Demonstranten halten Schilder bei einer "Freedom Rally for Iran" vor dem Rathaus in Los Angeles (USA) in den Händen.

Proteste im Iran Wo bleibt die Solidarität der US-Promis?

Stand: 10.10.2022 11:44 Uhr

In Los Angeles lebt die größte iranische Community außerhalb ihres Landes. Tausende dort solidarisieren sich mit den Protestierenden im Iran - und fragen: Wo bleibt prominente Unterstützung aus den USA?

Von Mandana Bareh Foroush, ARD-Studio Los Angeles

"Frau, Leben, Freiheit", rufen die Menschen bei einer Demonstration in Los Angeles. Hier lebt die zweitgrößte iranische Community weltweit. Sie trägt den Spitznamen "Tehrangeles". Jede Woche protestieren hier Tausende, solidarisieren sich mit den Frauen im Iran, die dort für Emanzipation, sexuelle Selbstbestimmung und grundlegende Menschenrechte demonstrieren.

"Diese Bewegung ist für alle unterdrückten Frauen. Weltweit!", sagt ein Demonstrant. "Die Körper der Frauen wurden für die fanatischen religiösen Ideen des Regimes missbraucht", sagt ein anderer: "43 Jahre lang durfte sich dort niemand frei entfalten - vor allem die Frauen, sie haben sie in einer Art Käfig gehalten. Und jetzt ist es an der Zeit, aus dem Käfig auszubrechen und einfach frei zu sein wie der Rest der Welt."

Wut auf das iranische Regime

Die Demonstrierenden sind aufgebracht, wütend auf das Regime, das die Proteste auf den Straßen brutal niederschlägt. Viele haben Tränen in den Augen, während sie über die Situation im Iran sprechen, wo Freunde und Familie leben. Aber hier gemeinsam mit anderen Iranern zu stehen, habe etwas Tröstendes. 

Die Proteste im Iran werden ganz klar von den Frauen des Landes angetrieben, von jungen Frauen, teilweise von Kindern, sagt Maz Jobrani, Comedian und Autor in Los Angeles. In seinem Comedy-Programm kritisiert er seit Jahren das iranische Regime. Jobrani spricht auf Instagram über die Hintergründe der Proteste, 500.000 User folgen ihm.

Im ARD-Interview sagt er: "Die iranische Revolution 1979 war weniger eine islamische Revolution als vielmehr eine Revolution gegen die Frauen. Denn sie hat den Frauen wirklich alles genommen und unter anderem gesagt: Hey, ihr seid jetzt die Hälfte von dem, was ein Mann ist. Das ist nicht mal praktisch - denn sie verlieren die Hälfte ihrer Arbeitskraft, die Hälfte ihrer Intelligenz." Jobrani beschreibt es deshalb als "unglaublich, dass diese Leute 43 Jahre lang durchgehalten haben."

Enttäuschung über fehlendes Echo

Die Frauen im Iran riskieren ihr Leben, wenn sie auf den Straßen nach Freiheit rufen. Das Echo in Amerika ist aber verhalten. Viele bekannte Frauenrechtlerinnen äußerten sich bislang noch nicht. Die Demonstrierenden in Los Angeles können das nicht nachvollziehen. "Es ist eine Schande für viele die sich für Menschen- und Frauenrechte einsetzen. Sie äußern sich einfach nicht, wie Michelle Obama. Wo ist sie?", fragt ein Demonstrant.

Die Protestierenden sind enttäuscht: "Unsere Vizepräsidentin, Kamala Harris, Oprah Winfrey, all diese mächtigen Frauen, die Feministinnen sind, sagen nichts. Alle Frauen auf der Welt sind wichtig, nicht nur bestimmte Frauen. Es ist also sehr traurig. Es ist sehr enttäuschend, dass sie sich nicht zu Wort gemeldet haben. Jeder muss seine Stimme erheben für diese Bewegung, die sich aufbaut."

Sichtbarkeit als Schutzschild

Auf den Social Media Profilen von Winfrey oder Obama gibt es keinen Hashtag, kein Foto, keine Solidarität mit den Frauen im Iran. Aber bringt das überhaupt was? "Ein Hashtag auf Instagram? Ja! Genau das brauchen die Frauen im Iran jetzt", sagt zumindest Maz Jobrani.

Freunde hätten sich bei ihm gemeldet und gefragt, was sie tun könnten: "Und ich habe ihnen gesagt, einfach posten, posten, posten. Hashtag Mahsa Amini, Hashtag Iran-Protest. Wenn wir im Westen das weiterhin in den Medien und den sozialen Medien verbreiten, wird es ab einem bestimmten Punkt nicht mehr zu leugnen sein." Wer sich dann auf die Seite der iranischen Regierung stelle, stehe auf der Seite von Mördern.

Die Zeit könnte knapp werden

Auch die Medien in Amerika und Europa äußern sich zu wenig über die Proteste im Iran, sagt er. Allerdings habe jedes Land auch eigene Probleme, über die berichtet werden muss. Ihm ist klar: "Es braucht Zeit, bis die Welle bei uns im Westen, in Amerika ankommt."

Zeit, die für Frauen und Männer im Iran knapp werden könnte, sagt Melika, eine der Demonstrierenden hier in Los Angeles. Das Regime gehe immer skrupelloser gegen die Demonstrierenden vor. Jeden Tag gäbe es mehr Tote.

Sie hofft, dass den Iranerinnen und Iranern nicht der Atem ausgeht: "Ich habe mit meiner Tante im Iran gesprochen. Sie protestiert dort. Ich habe ihr gesagt, dass sie vorsichtig sein soll. Aber sie meinte, dass es ihr egal ist und sie lieber stirbt, als weiter so zu leben. Es geht um etwas Größeres als sie selbst."

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