Nach Raketenangriffen steigt schwarzer Rauch über Kiew auf.

Raketenangriffe auf die Ukraine "Das ist ein Einschüchterungsversuch"

Stand: 11.10.2022 20:52 Uhr

In einem Kiewer Heizkraftwerk laufen nach dem Beschuss die Aufräumarbeiten. Das ukrainische Verteidigungsministerium geht davon aus, dass das russische Militär die Angriffe auf Energieanlagen lange vorbereitet hat.

Von Andrea Beer, ARD-Studio Kiew

"Tschüss Leute, bis morgen!", sagt die blonde Dame und steigt über die Trümmer vor dem Eingang eines Heizkraftwerks im Zentrum von Kiew. "Machs gut!", sagen die Arbeiter im blauen Anton und wenden sich wieder der Arbeit zu. Einen Tag nach den landesweiten russischen Raketen- und Drohnenangriffen wird auch in Kiew gehämmert, geschweißt, gefegt und aufgeräumt, und die Arbeiter reparieren die Tür des getroffenen Heizkraftwerks.

Hennadij macht kurz Pause: "Gestern gab es hier zwei Raketeneinschläge - den ersten hier und den zweiten auf das Werk, so gegen 9 Uhr morgens. Einige von uns sind auf der Intensivstation, haben gebrochene Hände und Beine und so weiter."

Auch heute wurden fast 30 russische Raketen und zahlreiche Drohnen auf die Ukraine abgefeuert. Erneut seien vor allem Energieerzeuger angegriffen worden, so Außenminister Dmytro Kuleba. Er stufte dies als gut geplante russische Kriegsverbrechen ein, da unerträgliche Lebensbedingungen für Zivilisten die Folge seien.

Energieanlagen beschossen

Auch der Chef der regionalen Militärverwaltung Mikolajiw, Vitali Kim, hob darauf ab:

Wir sehen Raketenabschüsse. Aber meiner Meinung nach haben die Russen ihre Taktik etwas geändert. Statt einmal einen massiven Beschuss zu machen, damit Menschen in Schutzkellern abwarten können und unsere Luftabwehr ihre Aufgabe erledigen kann, feuern sie mehrmals in gewissen Abständen eine deutlich kleinere Zahl an Raketen ab. So müssen die Menschen länger in den Schutzräumen bleiben. Was ist das, wenn nicht Terror? Alle drei Stunden schießen sie Raketen ab.

Unter anderem wurden Energieanlagen in der Region Winnitzija beschossen. Drei Raketen trafen auch die westliche Stadt Lwiw, wo erneut der Strom ausfiel. Nach Lesart des ukrainischen Verteidigungsministeriums sind die laufenden Angriffe keine direkte Reaktion auf die Explosionen der Brücke von Kertsch am vergangenen Samstag.

Womöglich geplante Angriffe

Die Angriffe seien über einen Monat lang vorbereitet worden, so Andrij Jusow, Sprecher des Verteidigungsministeriums:

Raketen wurden vom Schwarzen Meer, vom Kaspischen Meer und vom Gebiet der Russischen Föderation aus abgeschossen. Was die Drohnen "Shahid 136" angeht, kamen diese aus dem Gebiet von Belarus und von der russisch besetzten Krim. Die Vorbereitung lief ziemlich lange, aber die endgültige Entscheidung wurde am 9. und 10. Oktober getroffen. Uns muss klar sein, dass das keine militärische Operation ist, sondern ein terroristischer Akt und in erster Linie eine Einschüchterung der Zivilbevölkerung. Ein Versuch, die Ukrainer insgesamt und wahrscheinlich auch unsere internationalen Verbündeten und Partner einzuschüchtern.

Die meisten Regionen haben Strom

Schon die russischen Attacken vor rund einem Monat trafen Energieerzeuger wie ein großes Wärmekraftwerk bei Charkiw, erklärte das ukrainische Energieministerium. Viele seien dem Aufruf gefolgt, Energie zu sparen, um ein generelles Abschalten zu vermeiden. Die meisten Regionen hätten wieder Strom - auch die Stadt Kiew.

Auch Henadij, der die Tür des Heizkraftwerk repariert, weiß: Russische Drohnen und Raketen bleiben eine Gefahr. Er zeigt auf das Heizkraftwerk: "Das ist ein altes Gebäude aus den 1930er Jahren. Es hat den Krieg gegen Deutschland überlebt - und nun hat Putin auf die Heizstation der Stadt geschossen, damit es im Winter keine Wärme gibt."

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