Demonstranten vor dem Präsidentenpalast in Warschau.

Proteste in Polen Widerstand gegen Medien-Maulkorb wächst

Stand: 17.12.2016 17:23 Uhr

Keine eigenen Audio- und Videoaufnahmen von Debatten mehr, beschränkter Zugang und weniger Bewegungsfreiheit: Die polnische Regierung plant, die Arbeit von Journalisten im Parlament deutlich einzuschränken. Dagegen formiert sich nun großer Widerstand.

"Zwyciezymy!" - "Wir werden siegen!" - rufen Tausende Demonstranten vor dem Präsidentenpalast in Warschau. Zugleich fordern sie Staatsoberhaupt Andrzej Duda auf, seine äußerst unterwürfige Haltung dem eigentlichen Machthaber im Land, Jaroslaw Kaczynski, gegenüber aufzugeben und in Polen endlich die Demokratie wiederherzustellen. "Herr Präsident, Ihr Schweigen ist eine Schande! Sie sind für die verfassungsmäßige Ordnung im Land zuständig", schallt es aus Lautsprechern über den Platz. "Wenn Sie nicht damit anfangen, Ihr Amt dementsprechend auszuüben, dann werden Sie die Verantwortung für den Zerfall Polens tragen. Schande!"

Ähnlich klingt es auch in anderen polnischen Städten. Spontane Massendemonstrationen gab es in Danzig, Krakau, Kattowitz, Breslau und Bilaystok. Die Demonstranten sind sich einig: Die Proteste müssen unbedingt fortgesetzt werden. Und zwar solange, bis die Regierung ihre Pläne, mit denen die Berichterstattung von Parlamentskorrespondenten eingeschränkt werden soll, endlich zurücknimmt.

Fundamentale Rechte in Gefahr

Auch Politiker der wichtigsten polnischen Oppositionsparteien üben Kritik. Ihrer Ansicht nach sind die geplanten Maßnahmen eindeutig verfassungswidrig. Dieser Auffassung ist auch der Chefredakteur der konservativen Tageszeitung Rzeczpospolita, Boguslaw Chrabota: "Informationsfreiheit und damit auch die Möglichkeit, Bild und Ton im Plenarsaal aufzeichnen zu können, das sind fundamentale Rechte in einer Demokratie", sagt er. Sie seien die Garantie für Transparenz im Parlament und Kontrolle jener, die an der Macht sind.

Oppositionspolitiker werfen dem Parlamentspräsidenten außerdem vor, bei der gestrigen Sejmsitzung gegen geltendes Recht verstoßen zu haben. Unter anderem sei die Abstimmung über den Haushalt 2017 ungültig, betont der ehemalige Justizminister und heutige Oppositionspolitiker, Borys Budka. "Es ist ein trauriger Tag für Polen und den polnischen Parlamentarismus, weil hier ausschließlich der kranke Ehrgeiz eines einzelnen Menschen darüber entscheidet, was im Sejm geschehen soll", klagt er. Es sei schade, dass Parlamentspräsident Marek Kuchciński nicht einsehe, dass er "permanent falsche Entscheidungen" treffe und zudem das Reglement des Parlaments missachte.

Kaczynski wettert gegen Opposition

Der Vorsitzende der regierenden Partei "Recht und Gerechtigkeit" bezeichnet die Vorwürfe als skandalös. Nicht seine Partei, sondern die Opposition versuche, in Polen eine Diktatur einzuführen, sagt Jaroslaw Kaczynski. "In Polen streben einige danach, die Demokratie zur Farce verkommen zu lassen. Nach dem Motto: Die Wähler können sich zwar mehrheitlich für eine Partei entscheiden, aber sie wird nichts zu sagen haben", sagt er. Diesen Bestrebungen werde sich seine Partei entgegenstellen.

Die Protestkundgebungen sowie die Blockade des Parlaments seien nichts anderes als Rowdytum, wettert Kaczynski. Sowohl Oppositionsabgeordnete als auch Demonstranten müssten daher mit entsprechenden Konsequenzen rechnen. Deeskalation klingt anders.    

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