May im Unterhaus

Amtsübergabe an Johnson Versöhnlicher Abschied für May

Stand: 24.07.2019 15:51 Uhr

Drei Jahre bemühte sich May als Regierungschefin nach Kräften - doch geliefert hat sie den Brexit nicht. Zum Abschied gab es Applaus vom Unterhaus. Spannend bleibt die Frage, wer der neuen Regierung angehört.

Applaus zum Abschied für Theresa May: Die bisherige britische Premierministerin ist im Unterhaus von den Tory-Abgeordneten mit Beifall verabschiedet worden. Mehrere Abgeordnete dankten ihr bei der letzten Sitzung ihrer Amtszeit als Regierungschefin für die Arbeit.

Aus den Labour-Reihen wurde das als Heuchelei kritisiert. "Großartig, wie viele Tory-Abgeordnete ihr zujubeln, während sie ihr erst vor einigen Wochen in den Rücken gestochen haben", schrieb der Labour-Abgeordnete Luke Pollard auf Twitter.

May wird Hinterbänklerin

Mit Blick auf die vergangenen Jahre sagte May lächelnd, sie haben mehr als 4500 Fragen des Unterhauses beantwortet - deutlich mehr als sie erwartet hätte. Sie freue sich, in Zukunft selber Fragen stellen zu können.

Nach ihrem Rücktritt als Premierministerin wird sie künftig als Hinterbänklerin im Parlament sitzen und die Arbeit ihres Nachfolgers Boris Johnson verfolgen. Für die 62-Jährige dürfte dies nach den heftigen Auseinandersetzungen mit ihrem langjährigen Rivalen schwierig werden.

Auf Nachfrage ließ sich May davon jedoch nichts anmerken: Johnson erhalte ihre "volle Unterstützung", sagte May und beschrieb ihn als einen Mann, "mit dem ich in meinem Kabinett gearbeitet habe, der ein Konservativer ist und der im Wahlkampf antrat mit dem Versprechen, den Brexit zu liefern".

Ein Ratschlag für Corbyn

Ihrem Widersacher bei der oppositionellen Labour-Party, Jeremy Corbyn, legte May den Rücktritt nahe. Als Parteichefin, die akzeptiert habe, dass ihre Zeit zu Ende sei, könne sie Corbyn fragen, ob nicht auch seine Zeit dafür gekommen sei, sagte May im britischen Unterhaus.

Vor ihrem bisherigen Amtssitz in 10 Downing Street hielt May im Anschluss ihre letzte Rede als Premierministerin. Sie bedankte sich für die Unterstützung und nannte es eine Ehre, Regierungschefin gewesen zu sein.

Nun reicht sie offiziell ihren Rücktritt bei der Queen ein. May hatte drei Jahre lang das Land regiert. Nachdem sie drei Mal mit ihrem mit der EU ausgehandelten Brexit-Abkommen im heillos zerstrittenen Parlament krachend durchgefallen war, gab sie schließlich auf.

Wer schafft es in Johnsons Kabinett?

Nur wenige Minuten nach Mays Abschied wird Elizabeth II. den Brexit-Hardliner Johnson zum Premierminister ernennen. Er hatte sich in einer Tory-Urwahl gegen seinen Mitbewerber Jeremy Hunt durchgesetzt.

Johnson plant britischen Medien zufolge eine weitreichende Kabinettsumbildung, um seine Pläne für den EU-Austritt durchzusetzen. Er will die Posten vor allem an Brexit-Hardliner verteilen und nur zu einem Drittel an EU-freundliche Politiker. Zum "Kabinett des modernen Großbritanniens" werden den Berichten zufolge auch mehr Frauen und Politiker ethnischer Minderheiten zählen als bisher.

Es wird erwartet, dass Johnson die Namen zumindest einiger der neuen Kabinettsmitglieder noch heute verkündet. Laut Medienberichten will er den Drahtzieher der Brexit-Kampagne, Dominic Cummings, als Berater in sein Team berufen.

Mehrere EU-freundliche Minister und Staatssekretäre sind bereits zurückgetreten - etwa der bisherige Finanzminister Philip Hammond. Auch Vize-Premierminister David Lidington kündigte seinen Rücktritt an.

EU will keine Zugeständnisse machen

Mit seinem neuen Kabinett will Johnson dann versuchen, den Brexit zu vollziehen. Nach derzeitigem Plan wird Großbritannien am 31. Oktober aus der Europäischen Union austreten. Nach eigener Aussage ist Johnson bereit, notfalls ohne Austrittsabkommen zu gehen.

Das EU-Parlament hat eine Nachverhandlung des Brexit-Abkommens abermals ausgeschlossen. Die Brexit-Steuerungsgruppe im EU-Parlament warnte zudem, dass Johnsons Aussagen in jüngster Zeit das Risiko eines ungeordneten Ausscheidens Großbritanniens aus der EU deutlich erhöht hätten. Ein solcher No-Deal-Brexit würde wirtschaftlich großen Schaden anrichten, hieß es in einer Erklärung der Abgeordneten.