Ein Polizist legt Oleg Orlow in einem Gerichtssaal in Moskau (Russland) Handschellen an

Urteil gegen Menschenrechtler Auch Orlow muss in Haft

Stand: 27.02.2024 13:14 Uhr

Nun auch Oleg Orlow: Ein russisches Gericht hat den Menschenrechtler Orlow zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt - wegen Diskreditierung der Armee. In seinem Schlusswort prangerte er die Verhältnisse in Russland an.

Das Urteil lautete auf zwei Jahre und sechs Monate Haft. Immerhin, die Staatsanwaltschaft hatte noch fünf Monate mehr verlangt. Der russische Menschenrechtsaktivist und Kremlkritiker Oleg Orlow wurde noch im Gerichtssaal festgenommen. Acht Beamte führten den 70-Jährigen ab.

Er hatte in seinem Schlusswort vor Gericht vermutet, dass die Strafe etwas Grundsätzliches haben würde. "In der Tat werden wir dafür bestraft, dass wir uns erlauben, die Macht zu kritisieren. Im heutigen Russland ist das absolut verboten."

Kampf wider das Vergessen

Und Orlow hat vieles in Russland kritisiert. Er ist Co-Vorsitzender von Memorial. Die 1989 gegründete Menschenrechtsorganisation dokumentierte mehr als 30 Jahre lang die Verbrechen der ehemaligen Sowjetunion in der Zeit des Kommunismus. Die russischen Behörden lösten Memorial im Dezember 2021 auf.

Nur ein Jahr später wurde die Organisation mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet und Orlow veröffentlichte einen Artikel in Frankreich. In dem Beitrag prangerte er an, dass ukrainische Zivilisten massenhaft getötet würden im Zuge der in Russland sogenannten militärischen Spezialoperation. Deshalb wurde Orlow im vergangenen Jahr wegen wiederholter Diskreditierung der russischen Armee mit einer Geldstrafe belegt.

Im Dezember annullierte ein Gericht das Urteil und verwies den Fall zurück an die Staatsanwaltschaft. So wurde der Weg frei für den neuen Prozess gegen Orlow. "Das ist Willkür, getarnt als formelle Einhaltung einiger pseudo-legaler Verfahren", kommentierte er dieses Vorgehen im Gerichtssaal.

Ein weiterer Oppositioneller in Haft

Bisher war Orlow einer der wenigen russischen Oppositionellen, die nicht im Gefängnis sitzen oder im Exil sind.

Nicht nur öffentliche Kritik ist verboten, sondern auch jede unabhängige Beurteilung. Für Handlungen, die scheinbar überhaupt nichts mit Politik oder Kritik an den Behörden zu tun haben, kann eine Bestrafung folgen. Es gibt keinen Bereich der Kunst, in dem freie künstlerische Ausdrucksformen möglich sind. Es gibt keine freien akademischen Geisteswissenschaften und es gibt kein Privatleben mehr.

Erinnerung an Nawalny

Orlow nutzte sein Schlusswort in dem jetzt zu Ende gegangenen Verfahren auch dazu, an den kürzlich unter ungeklärten Umständen verstorbenen Kremlkritiker Alexej Nawalny zu erinnern und all jene zu würdigen, die um ihn trauern.

In den zurückliegenden Tagen wurden Menschen festgenommen, bestraft oder sogar eingesperrt, nur weil sie zu den Denkmälern für die Opfer politischer Repression kamen, um den ermordeten Alexej Nawalny zu ehren, einen wunderbaren, mutigen, ehrlichen Menschen, der unter unglaublich schwierigen Bedingungen nicht den Optimismus verlor und den Glauben an die Zukunft unseres Landes.

Orlow kann versuchen, das jetzt gegen ihn verhängte Urteil anzufechten. Wie aussichtsreich eine Revision ist, ist fraglich.

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