Donald Tusk und Denys Schmyhal in Warschau

Treffen zu Getreidestreit Hohe Erwartungen - keine Lösung

Stand: 28.03.2024 17:51 Uhr

Polens neuer Regierungschef Tusk hatte im Wahlkampf versprochen, den Getreidestreit mit der Ukraine schnell zu lösen. Doch auch nach einem Treffen beider Regierungen hieß es nur: "Wir suchen und kommen der Lösung näher."

"Herr Ministerpräsident, mein lieber Freund" - Donald Tusk begrüßt seinen ukrainischen Amtskollegen Denys Schmyhal. Und gleich zu Anfang soll klar werden: Hier gibt es keinen Konflikt, höchstens Meinungsverschiedenheiten.

"Wir gehen aus den heutigen polnisch-ukrainischen Gesprächen in der Überzeugung, dass es keine Macht der Welt gibt - nicht in der Ukraine, nicht in Polen -, die unsere Freundschaft, Solidarität und Zusammenarbeit infrage stellen könnte." Nur: Gäbe es keinen Konflikt, wäre Schmyhal nicht mit einem Teil der ukrainischen Regierung von Kiew nach Warschau gefahren.

"Vielleicht nicht für alle Seiten beglückend"

Polnische Landwirte haben vor wenigen Tagen mit Straßenblockaden um alle größeren Städte halb Polen lahmgelegt und immer wieder sind auch Grenzübergänge in die Ukraine betroffen. Militärische und humanitäre Transporte würden durchgelassen, erklären die Bauern. Die Regierung in Kiew widerspricht.

Ende Februar drängte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj öffentlich und sehr kurzfristig auf ein Treffen an der Grenze, Tusk sagte ab. Umso größer waren die Erwartungen an das polnisch-ukrainische Treffen heute. Aber: nichts.

"Wir suchen nach Lösungen, die vielleicht nicht für alle Seiten beglückend sind, die aber die grundlegenden Interessen polnischer und ukrainischer Landwirte und Produzenten schützen", so Tusk. "Wir suchen und kommen der Lösung näher."

Gegensätzliche Interessen

Der Weg dürfte aber noch weit sein, denn bei aller Solidarität: Die Interessen beider Länder stehen sich diametral gegenüber. Die Ukraine will und muss nach dem russischen Angriff weiter Agrarprodukte exportieren. Die EU-Kommission hatte dafür zollfreie Transitrouten durch die EU eingerichtet.

Polen beklagt, dass der Transit de facto ein Import sei und vor allem ukrainischer Weizen und Mais die Preise in Polen derart drücke, dass einheimische Landwirte - selbst zu Dumpingpreisen - nicht mehr verkauften.

Die Regeln seien da, aber sie würden nicht durchgesetzt, sagt der Landwirtschaftsexperte Arkadiusz Artyszak. So kämen ukrainische Agrarprodukte nach Polen, die oft nicht im Ansatz EU-Lebensmittelstandards entsprächen.

Grenze "löchrig wie ein Schweizer Käse"

"Sogar der Vizelandwirtschaftsminister sagt, dass die polnische Grenze zur Ukraine löchrig ist wie ein Schweizer Käse", so Artyszak weiter. "In einer Situation, in der wir nicht effektiv kontrollieren können, was auf unseren Markt kommt, hätten wir meiner Meinung nach schon vor langer Zeit die Grenze für Getreide schließen müssen", sagt der Experte. Das fordern die Bauern ebenfalls.

Auch die Begrenzung für zollfreie Einfuhren, die die EU-Kommission angekündigt hat, löse das Problem nicht - weil sie immer noch zu großzügig sei und Weizen schlicht nicht darin vorkomme. Für die Ukraine sei das in Ordnung, sagt der ukrainische Regierungschef Schmyhal in Warschau. Konkreter wird auch er nicht. 

In einer früheren Version dieses Textes wurde Denys Schmyhal fälschlicherweise als polnischer Ministerpräsident bezeichnet. Wir haben das korrigiert.

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