Nach Urteil des Verfassungsgerichtes Portugal sucht nach neuen Reformwegen

Stand: 08.04.2013 02:12 Uhr

Das Signal aus Brüssel ist deutlich: Die EU-Kommission fordert von Portugal, die Sparziele einzuhalten. Regierungschef Passos Coelho kündigte bereits weitere Sparmaßnahmen an. Nun will er die Opposition ins Boot holen - doch die verlangt ein Ende des radikalen Sparkurses.

Von Reinhard Spiegelhauer, ARD-Hörfunkstudio Madrid

Zwei Tage mussten die Portugiesen warten, dann wagte sich Ministerpräsident Passos Coelho aus der Deckung. Und ging zum Angriff über. Natürlich respektiere die Regierung das Verfassungsgericht, sagte er. Aber: "Nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtes wird nicht das Leben der Regierung schwieriger - es ist das Leben der Portugiesen, das schwieriger wird, und der nationale Erholungsprozess."

Passos Coelho will trotz des neuen Haushaltslochs von rund 1,5 Milliarden Euro die Zusagen einhalten, die er der Troika gegeben hat: "Die Alternative wäre, ein neues Hilfsprogramm, das die Dauer und die Schwere der Opfer nur verschlimmern würde - das müssen wir vermeiden."

Er werde alles tun, was in seiner Macht liege, um die entstandenen Schwierigkeiten zu überwinden, so der Ministerpräsident. Fast alles. Neue Steuererhöhungen schloss er nämlich aus. Kein Wunder, wurden doch zu Jahresbeginn Einkommens- und andere Steuern schon kräftigst angehoben. "Es bleibt uns also nur die Möglichkeit, Reformbemühungen zu beschleunigen und zu verstärken, die direkt die öffentlichen Ausgaben betreffen", sagt er.

Sozialversicherung, Bildungs- und Gesundheitswesen will sich die Regierung vornehmen - nochmals, denn die Regierung hat dort schon kräftig gekürzt. In den vergangenen Monaten war dies Anlass für wütende Protestkundgebungen. Nicht zuletzt deshalb versuchte Passos Coelho, die Opposition ins Boot zu holen - es gehe um eine nationale Aufgabe, so der Regierungschef.

Die Opposition will ein Ende des radikalen Sparkurses

Joao Ribeira, Generalsekretär der Sozialisten, ließ das kalt: "Der Ministerpräsident gibt eine bedauerliche Vorstellung ab", urteilte er. "Das Land erlebt einen Regierungschef, der nicht die Courage hat, Fehler einzugestehen, und sich hinter der Entscheidung des Verfassungsgerichtes versteckt."

Die Opposition verlangt seit geraumer Zeit ein Ende des radikalen Sparkurses, der das Land in eine tiefe Rezession gestürzt hat. Die Wirtschaft müsse angekurbelt werden, sagt sie, und der Defizitfahrplan neu mit der Troika verhandelt werden.

"Die Regierung muss weg", sagt Catarina Martins, Vorsitzende des Linksblocks: "Dies ist nicht der Moment für starke Worte, für Erpressungsversuche oder Ausflüchte. Es ist der Moment für Lösungen und deswegen ist die Zeit gekommen für Neuwahlen, damit die Portugiesen über ihren Weg entscheiden können."

Für den Moment hat Ministerpräsident Passos Coelho nach außen vielleicht für Beruhigung gesorgt, doch im Inneren drohen ihm weitere wütende Proteste auf den Straßen und erbitterter Widerstand der Opposition. Die Regierungskoalition hat im Parlament zwar eine klare Mehrheit - bei den Portugiesen allerdings eher nicht mehr.

Jorge Cordeiro vom Zentralkomitee der Kommunistischen Partei spricht vielen Portugiesen aus der Seele: "Das ist eine sozial isolierte und politisch gescheiterte Regierung, im Konflikt mit der Verfassung und verzweifelt auf der Suche nach Möglichkeiten, das Leben der Portugiesen und das Land weiter zu zerstören."

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