Salwan Momika hält einen Koran in der Hand und spricht durch ein Megafon.

Schweden Erneut Koran in Stockholm öffentlich angezündet

Stand: 28.06.2023 18:38 Uhr

In Stockholm ist erneut öffentlichkeitswirksam ein Koran angezündet worden. Die von der Polizei genehmigte Aktion droht, das Verhältnis zwischen Schweden und der Türkei weiter zu verschlechtern - mit Folgen für einen NATO-Beitritt.

Erstmals seit Monaten ist bei einer öffentlichen Demonstration in Stockholm wieder ein Koran angezündet worden. Aufnahmen des schwedischen Rundfunksenders SVT zeigten, wie ein Mann hinter einem Absperrband der Polizei ein Exemplar der heiligen Schrift des Islams ansteckte. Neben ihm nahm offenbar nur ein weiterer Mann an der Aktion teil. Bei einer der Personen soll es sich nach Agenturmeldungen um einen aus dem Irak stammenden Flüchtling handeln.

Dutzende aufgebrachte Menschen versammelten sich hinter den Absperrgittern. Insgesamt blieb es nach Senderangaben aber ruhig. Eine Person, die einen Stein in der Hand hielt, wurde demnach vom Ort weggeführt.

Die Polizei hatte Aktionen dieser Art im Februar untersagt. Schwedische Gerichte hatten danach geurteilt, dass die Polizei nicht das Recht habe, die Koranverbrennungen zu verbieten. Der jetzige Protest vor der Stockholmer Moschee im Viertel Södermalm war daher zuvor genehmigt worden.

Aktion könnte schwedischen NATO-Beitritt verzögern

Islamfeindliche Aktionen in Stockholm - darunter das Verbrennen des Korans und das Aufhängen einer Puppe, die den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan darstellte - hatten Anfang des Jahres für diplomatische Spannungen zwischen Schweden und der Türkei gesorgt.

Für Schweden kamen diese Querelen zur Unzeit, da das skandinavische Land seit vergangenem Jahr darauf hinarbeitet, dass die Türkei ihre Blockadehaltung hinsichtlich des schwedischen NATO-Beitritts aufgibt. Inwieweit die erneute Koranverbrennung neue Probleme für das schwedisch-türkische Verhältnis nach sich zieht, ist unklar. Schwedens Regierungschef Ulf Kristersson wollte sich nicht an Spekulationen beteiligen. Zu der Aktion sagte er, sie sei zwar erlaubt, aber nicht angemessen.

Türkischer Außenminister verurteilt Vorfall scharf

Der türkische Außenminister Hakan Fidan verurteilte den jetzigen Vorfall scharf. Er verfluche diese "verachtenswerte Handlung, die gegen unser Heiliges Buch, den Heiligen Koran, am ersten Tag des Eid-al-Adha-Festes begangen wurde", schrieb er auf Twitter. Es sei "inakzeptabel", derartige gegen den Islam gerichteten Aktionen "unter dem Vorwand der Meinungsfreiheit zuzulassen". Wer seine Augen vor solchen Handlungsweisen verschließe, mache sich zu deren "Komplizen", erklärte Fidan.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte zuvor nach eigenen Angaben ein Treffen hochrangiger Vertreter der Türkei, Schwedens und Finnlands arrangiert, um die türkischen Einwände gegen einen NATO-Beitritt Schwedens auszuräumen. Die für den 6. Juli angesetzte Zusammenkunft ist ein letzter Versuch Stoltenbergs, dem skandinavischen Land noch vor einem wichtigen NATO-Gipfel im kommenden Monat den Anschluss an das Militärbündnis zu ermöglichen. "Es ist an der Zeit, Schweden als vollwertiges Mitglied der NATO willkommen zu heißen", sagte Stoltenberg.

Erdogan zügelt Hoffnungen auf baldigen NATO-Beitritt Schwedens

Bereits vor der angekündigten Koranverbrennung hatte Erdogan in einem Telefonat mit Bundeskanzler Olaf Scholz keine Hoffnung auf ein baldiges Ja der Türkei zum schwedischen NATO-Beitritt gemacht. Erdogan habe Schweden Schritte in die richtige Richtung attestiert, hieß es in einer Mitteilung des türkischen Kommunikationsamtes nach einem Telefonat mit Scholz am Mittwoch. Es gebe aber weiterhin "inakzeptable" Umstände wie die Genehmigung von Demonstrationen, auf denen "Terrorpropaganda" verbreitet werde, so Erdogan demnach.

Erweiterungen der NATO bedürfen der Zustimmung aller Mitglieder. Die Türkei wirft Schweden vor, zu nachsichtig mit Gruppen umzugehen, die aus Sicht Ankaras ein Sicherheitsrisiko darstellen, darunter auch militante kurdische Gruppen und Personen, denen die Türkei die Beteiligung an einem Putschversuch im Jahr 2016 vorwirft.

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