Teilnehmer posieren für ein Gruppenfoto während des Gipfels zum Frieden in der Ukraine in Stansstad bei Luzern.

Ukraine-Gipfel in der Schweiz Viel Symbolik vor malerischer Kulisse

Stand: 16.06.2024 20:31 Uhr

Zwei Tage lang wurde in der Schweiz über die Zukunft der Ukraine diskutiert. Nicht alle der 93 Teilnehmerstaaten unterzeichneten das Abschlussdokument. Das Ergebnis der Konferenz hat vor allem symbolischen Charakter.

Vor der malerischen Kulisse des Vierwaldstättersees spricht der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba vor der internationalen Presse. Man sei auf "einem guten Weg", weil am Tagungsort auf dem Bürgenstock bei Luzern ein Friedensprozess eingeleitet worden sei.

In der ersten Reihe steht Maksym Kolesnikov mit seinem Aufnahmegerät in der Hand. Kolesnikov - Moderator einer Radiosendung in Kiew - ist in die Schweiz gereist, um über die Ergebnisse zu berichten, aber auch um auf dem Podium über seine frühere Zeit in Kriegsgefangenschaft zu sprechen.

Zu Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine war er nahe Kiew verschleppt worden und in Russland gefangen gehalten. Kolesnikov berichtet von Verhören und Folter in den Haft-Camps der Russen. Nach elf Monaten, im Februar 2023, kam er durch einen Gefangenenaustausch frei - viele seiner Kameraden jedoch nicht. Auch deshalb fordern jetzt 80 Staaten die Freilassung aller Kriegsgefangenen.

80 Länder einigten sich auf Abschlusserklärung

Während die Kämpfe in der Ukraine weitergehen, haben die Teilnehmer der Bürgenstock-Konferenz der Ukraine den Rücken gestärkt und womöglich einen Fahrplan für Verhandlungen auf den Weg gebracht.

Umgeben von Alpengipfeln konnten sich 80 Länder auf eine Abschlusserklärung einigen. Die Gastgeberin, die Schweizer Bundesratspräsidentin Viola Amherd, zieht eine positive Bilanz. "Dass sich die weit überwiegende Mehrheit der hier anwesenden Staaten auf das Bürgenstock-Kommuniqué verständigt hat, zeigt, was Diplomatie in geduldiger Arbeit erreichen kann."

Konkret fordern sie die Einhaltung des Völkerrechts und lehnen Russlands Angriffe auf ukrainisches Territorium ab. Sie verurteilen Drohungen mit Atomwaffen und fordern den ungehinderten Betrieb des Atomkraftwerks Saporischschja durch die Ukraine, außerdem freie Seewege für ukrainische Getreideexporte und den Austausch aller Gefangenen sowie die Rückgabe verschleppter ukrainischer Kinder.

Selenskyj drängt auf schnelle Friedensverhandlungen

Einige der anwesenden Staaten haben die Abschlusserklärung nicht unterzeichnet - darunter Indien, Südafrika und Saudi-Arabien. Eine Erklärung dafür gaben sie nicht ab. Aus Sicht des österreichischen Kanzlers Karl Nehammer ist das Ausscheren dieser Länder zweitrangig. "Ich bin nicht beunruhigt, wenn jetzt nicht alle unterschreiben", sagte Nehammer am Bürgenstock.

Saudi-Arabien und die Türkei gelten unter Beobachtern als mögliche Gastgeber eines weiteren Ukraine-Friedensgipfels - ob im ersten Schritt bereits mit Russland am Tisch, ist derzeit unklar.

Derweil drängt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf schnelle Friedensverhandlungen mit Russland. "Wir haben keine Zeit, den Krieg fortzusetzen. Der Weg zum Frieden muss jetzt schnell gehen. Wir sprechen über Monate, nicht Jahre."

Friedensvorstellungen liegen weit auseinander

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellt eine Bedingung für Gespräche mit Wladimir Putin. "Sobald Russland bereit ist für einen Frieden auf Grundlage der UN-Charta, kann das Land Teil unserer Bemühungen sein. Um den Weg zum Frieden zu Ende zu gehen."

Weil Russland seine Teilnahme ausgeschlossen und China seine Einladung ausgeschlagen hat, ist das Ergebnis der Konferenz vor allem von symbolischem Charakter. Ob, wann und wo Selenskyj und Putin an einem Tisch sitzen, bleibt unklar. Beide sind zwar gesprächsbereit, aber ihre Vorstellungen liegen weit auseinander.

Der ehemalige Kriegsgefangene Maksym Kolesnikov ist skeptisch, was eine zukünftige Friedenskonferenz mit dem russischen Präsidenten Putin am Verhandlungstisch betrifft. "Worüber sollen wir verhandeln, wenn Putin unser Land, unser Gebiet für sich beansprucht? Aktuell bleibt uns nichts anderes übrig, als zu kämpfen."

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes wurde der Schweizer Bundesratspräsidentin Viola Amherd fälschlich der Amtstitel "Präsidentin" zugeordnet. Wir haben den Fehler korrigiert.

Mehr zum Hintergrund dieser und anderer Korrekturen finden Sie hier: tagesschau.de/korrekturen

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