Szymon Holownia im polnischen Sejm

Parlamentspräsident Holownia Neuer Wind im polnischen Sejm

Stand: 26.11.2023 08:45 Uhr

Szymon Holownia gilt als Shootingstar der polnischen Politszene. Als neuer Sejm-Marschall will er wieder eine normale Debattenkultur im polnischen Parlament etablieren.

Immer wieder versuchen PiS-Abgeordnete die Sitzung im polnischen Parlament zu stören, überziehen ihre Redezeit. Immer wieder lässt Szymon Holownia sie auflaufen. "Ich ermutige Sie dazu, origineller zu sein. Strengen Sie Ihren Intellekt an. Beleidigen muss man können", ruft der neue Sejm-Marschall, der Chef des polnischen Parlaments, ihnen zu.

Holownia will, dass Schluss ist mit dem politischem Theater, das mit der PiS Einzug gehalten habe ins polnische Parlament. "Der Sejm muss ein Ort sein, wo Standards geachtet werden. Standards, die die PiS beschmutzt, vergewaltigt und gesprengt hat", erklärt er.

"Sejm für Bürgerinnen und Bürger da"

Dass mit ihm ein frischer Wind im Sejm weht, ist seit Tag eins seiner Amtszeit zu spüren. Journalisten, deren Arbeit im Parlament durch die PiS massiv erschwert wurde, werden wieder in den Plenarsaal zugelassen.

Die Absperrungen, die die PiS vor sieben Jahren rund um das Parlamentsgebäude aufgestellt hatte, um ihn "vor aggressiven Bürgerprotesten zu beschützen", hat Holownia entfernen lassen. Der Sejm sei für die Bürgerinnen und Bürger da und für ihre Probleme, betont er. Deshalb will er auch außerparlamentarische Gruppierungen mehr einbeziehen.

 

Vom Moderator zum Spitzenpolitiker

Der 47-jährige Holownia ist ein Shootingstar der polnischen Politszene. Viele kennen ihn als schlagfertigen Journalisten, als Buchautor und Moderator der beliebten Unterhaltungsshow "Mam Talent". Vor drei Jahren wagte Holownia den Sprung in die Politik. Er kandidierte für das Amt des polnischen Präsidenten und kam auf Platz drei.

Dann gründete er seine eigene Partei, Polska 2050, mit der er bei der Parlamentswahl antrat. Holownia setzt sich für eine starke Demokratie ein, für mehr EU und Klimaschutz. Wenn es um Themen wie das Abtreibungsrecht geht, gilt der bekennende praktizierende Katholik als konservativ.

 

Mit großer Mehrheit gewählt

Als Sejm-Marschall, ein Amt vergleichbar mit dem des Bundestagspräsidenten, ist Holownia auch Vertreter des polnischen Präsidenten und damit zweitwichtigster polnischer Staatsmann. Mit den Stimmen von 265 Abgeordneten wurde er gewählt, es sind mehr, als die potenzielle neue Regierungskoalition Sitze hat. Die Kandidatin der PiS kam auf 193 Stimmen.

Es ist ein erstes Symbol für das Ende der Macht der noch regierenden PiS im Parlament. Die ist zwar stärkste Kraft geworden, doch es gilt als unwahrscheinlich, dass sie eine Regierungsmehrheit hinbekommt. Stattdessen gilt als sicher, dass ein Bündnis aus der Bürgerkoalition von Donald Tusk, der Linken und dem sogenannten "Dritten Weg", zu dem auch Holownias Partei gehört, die Regierung bilden wird.

 

Nur für zwei Jahre im Amt

Bei einem ersten Treffen mit dem polnischen Präsidenten Andrzej Duda forderte er ihn dazu auf, die Regierungsbildung nicht weiter zu verzögern und gab sich im Anschluss zuversichtlich: "Der Präsident hat mir versichert, dass er alle Termine, die die Verfassung für die Regierungsbildung vorgibt, einhalten wird."

Zwei Jahre lang wird Holownia Sejm-Marschall sein, statt wie üblich vier, so haben die zukünftigen Koalitionspartner es vereinbart. Sein Ziel für diese Zeit sei simpel: "Ich will, dass die Qualität der Debatte im Sejm sich verbessert, dass im Sejm wieder Recht und Ordnung herrschen." Niemand in Polen solle sich mehr für das Parlament schämen.

Dass seine Amtszeit verkürzt ist, könnte ihm entgegenkommen. 2025 wird in Polen ein neuer Präsident gewählt und Beobachter halten für sehr wahrscheinlich, dass Szymon Holownia seine Rolle als Sejm-Marschall als Sprungbrett in den Präsidentenpalast nutzen könnte.

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