Mitglieder der spanischen militärischen Notfalleinheit (UME) suchen nach Hochwasser-opfern in der spanischen Gemeinde Letur.

Mehr als 200 Tote nach Unwettern Spanien schickt mehr Soldaten ins Katastrophengebiet

Stand: 01.11.2024 14:30 Uhr

Die Zahl der Toten nach der Flut in Spanien ist auf mehr als 200 gestiegen. Das Verteidigungsministerium will weitere Soldaten in die betroffene Region senden. Auf Social Media organisieren sich freiwillige Helfer.

Die Zahl der Toten nach den schlimmen Unwettern in Spanien ist nach der Bergung weiterer Leichen auf 205 gestiegen. Allein 202 Opfer gebe es in der Mittelmeerregion Valencia im Osten des Landes, teilte der Notdienst der Regionalregierung auf X mit.

Spaniens Verteidigungsministerin Margarita Robles will in die von den Unwettern zerstörten Gebiete noch mehr Soldaten schicken als die bereits eingesetzten 1.700. Die Zahl werde so lange aufgestockt, wie es nötig sei für Rettungs- und Wiederaufbauarbeiten, sagte sie heute im staatlichen Sender RTVE.

Soldaten werden in weitere Gebiete geschickt

Betroffen sind vor allem Gemeinden und Orte in der Mittelmeerregion Valencia nahe der gleichnamigen Großstadt. Robles nannte die Ortschaften Ribarroja, Paiporta und Algemesí, in denen das Militär bisher noch nicht im Einsatz sei und in die nun Kräfte geschickt würden. Es werde keine Grenzen für Ressourcen geben. Eine konkrete Zahl, wie viele zusätzliche Soldaten etwa morgen dazukommen sollen, nannte sie nicht. 

Robles wies darauf hin, dass es immer noch zu früh sei, das ganze Ausmaß der Unwetterkatastrophe abzuschätzen. Es gebe "immer noch Orte, in denen Autos übereinandergetürmt sind mit Personen, Familien, die sich darin befinden könnten." Derzeit sind 1.700 Soldaten im Einsatz, die aus ganz Spanien herbeigeholt wurden. "Die Armee wird in allen Ortschaften sein, die Opfer dieser Situation geworden sind", versprach Robles.

Karte: Spanien mit Algemesí, Paiporta und Ribarroja

In Ribarroja, Paiporta und Algemesi war das Militär bisher nicht im Einsatz.

"Es gibt Menschen, die mit Leichen zu Hause leben"

Einige der Ortschaften haben weiterhin keinen Strom, müssen ohne fließendes Wasser und eine stabile Telefonverbindung auskommen. "Das ist eine Katastrophe", sagte ein Bewohner von Alfafar, einer der am stärksten betroffenen Städte im Süden Valencias, dem Fernsehsender TVE. "Viele ältere Menschen haben keine Medikamente. Viele Kinder haben nichts zu essen. Wir haben keine Milch, kein Wasser."

Der Bürgermeister von Alfafar, Juan Ramón Adsuara, sagte, die Hilfe reiche bei weitem nicht aus. "Es gibt Menschen, die mit Leichen zu Hause leben. Es ist sehr traurig. Wir organisieren uns, aber uns geht alles aus", sagte er. "Wir fahren mit Lieferwagen nach Valencia, kaufen ein und kommen zurück, aber hier werden wir völlig vergessen."

Bürgermeisterinnen bitten im Radio um Hilfe

Wie verzweifelt die Lage ist, zeigen auch die Anrufe zweier Bürgermeisterinnen beim spanischen Radio. Amparo Rivas aus dem Ort Chiva bei Valencia sagt, man brauche dringend Wasser und Lebensmittel. Anschließend wird die Rathauschefin immer verzweifelter: "Wir brauchen auch Milch und Babynahrung. Bei uns sind ganze Häuser verschwunden, wir wissen nicht, ob Menschen drin waren oder nicht."

Lorena Silvent, die Bürgermeisterin von Catarroja, bittet darum, dass in ihrem Ort vor allem die Straßen schnell geräumt werden. "Das muss passieren, damit wir endlich die Hilfe vor Ort verteilen können. Das geht viel zu langsam. Es gibt noch immer Häuser, die komplett abgeschnitten sind."

Freiwillige organisieren sich auf Social Media

Unter anderem in Catarroja greifen die Bewohner mittlerweile zur Selbsthilfe, um sich mit dem Nötigsten versorgen zu können. In der Stadt Valencia finden sich immer mehr Freiwillige zusammen, wie die Zeitung "Las Provincias" berichtete. Sie sammeln demnach Spenden, die sie in betroffenen Stadtgebieten verteilen und helfen mit Geräten ausgerüstet bei den Aufräumarbeiten.

In der Stadt haben sich auch erste Anlaufstellen für Menschen gebildet, die aus umliegenden Orten oft schlammbedeckt und zu Fuß über eine Brücke in die Stadt kommen - auf der Suche nach Essen, Trinkwasser oder einem Unterschlupf, wie RTVE berichtete.

Auch in den sozialen Medien organisierten Menschen gegenseitige Hilfe. Einige veröffentlichten Bilder von Vermissten in der Hoffnung, Informationen über ihren Verbleib zu erhalten, andere starteten Initiativen wie "Suport Mutu" (gegenseitige Unterstützung). Damit sollten Hilfsgesuche die Menschen erreichen, die Hilfe anbieten.

Mit Informationen von Nicholas Buschschlüter, ARD Madrid