die 90 Minuten, sich einem Millionenpublikum vorzustellen. Und eine Person konnte sie auf jeden Fall von sich überzeugen: Pop-Star Taylor Swift sprach sich nach der Debatte für Harris aus.  

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