US-Wahl 2024

Eine taiwanesische Nationalflagge weht in der Nähe des Gebäudes Taipei 101

Taiwans Blick auf die US-Wahl Zwischen Sorge und Gelassenheit

Stand: 04.11.2024 11:41 Uhr

Die Taiwaner leben in ständiger Sorge vor einem Angriff des großen Nachbarn China. Bisher hat Washington Taiwans Sicherheit garantiert - doch was passiert nach der US-Wahl? Der Inselstaat bereitet sich auf alle Szenarien vor.

Die meisten der etwa 23 Millionen Taiwanerinnen und Taiwaner denken wohl so wie die 53-jährige Frau Tsai. Sie ist mit ihrer Tochter unterwegs in der Hauptstadt Taipeh: "Was kommt, das kommt. Es macht keinen Sinn sich zu sorgen."

Es ist nicht neu, dass die Bevölkerung des Inselstaates eher gelassen auf weltpolitische Entwicklungen blickt. In Regierungskreisen ist das anders: Präsident Lai Ching-te beruft unmittelbar vor der US-Wahl den Nationalen Sicherheitsrat ein.

Wahl mit Auswirkung auf Weltordnung

Der Abgeordnete von Lais Partei DPP, Wang Ting-yu, erklärt warum: "Die US-Präsidentenwahl hat Auswirkungen auf die Weltordnung und den Frieden und die Stabilität im Indopazifik. Natürlich ist sie deshalb auch für Taiwan mit seinem zentralen Platz in der ersten Inselkette vor China von größter Bedeutung."

Das Problem: Donald Trumps Art kennen sie auf Taiwan zwar aus seiner Amtszeit, aber er ist und bleibt - auch für Sicherheitsexperten wie Jyh-Shyang Sheu - unberechenbar. Trump sei einfach schwer einzuschätzen.

Aber auch Kamala Harris gibt dem Beobachter Rätsel auf - sie habe "irgendwie keine Idee". Bestenfalls mache sie so weiter wie Joe Biden.

US-Sicherheitsgarantie für Taiwan

Das würde bedeuten: Es wird auch in Zukunft eine US-Sicherheitsgarantie für Taiwan geben. Wird Taiwan angegriffen, ist es möglich, dass auch US-Militär zur Verteidigung eingesetzt wird. Diese Zusage ist für die Sicherheitslage auf der Insel genauso wichtig wie die Zusammenarbeit mit den regionalen Partnern im Indopazifik, betont Sicherheitsexperte Sheu. 

Internationale Krisen schwächen Taiwans Sicherheitsgefühl

Auch der Zustand der transatlantischen Beziehungen ist für Taiwan im Zweifel wichtiger als die Frage, wer neuer Präsident oder Präsidentin der Vereinigten Staaten wird. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, die Eskalation im Nahen Osten - diese Krisen schwächen auch das Sicherheitsgefühl Taiwans: "Wenn Europa sicher wäre, könnten die USA mehr Truppen und mehr Ressourcen im Indopazifik fokussieren", erläutert Sheu.

Trump kündigte zuletzt an, den Krieg in der Ukraine "innerhalb von 24 Stunden" beenden zu können. Das kann vermutlich nur mit einer ukrainischen Kapitulation gelingen. Ähnliche Szenarien befürchtet auch Herr Liu auf den Straßen von Taipeh: "Falls Trump den Ukraine-Krieg schnell beenden oder die Beziehungen zu China verbessern will, könnte er Taiwan opfern. Das ist meine Sorge."

Taiwan fährt Militärausgaben hoch

So ganz will sich Taiwan ohnehin nicht auf die Unterstützung aus den USA verlassen. Das Land hat seine Verteidigungsausgaben in den vergangenen Jahren deutlich erhöht, zahlt mehr als der Durchschnitt der NATO-Staaten. Und will das auch weiterhin tun, sagt Sicherheitsexperte Sheu: "Wenn die USA unsere Sicherheitskooperation verstärken wollen unter Donald Trump, dann ist Taiwan sicherlich bereit gerne zu zahlen."

Gut 500 Millionen Euro für Verteidigungshilfe hat Biden erst kürzlich freigegeben. Die nächste Zahlung ist für Januar geplant - noch von der alten US-Administration. Was dann passiert? Keiner weiß es so genau.

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