LNG-Terminal auf der Insel Krk

LNG-Terminal auf Krk Erpressung mit Gas und "Interessen"

Stand: 21.03.2024 16:36 Uhr

Auf dem Balkan könnte Bosnien und Herzegowina mit Flüssiggas aus Kroatien versorgt werden. Doch nationalistische Politiker beider Staaten blockieren ein geplantes Projekt.

Seit 2021 bekommt Kroatien Flüssiggas über einen Terminal auf der kroatischen Insel Krk, geliefert von Gastankern aus den USA. Dank des Terminals wurde Kroatien unabhängig von russischem Gas und kann seinen gesamten Gasbedarf decken. Jetzt möchte das Land an der Adria den Terminal ausbauen: Krk soll zur Drehscheibe für den Transport von Fracking-Gas aus den USA werden. Schon vor zwei Jahren klopften deswegen Politiker aus Deutschland und Österreich an. Doch das größte Potential düfte das Terminal für den Balkan haben. Vor allem Bosnien und Herzegowina könnte profitieren.

Die Pläne für den Ausbau des Terminals von knapp drei Milliarden Kubikmeter auf mehr als sechs Milliarden Kubikmeter Fassungsvermögen begrüßen auch die USA. Erst kürzlich schrieb US Außenminister Antony Blinken Briefe an die Außenminister von Kroatien und Bosnien und Herzegowina: Er drängte auf einen raschen Ausbau des Terminals und den Bau einer Leitung von Kroatien ins Nachbarland.

Dort sehen Experten das Vorhaben aber kritisch. Die "južna interkonekcija" die "südliche Gasleitung" würde nämlich vor allem den USA nutzen, meint Damir Miljević, Energieexperte und Mitglied des Zentrums für nachhaltige Energiewende RESET. Er stellt das Projekt generell in Frage. Amerika, so seine Feststellung, habe Europa "überredet", auf Flüssiggas umzusteigen und sei darum der einzige Profiteur.

Bosnische Serben an der Seite Russlands

Das Projekt hat also auch geopolitische Bedeutung. Kroatien ist NATO und EU-Mitglied und klar nach Westen ausgerichtet - Bosnien und Herzegowina dagegen ist ein gespaltenes Land: Die bosnischen Serben sehen sich als treuer Partner Russlands und würden sich am liebsten vom Staat Bosnien und Herzegowina abspalten.

Erst vor wenigen Tagen sagte der Präsident der serbischen Teilrepublik, Milorad Dodik, in einem Interview: "Was immer man von Putin denkt, er ist heute Präsident Russlands und einer der mächtigsten Menschen der Welt. Warum sollte ich es vermeiden wollen, von so jemandem der Freund zu sein?" Die Serben haben darum kein Interesse an einem Ausbau der Pipeline, die technisch keine besonders große Herausforderung wäre.

Auf kroatischer Seite verläuft die Gasleitung bereits bis zur Hafenstadt Split. Von dort wären es nicht einmal 170 Kilometer bis zu bosnischen Hauptstadt Sarajevo. Doch Bosnien und Herzegowina bezieht russisches Gas, das auch über den serbischen Landesteil Republika Srspska nach Bosnien kommt. Der Zugriff auf die Durchleitungsventile liegt bei serbischen Firmen und serbischen Politikern - und diese spielen ihre Macht durchaus aus.

Als vor einigen Jahren der Liefervertrag für die Gasversorgung von Sarajevo auslief, drohten die Serben, den Gasfluss abzuriegeln. "Die Leute spüren die Macht des Ventils", sagt Amir Becarevic, Energieexperte aus Sarajevo, "und wenn du das Ventil drehst, dann denkst du, du bist groß und stark. Dieses Ventil gibt dir die Möglichkeit, morgen politisch zu erpressen".

Čović fordert weitere Betreibergesellschaft

Erpressung wird aber auch führenden Repräsentanten der kroatischen Volksgruppe in Bosnien und Herzegowina nachgesagt. So blockiert der wohl einflussreichste kroatische Politiker, Dragan Čović, das Projekt der Gaspipeline. Seit drei Jahren weigern sich die bosnischen Kroaten im Regionalparlament, die notwendigen Gesetze zu beschließen.

Čović verwies dabei immer auf die "Interessen des kroatischen Volkes". Er will seine Blockade nur aufgeben, wenn im kroatischen Landesteil, in Mostar, eine zusätzliche Betreibergesellschaft für die Durchleitung von Gas aus Kroatien gegründet wird. Beobachter wittern Korruption und vermuten, dass Čović am Projekt mitverdienen möchte.

Wirtschaftlich nämlich wäre eine zusätzliche Betreibergesellschaft unnötig: Bosnien und Herzegowina ist klein, im Land leben etwa 3,2 Millionen Menschen. Im Moment werden im ganzen Land etwa 300 Millionen Kubikmeter Gas pro Jahr verbraucht. Nach Meinung von bosnischen Fachleuten müssten aber mehr als 500 Kubikmeter Gas verbraucht werden, um genügend Einnahmen für den Leitungsbetrieb zu generieren. Und einen Gasspeicher gibt es in Bosnien und Herzegowina bis heute nicht.

Auch Kroatiens Regierung will nichts riskieren

Dragan Čović allerdings kann auf die Unterstützung durch die derzeitige kroatische Regierung von der konservativen Partei HDZ bauen. Für die Partei sind die bosnischen Kroaten eine sichere Bank, vor allem in einem Wahljahr wie diesem. Denn viele der mehr als 500.000 ethnischen Kroaten haben neben dem bosnischen auch einen kroatischen Pass und können an der Wahl in Kroatien mitstimmen - und viele stimmen traditionell für die HDZ.

Vor der Parlamentswahl am 17. April will Premier Andrej Plenković von der HDZ es sich darum nicht mit den Kroaten in Bosnien verderben. Bei einem Treffen mit Čović erklärte Plenković, er unterstütze "die Position von Dragan Čović hinsichtlich der Notwendigkeit, die Interessen des kroatischen Volkes in Bosnien und Herzegowina zu berücksichtigen".