Premier Boris Johnson

Brexit-Machtkampf Das Drama geht weiter

Stand: 06.09.2019 11:38 Uhr

Wie geht es weiter in Großbritannien? Das Oberhaus wird heute wohl das Gesetz verabschieden, das einen harten Brexit verhindern soll. Im Fall von Neuwahlen sieht es für Johnson gar nicht schlecht aus.

Das britische Oberhaus verabschiedet heute wohl das Gesetz, das einen harten Brexit verhindern soll. Das Drama in Westminister ist damit aber nicht vorbei. Nun dreht sich alles um die Frage, ob und wann es Neuwahlen in Großbritannien gibt. Mit der Entscheidung der Lords wird für den Abend gerechnet. Dann muss die Queen das Gesetz noch unterzeichnen.

Doch Premierminister Boris Johnson lehnt es nach wie vor ab. Lieber läge er tot im Graben, als die EU um eine weitere Verlängerung der Austrittsfrist zu bitten, sagte Johnson jetzt.  Er werde alles in seiner Macht stehende tun, damit Großbritannien am 31. Oktober aus der Europäischen Union austritt, so der Premier.

Problemfall Backstop

Falls bis zum 19. Oktober kein EU-Austrittsvertrag zustande komme, müsste er nun in Brüssel drei Monate Aufschub beantragen. Danach sieht es bisher nicht aus. Brüssel wartet immer noch auf Vorschläge, wie London den umstrittenen Backstop für Irland ändern will.

Möglicherweise hat Johnson den Streit um den Brexit auf die Spitze getrieben, um Neuwahlen zu erzwingen. Erst provozierte er die Parlamentarier mit einer Zwangspause, dann ließ er konservative Abgeordnete, die sich gegen seinen Brexit-Kurs stellten, aus der Fraktion ausschließen. Johnsons eigener Bruder legte jetzt Mandat und Staatssekretärsposten nieder.

Die britische und die EU-Flagge wehen vor dem britischen Parlament.
Pause genehmigt, Berufung erlaubt
Ein Londoner Gericht hat eine Klage gegen die fünfwöchige Zwangspause des britischen Parlaments abgewiesen. Eine Berufung gegen die Entscheidung vor dem Supreme Court wurde aber zugelassen. Dort soll es am 17. September weitergehen.

Geklagt hatten unter anderem die Geschäftsfrau und Aktivistin Gina Miller und Ex-Premierminister John Major. Sie sehen in der bis zu fünf Wochen langen Sitzungsunterbrechung ein unzulässiges politisches Manöver von Johnson, um seinen Brexit-Kurs durchzudrücken.
Jo Johnson (links) und Boris Johnson

Die Brüder Johnson gehen nun getrennte Wege

Johnson braucht eine Mehrheit

Doch der Premier stellt sich als Opfer der Umstände dar, die er selbst heraufbeschworen hat: Er wolle überhaupt keine Wahlen, sehe aber keinen anderen Weg, um den Brexit durchzuziehen, wiederholte Johnson seine Losung. Doch klar ist auch: Johnson will eine arbeitsfähige Mehrheit, mit einem Kabinett, das hinter ihm steht, und einer Fraktion, die seinen Kurs trägt.

Bereits am Montag könnte Johnson den nächsten Anlauf auf Neuwahlen nehmen. Zwei Drittel des Unterhauses müssten dem Antrag zustimmen. Labour-Chef Jeremy Corbyn will erst mitziehen, wenn das Ausstiegsgesetz in Kraft ist. Andere wollen gar abwarten, bis der Premier den Aufschub beantragt.

Die Opposition schwächelt

Corbyn ist aber wohl auch deshalb so zurückhaltend, weil seine Labourpartei in den Umfragen hinter den Konservativen liegt. Selbst Stammwähler kritisieren Labours unklare Brexit-Politik: Die Liberaldemokraten sagen klar und deutlich, was sie wollen. Wo die Tories mit Johnson stehen, weiß jeder. Labour steht irgendwo dazwischen. Und Corbyn wäre vermutlich kein idealer Premierminister.

Pro-Brexit-Demonstranten vorm britischen Parlament

Vorm Parlament fordern diese Demonstranten einen Brexit bis zum 31. Oktober.

Die Umfragen bestätigen dass: Nur 18 Prozent der Briten würden derzeit Corbyn ihre Stimme geben, Johnson dagegen 40 Prozent. Gerade der Konfrontationskurs des Premierministers kommt bei den Wählern gut an. Und weil der Labour-Chef in den vergangenen zwei Jahren keine Möglichkeit ausgelassen hat, Neuwahlen zu fordern, wird er sie nicht lange verhindern können.

Und die Briten sind offenbar alles andere als wahlverdrossen: Allein in dieser Woche haben sich täglich mehr als 66.000 als Wähler registrieren lassen, dreimal mehr als üblich.

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