Andrzej Duda tritt nach einer Sitzung des polnischen Sicherheitsrates vor die Medien.

Nach dem Raketeneinschlag Der Krieg ist noch näher gekommen

Stand: 16.11.2022 13:13 Uhr

Auch wenn es wohl kein Angriff war: Mit dem Raketeneinschlag ist der Krieg für Polen noch einmal näher gerückt. Teile der Armee werden in Bereitschaft versetzt. Aber die Regierung signalisierte: alles im Griff.

Ein Detonationskrater im Erdboden, daneben liegt ein zerstörter Traktor auf der Seite. Videos, die in den sozialen Medien kursieren, zeigen eine große Rauchwolke, mutmaßlich nach der Explosion der Rakete. Zwei Menschen sind gestorben.

Der Krieg ist für Polen seit Dienstagnachmittag noch einmal deutlich näher gekommen. Schon früher waren Raketen nur knapp hinter der polnisch-ukrainischen Grenze eingeschlagen. Dass sie eines Tages, absichtlich oder nicht, auch polnisches Staatsgebiet und damit NATO-Territorium treffen könnten, hatten viele Menschen in Polen befürchtet - auch wegen einer möglicherweise bewaffneten Antwort der NATO.

Polen mit Przewodow und Ukraine

Die Karte zeigt den Ort Przewodów in direkter Nähe zur polnisch-ukrainischen Grenze.

Ruhe und Einheit zeigen

Von Eskalation wollte in der polnischen Regierung jedoch erstmal niemand etwas hören. Nach einer Krisensitzung trat Premierminister Mateusz Morawiecki kurz nach Mitternacht vor die Presse: "Ich appelliere an alle Polen, Ruhe zu bewahren. Lassen Sie uns bedacht vorgehen, wir dürfen uns nicht manipulieren lassen", sagte er. "Ich appelliere auch an alle Politiker, Zurückhaltung und Verantwortung zu zeigen. Wir müssen in diesem schwierigen Moment Einheit zeigen." Bei einem weiteren Treffen des Nationalen Sicherheitsrates am Mittwoch sollte dann auch die Opposition eingeladen sein.

Präsident Andrzej Duda telefonierte nacheinander mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij und US-Präsident Joe Biden. Auch Olaf Scholz war in der Nacht noch am Hörer, aber da waren die wichtigsten Entscheidungen in Polen schon getroffen.

Die Regierung signalisiert: Alles im Griff

Drei Botschaften hatte Warschau in dieser Nacht. Erstens: Ruhe bewahren, bloß nicht durch voreilige Worte eskalieren. Zweitens: Die Lage ist ernst, aber im Griff. Teile des Militärs wurden in Bereitschaft versetzt, die Luftraumüberwachung verstärkt - der Vorschlag aus Lettland, gegebenenfalls NATO-Flugabwehrsysteme in Polen zu installieren, blieb aber zunächst unkommentiert. Und drittens: Polen ist nicht allein.

Präsident Duda beteuerte noch in der Nacht: "Unsere Flugzeuge sind am polnischen Himmel - unterstützt durch die Flugzeuge der Alliierten bei der Aufgabe, diesen Himmel zu bewachen", erklärt er. Er wolle betonen, dass Polen ruhig und bedacht vorgehe. "Polnische Soldaten sind vor Ort, unsere Verbündeten unterstützen uns und sie haben bekräftigt, dass sie absolut zu ihren Verpflichtungen stehen."

Vermutlich war es eine ukrainische Rakete

Am Mittwoch erklärte Duda, dass es keinen Beweis für einen absichtlichen Angriff auf Polen gebe. Sehr wahrscheinlich habe es sich um eine Rakete der ukrainischen Flugabwehr gehandelt, es handle sich wohl um einen unglücklichen Zwischenfall.

US-Präsident Joe Biden hatte es schon früh als "unwahrscheinlich" bezeichnet, dass die Rakete von Russland abgefeuert worden sei. Und auch Moskau dementierte. Medien berichteten, der russische Botschafter in Polen sei noch in der Nacht ins Außenministerium bestellt worden, sei allerdings wortlos und ohne Handschlag wieder gegangen.

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