Skandal um IWF-Chef Strauss-Kahn Was wird aus dem Euro-Rettungspaket?

Stand: 16.05.2011 07:06 Uhr

Die Festnahme von Dominique Strauss-Kahn stürzt auch die Organisation, deren Chef er ist, in erhebliche Turbulenzen. Denn der Internationale Währungsfonds steht in dieser Woche vor schwerwiegenden Entscheidungen - etwa in der Euro-Schuldenkrise. tagesschau.de beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wie reagiert der IWF?

Der IWF sieht seine Arbeit durch die Anklage Strauss-Kahns wegen versuchter Vergewaltigung nicht beeinträchtigt. Die Organisation bleibe "vollkommen handlungsfähig", erklärte der IWF. Zu den Vorwürfen selbst wollte der IWF keinen Kommentar abgeben, in einer Stellungnahme verwies die Organisation auf den Anwalt Strauss-Kahns. Inzwischen hat der IWF eine Sondersitzung seines Aufsichtsrates anberaumt, bei dem das Gremium über die "Entwicklungen hinsichtlich des Managing Directors" unterrichtet werden soll. Nach der Verschiebung der Anklageverlesung wurde allerdings auch der Sitzungstermin auf unbestimmte Zeit verschoben.

Wie wichtig ist der IWF für den Euroraum?

Der IWF trägt bislang ein Drittel der Finanzhilfen für Griechenland, Portugal und Irland. Für Sonntag in Berlin angesetzte Beratungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem IWF wurden abgesagt. Es seien auch keine Gespräche mit Vertretern geplant, verlautete aus Berliner Regierungskreisen. Bei dem Treffen sollte es um die Vorbereitung des Rettungspakets für Portugal sowie die Hilfen für Griechenland gehen.

Was wird aus der Finanzhilfe für Portugal?

Strauss-Kahn wollte heute mit den Finanzministern der Eurozone unter anderem über eine Kreditvergabe von 78 Milliarden Euro an Portugal beraten. "Die Affäre kommt zu einem schlechten Zeitpunkt", zitiert die Nachrichtenagentur AFP einen EU-Diplomaten.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte dagegen im "Bericht aus Berlin", der IWF sei eine große Institution und voll arbeitsfähig. Er erwarte davon keine Auswirkungen auf das für heute geplante Treffen der Euro-Finanzminister zur europäischen Schuldenkrise. Die Lösung der Probleme sei dadurch nicht belastet.

Gibt es Auswirkungen für Griechenland?

Die griechische Regierung beeilte sich derweil mitzuteilen, dass sie die Auflagen des IWF zur Sanierung der griechischen Staatsfinanzen weiter umsetzen werde. Der IWF hatte im vergangenen Jahr zusammen mit der EU ein Rettungspaket von 110 Milliarden Euro für Griechenland geschnürt. Im Gegenzug muss Athen strikte Sparauflagen und Reformen umsetzen. Zuletzt war aber deutlich geworden, dass Griechenland weitere internationale Hilfe braucht, weshalb über ein weiteres Rettungspaket diskutiert wird.

Ist ein Machtverlust des IWF möglich?

Der IWF ist in der weltweiten Finanzkrise zu einem der wichtigsten Krisenhelfer aufgestiegen. Die Sonderorganisation der Vereinten Nationen greift ein, wenn Staaten Finanzschwierigkeiten haben oder ihnen der Bankrott droht. Der IWF hilft den Mitgliedsländern dann mit Krediten, die aber an strenge Auflagen gebunden sind, zuvorderst die Sanierung der Staatsfinanzen. Die Festnahme Strauss-Kahns und sein Fehlen bei möglicherweise entscheidenden Verhandlungen für die Stabilisierung des Euros könnten einen empfindlichen Machtverlust für den IWF einläuten.

Wer vertritt Strauss-Kahn?

Ein paar Tage vor dem Vergewaltigungsvorwurf gegen Strauss-Kahns hatte dessen Vize, der Amerikaner John Lipsky, seinen Rückzug angekündigt. Gründe nannte er dabei keine. Der IWF verkündete aber am Sonntagabend, dass Lipsky dessen ungeachtet Strauss-Kahn vertreten solle. Die stellvertretende geschäftsführende Direktorin Nemat Shafik wird den IWF heute beim Treffen der Eurogruppe in Brüssel vertreten.

Was wird aus Strauss-Kahns politischer Karriere?

Momentan ist Strauss-Kahn in den USA der versuchten Vergewaltigung angeklagt. Sollte er verurteilt werden, ist seine politische Karriere beendet. Doch selbst, wenn er nicht schuldig gesprochen wird, dürfte Strauss-Kahns Ansehen großen Schaden nehmen. Auch als französischer Präsidentschaftskandidat steht er wohl vor dem Aus.

Zusammengestellt von Christian Radler, tagesschau.de