Internationale Reaktionen Trauer und Kritik nach Scharons Tod

Stand: 11.01.2014 15:57 Uhr

Mit Trauer haben viele Menschen den Tod des ehemaligen israelischen Premiers Scharon aufgenommen. Politiker aus Israel und den USA fanden lobende Worte. Viele Palästinenser behalten Scharon als politischen Hardliner und Provokateur in Erinnerung.

Um 15 Uhr Ortszeit meldete der israelische Rundfunk, was schon seit Tagen erwartet wurde. Nach acht Jahren im Koma war Ariel Scharon einem Multiorganversagen erlegen. Im Klinikum Tel Ha Shomer am Rande Tel Avivs, wo der Komapatient Scharon bis zuletzt behandelt wurde, trat Professor Shlomo Noy, einer der behandelnden Ärzte, vor die Mikrofone: "Der ehemalige Ministerpräsident stand in dieser Zeit viele Komplikationen durch. In der vergangenen Woche kämpfte er überraschend verbissen gegen die Verschlechterung seines Zustandes. Nun ging er friedlich mit seiner ihn liebenden Familie an seiner Seite."

Peres: "Ein tapferer Soldat und kühner Führer"

Staatspräsident Schimon Peres würdigte den Verstorbenen als wichtigen Architekten Israels: "Ariel war ein tapferer Soldat und kühner Führer, der seine Nation liebte und seine Nation liebte ihn", sagte Peres. Israels Premier Benjamin Netanjahu nannte Ex-General Scharon einen der größten Kommandeure der Israelischen Armee. Er habe für immer einen Platz im Herzen der israelischen Nation, betonte Netanjahu.

Der ehemalige US-Nahost-Gesandte Dennis Ross würdigte Scharon in der BBC als einen durchsetzungsstarken Politiker mit Visionen. "Er kam aus der Gründergeneration und sah Israel  als Staat, der gegen enorme Widerstände ums Überleben kämpfen musste. So wurde er jemand, der große Schritte tun konnte. Ein großer Führer, der sich nicht von öffentlicher Meinung treiben ließ, sondern tat, was er für richtig hielt." 

"Er war einer der Großen"

Der 1928 als Sohn weißrussischer Einwanderer geborene Scharon war einer der bedeutendsten und umstrittensten Politiker Israels. In den Kriegen gegen die arabischen Nachbarn 1967 und 1973 erwarb sich Scharon den Ruf eines ebenso eigenmächtigen wie erfolgreichen Offiziers. Später gehörte er als Minister mehreren Regierungen an. 2001 wurde der stämmige Mann mit dem Spitznamen "Bulldozer" Premierminister. Scharon, der den Ausbau jüdischer Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten jahrelang vorantrieb, kündigte 2005 Israels Rückzug aus dem Gazastreifen an. Als seine Likud-Partei ihm dabei nicht folgen wollte, gründete er eine neue politische Kraft, die Kadima.

Viele seiner Landsleute sehen den Rückzug aus Gaza heute als Fehler. Sie betrachten Scharon aber mehrheitlich als großen Kriegshelden, dem Israel viel zu verdanken hat: "Man behält gute Dinge in Erinnerung. Ein Mann der Tat, ein großer Soldat, ein Zionist, der bis heute Israel liebte und sein ganzes Leben lang dem Staat Israel diente", sagt ein Passant. "Er war einer der Großen. Einer des alten Stammes. Der Letzte. Nach ihm kommt schon Peres, der sowieso alle überleben wird." Auch andere Menschen auf der Straße würdigen Scharon: "Jeder weiß, wer er ist: Ein großer Führer, der wie so viele andere Führer auch zum Ende hin Dinge tat, die nicht alle unterstützt haben." 

Kritik von Palästinensern

Die Palästinenser behalten Scharon als politischen Hardliner und Provokateur in Erinnerung: Sein Gang auf den Jerusalemer Tempelberg im Jahr 2000 gilt mit als Auslöser der zweiten Intifada - des palästinensischen Volksaufstandes. 1982, als in Beirut unter den Augen israelischer Soldaten christlich-libanesischen Milizen ein Massaker an Palästinensern verübten, war Scharon Verteidigungsminister. Er musste den Posten deshalb räumen.

Ein Sprecher der radikal-islamischen Hamas nannte seinen Tod nun einen historischen Augenblick. Er habe Unglück über das palästinensische Volk gebracht und solle zur Hölle fahren. Ein Vertreter der Fatah-Partei von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas bezeichnete Scharon als Verbrecher.