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Reportage

Syrische Stadt Hajin Zäher Kampf um letzte IS-Bastion

Stand: 18.12.2018 17:49 Uhr

Seit Monaten läuft die Schlacht um eine der letzten IS-Hochburgen in Syrien. Ein Sieg ist für die Kämpfer des SDF-Bündnisses zum Greifen nah. Doch ausgerechnet jetzt droht ein Zweifrontenkrieg.

In einer Sumpfebene gut 200 Kilometer entfernt von der Front bei Hasakah hoffen sie, endlich sicher zu sein. Wochenlang hat es geregnet, es ist bitter kalt. Etwa 4000 Menschen leben dort in Zelten und im Freien, darunter viele Kinder. Es gibt keine Schule, keine Betreuung, keine Perspektive.

Vor vier Wochen habe eine Hilfsorganisation das letzte Mal Lebensmittel und Trinkwasser gebracht, erzählen die Geflüchteten. Nun neigten sich die Vorräte dem Ende. Und doch sei ein Leben unter diesen erbärmlichen Umständen sehr viel besser als das, was sie unter der Terrormiliz IS hätten erleiden müssen.

"Sie haben uns als menschliche Schutzschilde missbraucht, damit sie nicht aus der Luft von Kampfjets angegriffen werden können", sagt Abed. "Überall haben sie Minen gelegt und wollten keinen mehr entkommen lassen."

"Sie sind Verbrecher, dreckige Diebe"

Im Euphrat-Tal läuft die letzte Schlacht gegen die selbsternannten Gotteskrieger. 5000 sollen es noch sein - Kämpfer aus Syrien, aber auch aus vielen anderen Ländern, die offenbar entschlossen sind, ihre letzte Bastion bis zum Tod zu verteidigen.

Das könnte auch daran liegen, dass IS-Chef Abu Bakr al-Bagdadi in ihren Reihen vermutet wird. Noch im August hatte er sich mit einer Audiobotschaft an seine Anhänger gewandt und Hoffnung auf eine Wende im Krieg zum Ausdruck gebracht.

Für Ahmed wäre das ein Albtraum. Vor seiner Flucht musste er traumatische Erfahrungen mit IS-Kämpfern machen: "Sie greifen Frauen in den Straßen auf, fesseln sie, halten sie zehn Tage in Haft, töten sie", berichtet er. "Sie haben uns nichts zu essen gegeben, die Lebensmittelläden zerstört. Sie sind Verbrecher, dreckige Diebe, sie haben uns alles weggenommen."

Anderswo fallen sie plündernd über Dörfer her, wie Abed erzählt. "Sie haben Schläferzellen. Manchmal tauchen sie aus dem Nichts auf und verschwinden dann wieder."

Blutiger Häuserkampf

Die kurdisch-arabischen Kämpfer des SDF-Bündnisses liefern sich seit Monaten erbitterte Gefechte um die letzten Terrornester des IS. Ihr Widerstand ist zäh, der Vormarsch mühsam und verlustreich. Immer wieder starten IS-Milizen gefährliche Attacken aus dem Hinterhalt.

Weit über 50 kurdische Kämpfer sind in den vergangenen Wochen ums Leben gekommen. "Sie haben Sprengfallen und Minen an jeder Ecke platziert", erzählt SDF-Kommandeur Zanar Auaz. "Wir kommen voran, aber langsam und müssen vorsichtig sein, um zivile Opfer zu vermeiden."

Etwa 80 Prozent der einstigen IS-Hochburg Hajin haben SDF-Einheiten befreit. Ganze Straßenzüge liegen nun in Trümmern, sind menschenleer. Noch immer kontrolliert die Terrormiliz etliche Dörfer in der Umgebung.

Auch dort droht ein blutiger Häuserkampf, wie SDF-Kämpfer Refaat al-Ebeid glaubt: "IS-Kämpfer versuchen jeden Tag, unsere Einheiten anzugreifen und die Dörfer wieder zurückzuerobern. Aber wir halten mit aller Macht dagegen."

Türkische Offensive bedroht möglichen Sieg

Ein Sieg würde auch das vorläufige Ende eines beispiellosen Feldzuges gegen die Terrormiliz in Syrien markieren. Mithilfe der USA vertrieb die SDF die Dschihadisten aus dem Norden und Osten des Landes. Nun aber droht ein Zweifrontenkrieg. Türkische Truppen stehen an der Grenze.

Der türkische Präsident Recep Tayip Erdogan hat mit einer Offensive gedroht. Er sieht in den syrischen Kurden den verlängerten Arm der verbotenen Arbeiterpartei PKK und will sie von der Grenze vertreiben. "Diese Drohungen helfen dem IS", sagt Zanar Auaz. "Ausgerechnet jetzt, wo wir in der Schlacht um Hajin vorankommen, droht die Türkei mit einer Offensive in Nordsyrien."

Das sind schlechte Nachrichten für Tausende Menschen in Syrien, die noch immer unter der IS-Herrschaft leiden. Dass die Befreier nun selbst unter Beschuss geraten, ist für viele hier unbegreiflich.

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