Papademos' Kabinett vereidigt Griechenland hat eine neue Regierung

Stand: 11.11.2011 16:51 Uhr

In Griechenland ist das neue Kabinett unter dem ehemaligen EZB-Vizepräsidenten Papademos vereidigt worden. Der neuen Einheitsregierung gehören neben den Sozialisten, die zuvor die Regierung alleine stellten, auch die Konservativen und eine rechtsradikale Partei an.

Griechenland hat eine neue Regierung. Nach tagelangem Streit ist das Übergangskabinett des neuen Ministerpräsidenten und ehemaligen Vizepräsidenten der Europäischen Zentralbank, Lucas Papademos, vereidigt worden.

Die Zeremonie fand unter Leitung des Erzbischofs von Athen und Oberhaupts der Kirche Griechenlands, Ieronymos, im Amtssitz des Staatspräsidenten Karolos Papoulias statt. Das hat Tradition in Griechenland. Die Zeremonie im Präsidentenpalast war sehr feierlich, wie SWR-Hörfunkkorrespondent Thomas Bormann aus Athen berichtet: Nur das Klacken Dutzender Foto-Apparate übertönte den Schwur des neuen Ministerpräsidenten Papademos auf die Verfassung.

Die Übergangsregierung soll das Land nach dem Rücktritt des bisherigen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou aus der chronischen Finanzkrise herausführen und für vorgezogene Neuwahlen sorgen.

Kabinett von sozialdemokratisch bis rechtsextrem

Die neue Einheitsregierung wird von den Sozialisten (PASOK), den Konservativen (Nea Dimokratia) und der rechtsgerichteten Partei LAOS unterstützt. Sie soll Reformen durchsetzen, damit internationale Hilfen fließen können. Die drei Parteien verfügen über eine deutliche Mehrheit von 254 Abgeordneten im 300-köpfigen griechischen Parlament.

Die PASOK stellt 13 der insgesamt 17 Minister, die ND zwei, die LAOS einen, ein Minister ist parteilos. Insgesamt gehören dem Kabinett 49 Mitglieder - Minister, Stellvertreter und Staatssekretäre - an. Um die Ministerposten wurde bis zum letzten Moment hart verhandelt. Die Vereidigung musste deshalb um zwei Stunden verschoben werden.

Venizelos bleibt Finanzminister

Der bisherige sozialistische Finanzminister Evangelos Venizelos behält sein Amt und bleibt auch Vizepremier. Das Außenamt übernimmt der Vize-Vorsitzende der Konservativen und frühere EU-Umweltkommissar, Stavros Dimas. Sein Parteifreund Dimitris Avramopoulos, ehemaliger Bürgermeister von Athen, wird Verteidigungsminister.

Erstmals seit dem Ende der Militärdiktatur 1974 ist eine rechtsnationalistische Partei an einer Regierung beteiligt: Makis Voridis von der LAOS-Partei wird das Ministerium für Infrastruktur und Verkehr leiten. Er stand lange dem rechtsextremen Front National von Jean-Marie Le Pen in Frankreich nahe. Voridis' Parteifreund Adonis Georgiadis, unter anderem Mitherausgeber eines antisemitischen Pamphlets, wird Staatssekretär für Entwicklung und die Handelsmarine.

Zentralrat der Juden kritisiert Einheitsregierung

An der Zusammensetzung der neuen Regierung gibt es bereits Kritik: Der Zentralrat der Juden in Deutschland kritisierte die Berufung von Politikern aus der rechtsradikalen LAOS-Partei scharf. Politiker der Gruppierung seien "mehrfach durch antisemitische Äußerungen aufgefallen", sagte der Zentralratsvorsitzende Dieter Graumann der "Bild"-Zeitung. "Dass jetzt Minister dieser Partei in ein neues Kabinett eintreten dürfen, ist sehr traurig." Er glaube, dass es deshalb "jeder deutschen Regierung schwer fallen" werde, "mit dieser griechischen Regierung zu verhandeln".

Fünftägiges Tauziehen beendet

Der Regierungsbildung war ein fast fünftägiges Tauziehen um die Nominierung des neuen Ministerpräsidenten vorausgegangen. Nach seiner Benennung sagte Papademos: "Es ist für mich eine große Ehre und eine noch größere Verantwortung." Er sei überzeugt, dass die wirtschaftlichen Probleme zu lösen seien. Die wichtigste Aufgabe der neuen Regierung werde es sein, die Spar- und Reformvorhaben umzusetzen, die Ende Oktober auf dem Gipfeltreffen der Euro-Zone vereinbart worden seien, und das internationale Hilfsprogramm für Griechenland unter Dach und Fach zu bringen. Papademos rief zu "Einheit, Verständigung und Vernunft" auf.

Der bisherige sozialistische Regierungschef Giorgos Papandreou hatte am Mittwoch seinen Rücktritt angekündigt und damit den Weg zur Bildung einer Regierung von Sozialisten und Konservativen freigemacht.

Wie lange Papademos im Amt bleiben wird, wurde nicht ausdrücklich festgelegt. Im offiziellen Kommuniqué des Staatspräsidenten wurde kein Datum für Neuwahlen genannt. Papandreou und der Parteichef der Konservativen, Giorgios Samaras, hatten zuvor Neuwahlen am 19. Februar 2012 ins Auge gefasst.