Ruinen
Reportage

Lage in Homs Ein Funken Hoffnung in den Trümmern

Stand: 21.06.2018 14:29 Uhr

Homs war einst ein beliebtes Reiseziel von Touristen. Nun liegt ein Drittel der syrischen Stadt in Trümmern, doch einige versuchen den Neuanfang.

Er ist der einzige in seinem Viertel, der den Neuanfang wagt. Einsam läuft Akram Al Khori mit Schaufel und Eimer durch die Trümmerwüste der Altstadt von Homs. Die Sonne brennt. Der 40-jährige Familienvater aber will zurück. Seit die letzten Rebellen vor zwei Jahren aus seinem Viertel abgezogen sind, baut der gelernte Handwerker sein Haus mit den eigenen Händen wieder auf.

Nach einem Luftangriff war das Gebäude schwer beschädigt worden. In etwa einem Monat will er mit seiner Frau und den beiden Söhnen einziehen, auch wenn vieles noch improvisiert scheint. Die Mietwohnung, in der sie noch wohnen, ist auf die Dauer schlicht zu teuer. "Ich stelle mein Haus fertig", sagt er. "Freiwillig. Selbst, wenn ich der einzige bin, ich werde hierher zurückkommen."

Provinz ist unter Kontrolle der Regierung

Seit wenigen Wochen ist die gesamte Provinz von Homs wieder unter Kontrolle der Regierung. Zuletzt hat sie auch den Norden der Stadt zurückerobert - wichtige Zufahrtsstraßen. Die meisten islamistischen Kämpfer sind aus der einstigen Hochburg der Rebellen nach Idlib oder Jarablus abgezogen. Andere hoffen auf ein Amnestieprogramm.

Für Präsident Baschar al-Assad ist es ein strategisch wichtiger Etappensieg. Die Region grenzt an den Libanon und den Irak. Homs ist die drittgrößte Stadt Syriens. Einst war sie beliebtes Reiseziel für Touristen.

Gouverneur lädt Syrer zur Rückkehr ein

Etwa sieben Jahre nach Beginn des Aufstands, nach erbitterten Kämpfen, Bombenhagel, Flucht und Leid will Gouverneur Talal Brasi nun Tempo beim Wiederaufbau machen. Doch noch immer liegt etwa ein Drittel der Stadt in Trümmern, ganze Viertel sind unbewohnbar, vielerorts fehlen Strom und Wasser. Investoren sind nicht in Sicht.

Die internationale Gemeinschaft hält sich zurück, solange Assad an der Macht ist. Brasi setzt auf Eigeninitiative und Improvisationskunst der "Homsis", er stellt Rebellen Straffreiheit in Aussicht, ihr Wohneigentum sei sicher. Doch nur 160.000 von etwa 500.000 Flüchtlingen sind bislang in die Region zurückgekommen.

Im Gespräch mit dem ARD-Studio Kairo fordert er Syrer im In- und Ausland auf, zurückzukommen: "Ich lade alle syrischen Mitbürger ein, die keine Verbrechen begangen haben, denen kein Mord vorgeworfen wird, nach Syrien zurückzukommen. Die Türen sind offen."

Eine Frau läuft durch Trümmer in der syrischen Stadt Homs

Trümmer in der syrischen Stadt Homs: Schwieriger Wiederaufbau

"Eigentum von Flüchtlingen ist sicher"

Zuletzt allerdings hatte ein geplantes Gesetz der syrischen Regierung Verunsicherung und Proteste ausgelöst. Danach soll Besitzern von Wohneigentum eine Frist von 30 Tagen gesetzt werden, sich bei staatlichen Stellen zu registrieren. Anderenfalls drohe ihnen der Verlust des alten Eigentums. Gerade Flüchtlinge und Oppositionelle fürchteten um ihren Besitz. Auch die Bundeskanzlerin hatte die Rücknahme gefordert.

Der Gouverneur versucht nun gegenüber der ARD zu beschwichtigen: "Bislang ist dieses Gesetz nicht in Kraft. Wir warten auf die Ausführungsbestimmungen. Es wird alle Bedenken der Betroffenen zerstreuen, ihr Eigentum schützen. Das syrische Recht sichert die Rechte der Eigentümer."

Baba Amr als Modell für das neue Homs

Pläne für das Homs von morgen gibt es schon. Baba Amr soll das Modell dafür werden. 2011 begann in dem Stadtviertel der Aufstand gegen die Regierung. Die schickte Kampfjets, zerschlug den Aufstand. Seit 2012 gilt es als "befriedet". Die Rebellen sind abgezogen. Zurückgeblieben sind Misstrauen und eine Trümmerwüste.

Homs

Homs war einst ein Anziehungspunkt für Touristen.

Etwa 70 Prozent aller Häuser sind zerstört. Und das schon seit Jahren. Nur etwa die Hälfte der einst 40.000 Menschen lebt wieder in Baba Amr. Mazem Ateh ist einer von ihnen. Vor einem Monat kam der Familienvater zurück. "Unser Haus war ausgeräumt, die meisten Räume ausgebrannt", sagt der 39-Jährige. "Einige Wände sind zerstört. Das hat uns natürlich wütend gemacht."

Er will jetzt nach vorne schauen und hat einen Lebensmittelladen aufgemacht. Das Geschäft läuft zäh. Nur zwei Familien leben in der Nachbarschaft. Immerhin reicht es zum Überleben.

Aus den Trümmern soll nun also ein Vorzeigeviertel werden. Versöhnung, Wiederaufbau, hohe Häuser, viel Glas und Grün. All das bis 2025, so der ehrgeizige Plan. "Alle Bewohner dieses Viertels sind sehr gespannt auf das Projekt," sagt Rim Balbbaki von der Provinzverwaltung. "Wir werden die Gegend gemeinsam mit den Bürgern Hand in Hand neu entwickeln." Bislang ist es nicht viel mehr als ein Plan. Die Realität sieht sehr viel ernüchternder aus.

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