Reaktion auf Libyen-Krise Sanktionen gegen Gaddafi

Stand: 27.02.2011 15:21 Uhr

Um Libyens Staatschef Gaddafi wird es einsam. Nach den Vereinten Nationen will auch die EU Sanktionen gegen ihn und seinen Clan verhängen. Geplant sind ein Waffenembargo, Kontensperrungen und Einreiseverbote. Mehrere Regierungen forderten Gaddafi zum Rücktritt auf.

Der internationale Druck auf den libyschen Präsidenten Muammar Gaddafi nimmt weiter zu. Nachdem der UN-Sicherheitsrat Sanktionen verhängt hat, will nun auch die Europäische Union nachziehen.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton erklärte, Maßnahmen wie das Sperren von Konten, Einreise-Verbote für Mitglieder des Gaddafi-Clans und ein weitreichendes Waffenembargo würden bereits vorbereitet. Diese werden nach Einschätzung von EU-Diplomaten Anfang der Woche von den 27 Mitgliedsstaaten formal beschlossen.

Die politische Weichenstellung dafür war nach längerem Ringen Ende der Woche erfolgt. Während Deutschland und Frankreich sich massiv für Sanktionen einsetzen, hatte vor allem Italien zunächst gebremst, weil es einen Massenansturm von Flüchtlingen fürchtet und von Energie-Lieferungen aus seiner ehemaligen Kolonie abhängig ist. Bereits vor einigen Tagen hatten die EU-Staaten ihre Waffenexporte nach Libyen gestoppt und Gespräche über ein Kooperationsabkommen auf Eis gelegt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte die Verabschiedung der UN-Sanktionen. Der einstimmige Beschluss sei ein starkes Signal an Oberst Gaddafi und andere Despoten, dass Menschenrechtsverletzungen nicht ungesühnt bleiben. Gestern hatte sie ebenso wie US-Präsident Barack Obama Gaddafi zum Rückzug aufgefordert. Diesem Aufruf schloss sich Großbritanniens Außenminister William Hague an: "Natürlich ist es Zeit für Oberst Gaddafi zu gehen." Er teilte mit, dass Großbritannien Gaddafi und seinen Söhnen die diplomatische Immunität entzogen hat. Auch die lange mit Gaddafi eng verbundene Regierung Italien sprach sich gegen den Diktator aus. Es sei unvermeidbar, dass er zurücktrete, sagte Außenminister Franco Frattini. Im übrigen seien Rom bei eventuellen Aktionen gegen das Regime auch nicht die Hände gebunden, denn der bilaterale Freundschaftsvertrag mit Tripolis von 2008 sei praktisch ausgesetzt.

Militärische Sanktionen der USA gegen Gaddafi?

Die USA erwägen einem Medienbericht zufolge auch militärische Sanktionen, sollte Gaddafi weiter gewalttätig gegen sein Volk vorgehen. Die finanziellen Strafmaßnahmen, die US-Präsident Barack Obama am Freitag verhängt habe, seien nur der erste einer Reihe von Schritten, "die eine militärische Option beinhalten könnten", berichtete die "Washington Post" unter Berufung auf hohe US-Regierungsbeamte.

Dazu zähle das Durchsetzen einer Flugverbotszone über Libyen, um eine Bombardierung von Gegnern Gaddafis aus der Luft zu verhindern. Allerdings gebe es innerhalb der US-Regierung Zweifel, ob sich für solche Maßnahmen ein breiter internationaler Rückhalt finden lasse, angesichts des erwarteten Widerstands etwa aus China, hieß es. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle wollte ebenfalls weitere Maßnahmen wie eine Flugverbotszone nicht ausschließen.

Umfangreiche UN-Sanktionen

Die 15 Mitglieder des UN-Sicherheitsrates hatten sich in der Nacht ohne Gegenstimme auf ein Waffenembargo und Reisebeschränkungen für die libysche Führungsspitze geeinigt. Das Auslandsvermögen Gaddafis und seiner Familie soll eingefroren werden. Insgesamt werden 16 Namen aufgeführt, die ursprüngliche Zahl von 22 mit Sanktionen zu belegenden Libyern war im Laufe der Verhandlungen verringert worden.

Eine während der Beratungen diskutierte Flugverbotszone über Libyen wurde nicht beschlossen. Auch eine militärische Intervention unter UN-Mandat ist nicht vorgesehen. Die NATO schloss ein Eingreifen in Libyen ebenfalls aus.

Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Die UNO prüft des Weiteren, ob die Gewalt gegen Demonstranten ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellt. Damit ist der Weg frei für Ermittlungen und mögliche spätere Prozesse am internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. In der vom Westen eingebrachten Resolution 1970 wirft das höchste Entscheidungsgremium der UNO der libyschen Führungsspitze "systematische Verstöße gegen die Menschenrechte" vor.

Libyens Botschafter in New York, Abdurrahman Shalgham, stimmte den Maßnahmen schriftlich zu. Er hatte sich gestern von Gaddafi losgesagt und den Sicherheitsrat unter Tränen um Sanktionen gegen sein Land gebeten.

Ban Ki Moon: Menschenrechtsverletzungen nicht tolerieren

Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon begrüßte die Resolution. Der Text mache deutlich, dass massive Menschenrechtsverletzungen nicht toleriert und die Verantwortlichen für schwere Verbrechen zur Rechenschaft gezogen würden, sagte Ban. "Ich hoffe, dass das Regime in Libyen diese Botschaft hört und beherzigt."

Bereits am Freitag hatten die USA als erster Staat Sanktionen gegen Gaddafi verhängt. Auch die Europäische Union einigte sich im Grundsatz auf Strafmaßnahmen, ein formaler Beschluss steht jedoch noch aus.